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Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Reihe nach erledigen, wie man es sie gelehrt hatte.

    Und es würde nicht die geringsten Spuren geben, wie die Opfer gestorben waren.
    Delta-1 zog einen Handschuh aus und packte eine Hand voll Schnee. Er zwängte die Kiefer der Frau auseinander und stopfte ihr den Schnee mit aller Kraft in Rachen und Luftröhre. In spätestens drei Minuten würde sie tot sein. Diese Technik des Tötens war eine Erfindung der russischen Mafia. Dort hieß sie »belaya smert«, der weiße Tod. Das Opfer erstickte, lange bevor der Schnee im Rachen schmolz. Doch die Leiche war noch warm genug, um den Eisknebel aufzutauen. Selbst wenn irgendwann der Verdacht aufkommen sollte, dass es hier auf dem Eis nicht mit rechten Dingen zugegangen war – es gab keine Mordwaffe und keine Spur einer gewaltsamen Einwirkung. Die Eisgeschosse würden sich im Schnee und Eis verlieren, und die Beule am Kopf der Frau ließ einen bösen Sturz vermuten – nicht verwunderlich bei diesem Sturm. Die anderen drei Opfer würden wehrlos gemacht und auf die gleiche Weise liquidiert werden. Das Delta-Team würde die Leichen auf den Schlitten laden und ein paar hundert Meter weit weg, ab vom Kurs, in den Schnee legen.
    Viele Stunden würden vergehen, bis man die offensichtlich erfrorenen Opfer auffand. Die Suchmannschaft würde sich wundern, wie die Verunglückten so weit vom Kurs abgekommen waren, nicht jedoch über ihren Tod: Die Fackeln der Opfer waren ausgebrannt, das Wetter bedrohlich, und wer sich auf dem Milne-Eisschelf verirrte, war ohnehin ein sicherer Todeskandidat.
    Delta-1 hatte sein tödliches Werk beendet. Er hakte das Sicherheitsseil des Opfers aus. Er würde es später wieder einklinken, doch die beiden hinter dem Schlitten sollten nicht etwa glauben, sie könnten ihm mit dem Seil einen Streich spielen.

    Keuchend hatte Tolland den brutalen Mord beobachtet. Die Angreifer wandten sich jetzt Corky zu.
    Du musst etwas unternehmen!
    Corky war zu sich gekommen und versuchte sich aufzusetzen.
    Einer der Kämpfer drückte ihn wieder zu Boden, setzte sich auf ihn und presste seine Arme mit den Knien aufs Eis. Corky schrie vor Schmerz, doch der Schrei verlor sich im tosenden Sturm.
    Hektisch durchwühlte Tolland die vom Schlitten gestürzten Gerätschaften. Irgendetwas, womit man sich wehren konnte, musste doch zu finden sein! Aber seine Hände griffen immer nur in elektronische Apparaturen, vom Eiskugelhagel bis zur Unkenntlichkeit zerschmettert. Neben ihm versuchte Rachel benommen, mithilfe des Eisbeils den Oberkörper aufzurichten. »Weg, Mike! Weg…«
    Tolland beäugte das Eisbeil, das an einer Schlaufe an Rachels Handgelenk hing. Es könnte als Waffe taugen… Er schätzte die Erfolgsaussichten eines Angriffs mit einem kleinen Eisbeil gegen drei Bewaffnete ab.
    Selbstmord.
    Tollands suchender Blick hatte hinter Rachel einen dicken Vinylsack erspäht. Mit einem Stoßgebet, dass sich eine Signalpistole oder ein Funkgerät darin befinden möge, zog er den Sack zu sich heran. Eine große, sorgfältig zusammengefaltete Mylarfolie steckte darin. Wertlos. Es war ein kleiner Wetterballon, der als Nutzlast Messgeräte vom Gewicht eines Heimcomputers tragen konnte. Norahs Ballon half hier auch nicht weiter, schon gar nicht ohne eine Heliumflasche zum Füllen.
    Tolland fühlte sich so hilflos wie seit Jahren nicht. Tiefste Verzweiflung. Völlige Hilflosigkeit. Und dazu noch Corkys Schreie.
    Wie in dem Klischee von dem Film des eigenen Lebens, der kurz vor dem Tod vor dem inneren Auge vorbeirast, schossen Tolland Bilder aus seiner Kindheit durch den Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde segelte er vor San Pedro und lernte ein uraltes Matrosenvergnügen: Spinnakerfliegen. An einem Tau, in das Knoten geknüpft waren, schwebte er am Spinnaker hängend über dem Meer auf und nieder und wurde manchmal kreischend ins Wasser getaucht, je nach der Laune des Windes und des geblähten Spinnakersegels.
    Das war’s! Spinnakerfliegen!
    Tolland riss die Schutzhülle des Ballons auf. Er machte sich keine Illusionen. Sein Plan war im wahrsten Sinn des Wortes ein Versuchsballon. Aber hier zu bleiben bedeutete für sie alle den sicheren Tod. Er umklammerte das Mylarpaket. Am Lastkarabiner hing ein Warnschildchen: VORSICHT, NUR BEI WINDGESCHWINDIGKEITEN UNTER ZEHN KNOTEN BENUTZEN!
    Zum Teufel damit! Mit dem Mylarpaket unterm Arm kroch er zu Rachel. Sie hatte sich auf einen Ellbogen aufgestützt. Er kroch ganz nahe an sie heran. Sie blickte ihn verwirrt an.
    »Halten Sie das mal

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