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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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da spie Hunters Granatwerfer eine Flamme aus, die Druckwelle betäubte ihre Ohren, hinterließ ein andauerndes dünnes Pfeifen, während Fetzen verbrannten Fleisches herabflogen. Achmed kam als Erster wieder zu sich, riss Homer am Kragen, stellte ihn auf die Füße und zerrte ihn hinter sich her.
    Sie rannten, stolperten über Schwellen, rappelten sich wieder auf, ohne den Schmerz zu spüren. Sie hielten einander fest, denn in der weißlichen Suppe sah man nicht einmal die Hand vor Augen. Sie rannten, als drohe ihnen nicht nur der Tod, sondern etwas noch viel Schrecklicheres: die endgültige, unumkehrbare Entkörperung, die absolute, sowohl physische als auch seelische Vernichtung.
    Unsichtbar und kaum hörbar, doch nur einen Schritt weit zurück, folgten ihnen die Dämonen, begleiteten sie, griffen sie jedoch nicht an. Sie schienen mit ihnen zu spielen, indem sie ihnen die Illusion einer Rettung gestatteten.
    Dann erblickten die beiden Männer anstelle der zersplitterten Marmorwände plötzlich Tunnelsegmente. Sie hatten es aus der Nagornaja geschafft!Die Wächter der Station fielen zurück, als wären sie an Ketten festgemacht, die nun bis zum Äußersten gespannt waren. Doch es war zu früh, um stehen zu bleiben. Achmed lief voraus, tastete sich mit den Händen an den Wandrohren entlang und trieb den Alten an, der stolperte und sich immer wieder hinsetzen wollte.
    »Was ist mit dem Brigadier?«, krächzte Homer, nachdem er sich im Gehen die stickige Gasmaske vom Gesicht gerissen hatte. »Sobald der Nebel zu Ende ist, bleiben wir stehen und warten. Das muss schon sehr bald sein, vielleicht noch zweihundert Meter.
    Aus dem Nebel raus. Vor allem aus dem Nebel raus«, wiederholte Achmed beschwörend. »Ich zähle die Schritte.« Doch weder nach zweihundert noch nach dreihundert Schritten schien sich der Dunst um sie herum aufzulösen.
    Was, dachte Homer, wenn er sich bis zur Nagatinskaja ausgebreitet hat? Was, wenn bereits die Tulskaja und der Nachimowski von ihm verschlungen worden sind? »Das kann nicht sein. Es muss. Nur noch ganz wenig.«, murmelte Achmed zum hundertsten Mal und erstarrte plötzlich an Ort und Stelle. Homer stieß von hinten gegen ihn, und beide landeten auf dem Boden. »Die Wand ist zu Ende.« Achmed strich verdattert über die Schwellen, die Gleise, den feuchten Betonboden, als fürchtete er, die Erde würde gleich ebenso verräterisch unter seinen Füßen verschwinden. »Da ist sie doch, was hast du denn?« Homer hatte die Schräge eines Tunnelsegments ertastet, hielt sich daran fest und stand vorsichtig auf. »Entschuldige.« Achmed dachte schweigend nach.
    »Weißt du, an der Station dort. Ich dachte, ich würde sie nie mehr verlassen. So wie es mich angeblickt hat. Mich, verstehst du? Es hatte beschlossen, mich zu nehmen. Ich dachte, ich bleibe für immer dort. Und bekomme nie ein anständiges Begräbnis.« Er sprach langsam, offenbar schämte er sich seines Geheuls, das ihm weibisch vorkam, und versuchte es zu rechtfertigen, obwohl er wusste, dass es keiner Rechtfertigung bedurfte.
    Homer schüttelte den Kopf. »Lass gut sein, ich hab mir selber in die Hosen gemacht. Was soll's? Gehen wir, jetzt kann es wirklich nicht mehr weit sein.«
    Die Hetzjagd war vorbei, sie konnten Atem schöpfen - sie hätten auch nicht mehr laufen können. Also gingen sie langsam weiter, sich nach wie vor halb blind an der Wand entlangtastend, Schritt für Schritt auf die Erlösung zu. Das Schlimmste lag hinter ihnen, und obwohl sich der Nebel noch immer nicht auflöste, würde die gierige Zugluft des Tunnels früher oder später nach ihm greifen, ihn in Fetzen reißen und durch die Luftschächte fortschleppen. Bald würden sie zu anderen Menschen gelangen und dort auf ihren Offizier warten.
    Es geschah sogar noch früher, als sie gehofft hatten. Ob sich Zeit und Raum in dem Nebel gekrümmt hatten? Eine Eisentreppe kroch die Wand entlang - dort ging es zum Bahnsteig hinauf -, der runde Querschnitt des Tunnels wurde zu einem rechteckigen, und neben dem Gleis war die Einbuchtung zu erkennen, die einst so manchem Passagier, der auf die Gleise gestürzt war, das Leben gerettet hatte.
    »Sieh mal«, flüsterte Homer. »Das sieht doch aus wie eine Station? Eine Station!« »He!Ist jemand hier?«, schrie Achmed aus Leibeskräften. »Brüder!Ist da wer?« Ein sinnloses, triumphierendes Lachen durchfuhr ihn.
    Das vergilbte, erschöpfte Licht ihrer Lampen offenbarte in der trüben Dunkelheit Wandplatten aus Marmor, an denen

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