Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
Vom Netzwerk:
bekommt?
    Gabrielles Puls begann zu rasen. Sie schaute den abgedunkelten Flur hinunter zum Türbogen an Sextons Wohnraum. Sie wusste, sie hätte sich bemerkbar machen, sich melden müssen. Stattdessen schlich sie lautlos zum Türbogen. Einen halben Meter davor blieb sie im Halbdunkel stehen… und lauschte dem Gespräch im Zimmer dahinter.

55
    Während Delta-3 zurückblieb, um die Leiche Norah Mangors und den Schlitten zu bergen, fuhren die beiden anderen Kämpfer ihren Opfern den Gletscher hinunter hinterher.
    Sie hatten Elektroskier an den Füßen – im Prinzip nichts anderes als Skier mit Raupenantrieb, sozusagen kleine Snowmobils für die Füße. Man kontrollierte die Geschwindigkeit durch das Zusammenpressen von Daumen und Zeigefinger im rechten Handschuh, wo ein druckempfindliches Steuerelement eingebaut war. Eine starke Gel-Batterie legte sich wie ein Stiefel um den Fuß und diente gleichzeitig der Wärmeisolation und dem geräuschlosen Antrieb. Die Batterien wurden beim Bergabfahren durch die kinetische Energie der Antriebsraupen für den nächsten Anstieg wieder aufgeladen.
    Delta-1 ließ sich genau vor dem Wind den Gletscher hinunterwehen und hielt Ausschau auf das vor ihm liegende Gelände.
    Sein Nachtsichtgerät in Brillenbauart war mit dem Patriot-Modell der Marines, das wie ein Feldstecher gehalten werden musste, überhaupt nicht zu vergleichen. Verschiedene Linsensysteme ermöglichten den Einsatz vom Vergrößerungsglas bis hin zum Fernrohr. Die Welt bildete sich nicht in der üblichen Grünfärbung, sondern in einem transparenten Blauton ab, der speziell für stark reflektierendes Gelände wie der Schnee und das Eis im Hochgebirge oder in der Arktis entwickelt worden war.
    Als er sich dem ersten Schnee wall näherte, erkannte er ein paar streifenförmige frische Spuren in der Böschung. Augenscheinlich hatten die drei Ausreißer entweder nicht daran gedacht, sich beizeiten von ihrem selbst gemachten Schleppsegel abzukoppeln, oder sie hatten es nicht geschafft. Wie auch immer – wenn sie nicht vor dem dritten Wall freigekommen waren, befanden sie sich jetzt irgendwo draußen in Eismeer. Delta-1 wusste, dass der Schutzanzug die normale Überlebensdauer im Wasser um eine gewisse Zeitspanne verlängerte, aber die kräftige ablandige Strömung trieb die Opfer aufs Meer hinaus, wo sie unweigerlich ertrinken würden.
    Delta-1 konnte also auf das sichere Ende der Opfer vertrauen, doch Vertrauen war gut, Kontrolle war besser. Die Ausbilder hatten es ihm immer wieder eingebläut.
    Michael Tolland lag reglos da. Es hatte ihn übel durchgeschüttelt, aber gebrochen war wohl nichts. Der gepolsterte Schutzanzug hatte zweifellos schwere Verletzungen verhindert. Als er die Augen öffnete, war anfangs alles noch unscharf; alles schien irgendwie gedämpft… ruhiger. Der Wind heulte immer noch, aber längst nicht mehr so wild.
    Wir sind doch vom Gletscher heruntergeflogen, oder nicht…?
    Tolland sah nun wieder klar. Er lag auf eisigem Grund, fast im rechten Winkel quer über Rachel, die verhakten Karabiner zwischen ihnen. Er konnte Rachels Gesicht nicht sehen, spürte aber, dass sie noch atmete. Er rollte sich von ihr herunter. Seine Muskeln wollten ihm kaum mehr gehorchen.
    »Rachel…?« Tolland war nicht sicher, ob er überhaupt einen Laut herausgebracht hatte. Er rief sich die letzten Sekunden der schrecklichen Rutschpartie ins Gedächtnis. Er war mit Rachel abgestürzt, doch der Fall war merkwürdig kurz gewesen. Statt des erwarteten Sturzes ins Meer waren sie nur ungefähr drei Meter tief auf einen Eisvorsprung gefallen, auf dem sie mit Corky als Schleppanker zum Liegen gekommen waren.
    Tolland hob den Kopf und schaute in Richtung Meer. Nicht weit von ihm endete das Eis mit einem senkrechten Abbruch.
    Der anbrandende Wellenschlag dröhnte von unten herauf. Tolland blickte zum Gletscher zurück. Knapp zwanzig Meter hinter sich konnte er im Dunkel der Nacht gerade noch eine überhängende Eiswand ausmachen. Jetzt begriff er, was geschehen war.
    Sie waren vom Gletscher auf die ebene Oberfläche eines tiefer liegenden Eispfeilers vom Format eines Eishockeyfeldes gerutscht. Die Fläche lag tiefer, weil der bereits ein Stück weit abgesackte Pfeiler im Begriff war, sich abzuspalten und ins Meer abzugehen.
    Der Gletscher kalbt, dachte Tolland und betrachtete die instabile Plattform, auf der er lag. An drei Seiten von senkrechten Abgründen begrenzt, hing der breite rechteckige Pfeiler wie ein riesiger Balkon an der

Weitere Kostenlose Bücher