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Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Gletscherflanke. Die Verbindung zum Gletscher war alles andere als stabil. Im Grenzbereich zur Gletscherflanke des Milne-Eisschelfs klaffte ein fast anderthalb Meter breiter Spalt. Die Schwerkraft gewann allmählich die Oberhand.
    Noch beunruhigender war der Anblick von Corky Marlinson, der zehn Meter entfernt am Ende der straff gespannten Sicherheitsleine bewegungslos auf dem Eis lag.
    Tolland versuchte aufzustehen. Er löste den Karabiner, der ihn an Rachel kettete.
    Rachel versuchte sich aufzusetzen. Sie sah mitgenommen aus.
    »Wir sind also doch nicht… abgestürzt?«, fragte sie verwundert.
    »Wir sind eine Etage tiefer auf einen Eisblock gefallen«, sagte Tolland. »Ich muss mich um Corky kümmern.«

    Tolland versuchte aufzustehen, doch seine Beine waren zu wackelig. Er packte das Sicherungsseil und zog Corky vorsichtig übers Eis zu sich heran.
    Corky Marlinson sah ramponiert aus. Er hatte seine Schutzbrille verloren; auf der Wange prangte eine schlimme Platzwunde, und seine Nase blutete. Doch Tollands Befürchtung, Corky könne tot sein, erwies sich rasch als voreilig. Corky schlug die Augen auf und funkelte Tolland wütend an.
    »Mann, o Mann«, sagte er, »da ist dir aber ein toller Trick eingefallen!«
    Tolland fiel ein Stein vom Herzen.
    Rachel hatte sich inzwischen mit schmerzverzerrtem Gesicht aufgesetzt und schaute sich um. »Der Eisblock kann jeden Moment abgehen. Wir sollten schleunigst hier weg.«
    Tolland nickte. Die Frage war nur, wie.
    Sie hatten keine Zeit, sich über einen Ausweg Gedanken zu machen. Oben auf dem Gletscher war ein wohl bekanntes hohes Surren zu vernehmen. Tollands suchender Blick erfasste zwei weiß verhüllte Gestalten, die auf Skiern herangeglitten kamen und wie auf ein Zeichen gleichzeitig an der Gletscherkante stoppten. Die beiden Männer hielten einen Moment inne und blickten auf ihre Opfer herab wie Schachgroßmeister vor dem entscheidenden Zug zum Matt.
    Delta-1 war überrascht, die drei entkommenen Opfer noch lebend anzutreffen. Doch sie waren auf einen Teil des Gletschers gestürzt, dessen unvermeidlicher Abgang ins Meer bereits begonnen hatte. Es wäre möglich gewesen, die Zielpersonen auf die gleiche Weise zu liquidieren wie zuvor schon die Frau, aber beim Blick über die Eiskante drängte sich Delta-1 eine wesentlich sauberere Lösung auf, bei der obendrein keine Leichen gefunden werden konnten.
    Delta-1 betrachtete den klaffenden Spalt, der sich zwischen dem Eisschelf und dem anhängenden Eisblock auftat. Er spürte den vertrauten heißen Adrenalinschub vor dem Töten. Aus seiner Gefechtstasche zog er einen schweren, zitronenförmigen Gegenstand, der zur Standardausrüstung militärischer Kommandoeinheiten gehörte. Es war eine Blend- und Erschütterungsgranate, die den Angreifer durch eine Schockwelle und einen Lichtblitz vorübergehend außer Gefecht setzte. Heute allerdings hatte Delta-1 dieser Waffe eine tödliche Wirkung zugedacht.
    Er baute sich knapp vor der Kante auf. Wie tief reichte der Spalt wohl hinab? Sechs Meter? Fünfzehn Meter? Es war im Grunde gleichgültig. Der Plan würde in jedem Fall funktionieren.
    Mit der Ruhe des Profikillers stellte er auf der Drehskala des Zeitzünders dreißig Sekunden Verzögerung ein, zog den Sicherungsstift heraus und ließ die Granate in den Spalt fallen. Dann zog er sich mit seinem Partner rasch auf die Kimme des letzten Schneewalls zurück und wartete. Gleich würde sich ihnen ein Anblick für Kenner bieten.
    Auch in ihrem benommenen Zustand erkannte Rachel, was die Angreifer soeben in den Spalt geworfen hatten. Nach einem entsetzlichen Moment der Verzögerung schoss von unten ein Lichtblitz durchs Eis. Ein geisterhaftes Leuchten ließ die Gletscherwand hundert Meter im Umkreis weißlich aufflammen.
    Dann kam die Erschütterung – kein anschwellendes Rumpeln wie bei einem Erdbeben, sondern eine harte, unvermittelte, ohrenbetäubend krachende Schockwelle. Rachel spürte, wie der brutale Stoß durchs Eis jagte und ihren Körper stauchte.
    Mit einem Übelkeit erregenden Knacken platzte der Eispfeiler von der Gletscherfront ab, als hätte man einen Keil zwischen den Eisschelf und den Eisblock getrieben. Rachel und Tolland starrten einander an. Das Entsetzen gefror ihnen auf den Gesichtern. Corky schrie in Panik auf.
    Rachel fühlte sich schwerelos über dem abgehenden, viele tausend Tonnen schweren Eisblock schweben, während sie der eiskalten See entgegenstürzte.
    Der Fall ins Bodenlose begann.
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    Begleitet vom

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