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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Leichenbergen herabzuklettern. Verärgert zischten und schluchzten sie, fletschten die Zähne und fauchten die Gefährten an.
    Aufrecht hätten sie selbst dem nicht gerade großen Homer kaum bis an die Brust gereicht, und er wusste, dass die feigen Geschöpfe einen starken, gesunden Menschen nicht angreifen würden. Doch das irrationale Grauen, das er vor diesen Wesen verspürte, kam von seinen nächtlichen Alpträumen: Geschwächt und verlassen lag er da an einer einsamen Station, und die Bestien kamen immer näher. Wie ein Hai einen Tropfen Blut im Ozean auf mehrere Kilometer riechen kann, so spürten diese Wesen den nahenden Tod eines Fremden und eilten herbei, um ihn in Augenschein zu nehmen.
    Die Angst des Alters, sagte Homer verächtlich zu sich selbst. Seinerzeit hatte er viel in Lehrbüchern über angewandte Psychologie geschmökert. Wenn das nur helfen würde.
    Die Leichenfresser hingegen fürchteten sich vor den Menschen nicht. Auf diese abstoßenden, aber harmlosen Aasvertilger auch nur eine Patrone zu verwenden, hätte man an der Sewastopolskaja für sträfliche Verschwendung gehalten. Die vorbeiziehenden Karawanen versuchten sie einfach nicht zu beachten, auchwenn sich die Kreaturen bisweilen provokant verhielten. An dieser Station hatten sie sich stark vermehrt, und je weiter sich die Troika vorarbeitete - unter ihren Stiefeln zerbrachen mit widerlichem Knacken kleine Knochen -, desto mehr Leichenfresser rissen sich unwillig von ihrem Festmahl los und krochen zu ihren Behausungen. Die Nester befanden sich in den Kadavern der Züge. Und dafür hasste Homer diese Kreaturen noch viel mehr.
    Die hermetischen Tore am Nachimowski prospekt standen offen. Es hieß, wenn man die Station schnell passierte, bekam man nur eine geringe, nicht gesundheitsgefährdende Strahlungsdosis ab, jedoch durfte man sich hier nicht lange aufhalten. So kam es, dass beide Züge relativ gut erhalten waren: Die Fensterscheiben waren noch ganz, durch die geöffneten Türen konnte man verdreckte, aber erhaltene Sitze erkennen, und die blaue Farbe saß noch fest auf der metallenen Außenhaut.
    In der Mitte des Saals erhob sich ein wahrer Kurgan aus verdrehten Rümpfen irgendwelcher Lebewesen. Als Hunter ihn erreichte, blieb er plötzlich stehen. Achmed und Homer sahen sich beunruhigt an und versuchten zu erkennen, woher die Gefahr kam. Doch der Grund für die Verzögerung war ein anderer.
    Am Fuße des Hügels nagten zwei kleinere Leichenfresser ein Hundeskelett ab - man konnte hören, wie es genüsslich knackte und knurrte. Sie hatten es nicht mehr geschafft sich zu verstecken. Vielleicht waren sie zu sehr mit ihrem Mahl beschäftigt und hatten die Signale ihrer Artgenossen nicht gehört, vielleicht hatte sie aber auch einfach die Gier übermannt.
    Geblendet vom schneidenden Licht der Lampe, aber immer noch kauend, begannen sie langsam ihren Rückzug zum nächsten Waggon - doch dann kippten plötzlich beide vornüber und klatschten dumpf, wie zwei mit Innereien gefüllte Säcke, auf den Boden. Homer sah verwundert zu, wie Hunter die schwere Armeepistole mit dem langen Schalldämpfer in sein Schulterhalfter zurücksteckte. Das Gesicht des Brigadiers war so undurchdringlich und leblos wie immer. »Die hatten wohl'ne Menge Hunger«, murmelte Achmed. Teils angewidert, teils neugierig, betrachtete er die dunklen Pfützen, die sich unter den breiigen Schädeln der getöteten Wesen ausbreiteten. »Ich auch«, erwiderte Hunter mit undeutlicher Stimme, so dass Homer zusammenzuckte.
    Ohne sich zu ihnen umzudrehen, ging der Brigadier weiter, und Homer kam es vor, als höre er wieder das soeben verstummte gierige Knurren. Mit welcher Anstrengung widerstand er doch jedes Mal der Versuchung, in eines dieser Tiere eine Kugel zu jagen! Er redete sich beruhigend zu, bis er sich wieder in der Gewalt hatte. Er musste sich selbst beweisen, dass er ein erwachsener Mann war, der sich beherrschen konnte und von den eigenen Alpträumen nicht verrückt machen ließ. Hunter hingegen beabsichtigte offenbar gar nicht, sein Verlangen zu unterdrücken.
    Doch wonach verlangte ihn eigentlich? Das lautlose Ableben der beiden Leichenfresser brachte Bewegung in den Rest des Rudels: Der Geruch frischen Todes verjagte selbst die Kühnsten und Trägsten vom Bahnsteig. Leise krächzend und winselnd schlugen sie sich in die beiden Züge, drängten sich an den Fenstern oder rotteten sich bei den Türen zusammen und verharrten reglos.
    Die Kreaturen schienen keine Wut zu

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