Metro 2034
mit ihnen abzustimmen. Aber nicht mehr lange.«
»Sie werden mir keine Erlaubnis erteilen. Eine solche Operation gefährdet die Stabilität der Hanse. Sie wissen doch, dass das wichtiger als alles andere ist. Außerdem haben wir die Situation unter Kontrolle.« »Was für eine Stabilität, zum Teufel? Wenn wir keine Maßnahmen treffen.« Andrej Andrejewitsch schüttelte störrisch den schweren Kopf. »Die Situation ist stabil. Ich verstehe nicht, was Sie wollen. Alle Ausgänge sind ständig bewacht. Da kommt nicht mal eine Maus durch. Warten wir doch ab, bis sich alles von selbst regelt.« »Nichts regelt sich von selbst!«, herrschte ihn Hunter an.
»Damit erreichen Sie nur, dass die dort versuchen werden, über die Oberfläche zu entkommen, und irgendwann findet einer einen Weg zu uns zurück. Die Station muss ordnungsgemäß gesäubert werden. Ich begreife nicht, warum Sie das nicht schon längst erledigt haben.«
»Aber es könnten doch noch gesunde Menschen dort sein. Wie stellen Sie sich das vor? Dass ich meinen Jungs einfach befehle, die Tulskaja komplett abzufackeln? Samt dem Zug mit den Sektierern? Vielleicht auch noch die Serpuchowskaja gleich dazu? Die Hälfte von denen haben dort doch ihre Huren und uneheliche Kinder!Nein, wissen Sie was? Wir sind hier keine Faschisten. Krieg ist Krieg, aber das hier . Kranke abzuschlachten . Selbst als an der Belorusskaja die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist, haben sie die Schweine in verschiedene Ecken gebracht, damit die kranken getötet werden konnten und die gesunden weiterleben durften - man hat sie nicht einfach nur gekeult.«
»Das waren Schweine. Hier geht es um Menschen«, sagte der Brigadier tonlos. »Nein und nochmals nein.« Der Vorsteher schüttelte erneut den Kopf, dass der Schweiß spritzte. »Ich kann das nicht. Das ist unmenschlich. Wozu soll ich mein Gewissen damit belasten? Damit ich später Alpträume kriege?« »Sie müssen überhaupt nichts tun. Dafür gibt es Leute, die keine Alpträume haben. Lassen Sie uns nur Ihre Stationen passieren. Mehr nicht.« »Ich habe Kuriere zur Polis geschickt. Die sollen sich nach einem Impfstoff erkundigen.« Andrej Andrejewitsch wischte sich mit dem Ärmel die Stirn. »Wir haben die Hoffnung, dass….« »Es gibt keinen Impfstoff. Und keine Hoffnung. Hören Sie endlich auf, den Kopf in den Sand zu stecken. Warum sehe ich hier keine
Sanitätstruppen aus der Zentrale? Warum weigern Sie sich, dort anzurufen und grünes Licht für die Kohorte des Ordens anzufordern?«
Der Stationsvorsteher schwieg. Er versuchte die Knöpfe seines Mantels zu schließen, fummelte mit seinen feuchten Fingern daran herum und gab schließlich auf. Dann trat er an einen abgewetzten Geschirrschrank, schenkte sich einen stark riechenden Likör in ein kleines Glas und trank es mit einem Mal aus.
Hunter begriff. »Sie haben es ihnen gar nicht gesagt . Dort ist man völlig ahnungslos!An einer Station in Ihrer Nachbarschaft ist eine Epidemie ausgebrochen, und die Zentrale weiß nichts davon.« »Es geht um meinen Kopf«, erwiderte der andere heiser.
»Eine Seuche an einer angrenzenden Station, das bedeutet das Aus für mich. Weil ich es zugelassen habe. Weil ich nichts getan habe, um das zu verhindern. Weil ich die Stabilität der Hanse gefährdet habe.«
»An einer angrenzenden Station? Etwa an der Serpuchowskaja?« »Bislang ist dort noch alles ruhig, aber ich habe zu spät reagiert. Woher sollen wir wissen .« »Und wie haben Sie den Leuten Ihre Aktionen erklärt? Dass Sie Militäreinheiten an eine unabhängige Station schicken? Und den Tunnel abriegeln?« »Banditen. Aufständische. Das kommt überall vor. Nichts Besonderes.« Der Brigadier nickte. »Und jetzt ist es zu spät, alles zuzugeben.« »Jetzt geht es nicht mehr nur um meine Entlassung.« Andrej Andrejewitsch schenkte sich ein zweites Glas ein und stürzte es sogleich herunter. »Darauf steht die Höchststrafe.« »Und was jetzt?« »Ich warte.« Der Vorsteher lehnte sich gegen den Tisch. »Vielleicht passiert ja doch noch etwas.« »Warum antworten Sie nicht auf die Anrufe?«, sagte Homer plötzlich. »Ihr Telefon klingelt ständig, das sind die von der Tulskaja. Wer weiß, wie es um sie steht.«
»Nein, es klingelt nicht mehr«, entgegnete der Vorsteher mit erloschener Stimme. »Ich habe den Ton abstellen lassen. Nur das Lämpchen leuchtet noch.
Solange es das tut, sind dort Leute am Leben.« »Aber warum gehen Sie nicht ran?«, wiederholte Homer wütend. »Was
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