Metro 2034
besetzt war. Auf einem der Apparate blinkte ein rotes Lämpchen.
»Andrej Andrejewitsch lässt bitten. Du hast zwei Minuten, also rede nicht lang rum, sondern komm gleich zur Sache.« Homer stöhnte. »Zwei Minuten reichen nicht.« Der Diensthabende zuckte mit den Schultern. »Ich habe dich gewarnt.« Selbst fünf Minuten würden nicht ausreichen - Homer wusste weder, wo er anfangen und aufhören sollte, noch, wonach er fragen oder worum er bitten wollte. Außer dem Chef der Dobryninskaja gab es jedoch niemanden, an den er sich jetzt wenden konnte. Uniformmantel, hörte dem Alten nicht lange zu. »Bist du von Sinnen? Ich habe hier einen Ausnahmezustand, acht meiner Männer sind hin, und da kommst du mir mit irgendwelchen Epidemien!Es gibt hier nichts dergleichen!Schluss jetzt, du hast mir schon genug Zeit gestohlen! Entweder, du ziehst sofort Leine.« Wie ein Pottwal, der aus dem Wasser springt, riss der Stationsvorsteher seinen Wanst in die Höhe, dass der Tisch, an dem er saß, beinahe umgefallen wäre. Der Diensthabende blickte fragend durch die Tür herein. Homer erhob sich ebenfalls verwirrt von dem harten, niedrigen Besucherstuhl. »Ich gehe schon. Aber warum haben Sie Streitkräfte an die Serpuchowskaja geschickt?«
»Was geht dich das an?« »An der Station heißt es.« »Was, was? Es reicht. Dass du mir hier keine Panik schürst. Pavel, ab mit ihm in den Affenkäfig!«
Einen Augenblick später wurde Homer ins Vorzimmer gezerrt. Von dort schleppte der Wachmann den widerspenstigen Alten in einen engen Korridor, wobei er ihm abwechselnd gut zuredete - und ihm eine aufs Maul gab. Bei einer Ohrfeige flog Homer die Atemmaske vom Gesicht. Er versuchte die Luft anzuhalten, doch dann bekam er einen Schlag in den Magen und begann krampfhaft zu husten. Der Pottwal tauchte auf der Schwelle seines Büros auf. Er füllte die gesamte Türöffnung aus. »Da soll er erst mal sitzen. Wir sehen dann später weiter .« Dann knurrte er den nächsten Besucher an. »Und wer bist du? Bist du angemeldet?«
Homer blickte sich nach dem Fremden um. Drei Schritte von ihm entfernt stand Hunter, reglos und mit gekreuzten Armen. Er trug eine enge, fremde Uniform, sein Gesicht war im Schatten des geöffneten Visiers nicht zu sehen. Er schien den Alten nicht zu erkennen und sich nicht einmischen zu wollen. Homer hatte erwartet, dass er wie ein Fleischer von oben bis unten vor Blut triefte, doch der einzige dunkelrote Fleck auf der Kleidung des Brigadiers stammte von dessen eigener Wunde.
Hunters steinerner Blick glitt zum Stationsvorsteher hinüber -und plötzlich bewegte er sich langsam auf ihn zu, als wollte er durch ihn hindurch in dessen Büro gehen. Dieser reagierte zuerst wie vor den Kopf geschlagen, dann begann er vor sich hin zu murmeln, wich zurück und machte den Weg frei. Der Wachmann, der Homer immer noch am Kragen hatte, hielt unschlüssig inne. Hunter folgte dem Fettsack ins Innere und brachte ihn mit einem raubtierartigen Fauchen zum Schweigen. Dann flüsterte er ihm etwas ins Ohr, das wie ein Befehl klang.
Der Diensthabende hatte den Alten stehengelassen und war über die Türschwelle getreten. Einen Augenblick später prallte er durch die Türöffnung zurück, gefolgt von einem Schwall schmutziger Flüche - die Stimme des Stationsvorstehers kreischte fast. »Und lass diesen Provokateur in Ruhe!«, schrie er, als stünde er unter Hypnose.
Rot vor Scham zog der Diensthabende die Tür hinter sich zu, schleppte sich zu seinem Platz am Eingang und vergrub das Gesicht in einem auf Einwickelpapier gedruckten Nachrichtenblatt. Als Homer entschlossen an seinem Tisch vorbei auf das Büro des Vorstehers zuging, verbarg sich der Mann nur noch tiefer hinter seiner Zeitung - als ob ihn das alles überhaupt nichts mehr anginge.
Erst jetzt, als er dem fassungslosen Wachhund nochmal einen triumphierenden Blick zuwarf, fasste Homer dessen Telefonapparate etwas genauer ins Auge. Auf dem einen, der so unablässig vor sich hin blinkte, klebte ein Stück schmutzigweißes Heftpflaster, auf das jemand mit blauem Kugelschreiber ein einziges Wort gekritzelt hatte: TULSKA JA. »Wir stehen im Kontakt mit dem Orden.« Der verschwitzte Vorsteher der Dobryninskaja knackste mit seinen Fäusten und ließ dabei den Brigadier keinen Moment aus den Augen. »Über diese Operation hat uns niemand informiert.
Allein kann ich eine solche Entscheidung nicht treffen.« »Dann rufen Sie in der Zentrale an«, erwiderte der andere. »Noch haben Sie Zeit, sich
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