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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Maske eine weitere, diesmal aus Gummi. Nur Achmed blieb weiter ohne Atemschutz.
    Der Brigadier erstarrte und richtete sein zerfetztes Ohr zur Nagornaja hin, doch die dichte weiße Trübe hinderte ihn daran, die Geräuschfetzen von der Station zu entschlüsseln, ein einheitliches Bild daraus zu erstellen. Es klang, als wäre nicht weit entfernt etwas Schweres auf den Boden gefallen, gefolgt von einem langgezogenen Stöhnen - in einer Tonlage, die zu niedrig war für einen Menschen, ja überhaupt für irgendein Lebewesen. Dann hörte man, wie etwas Eisernes hysterisch zu kreischen begann, als würde eine gewaltige Hand eines der dicken Rohre, die an der Wand entlangliefen, zu einem Knoten verbiegen.
    Hunter zuckte mit dem Kopf, als wolle er irgendwelchen Schmutz abschütteln, und an die Stelle seiner kurzen Maschinenpistole trat nun eine Armee-Kalaschnikow mit Doppelmagazin und einem unter den Lauf montierten Granatwerfer. »Na endlich«, murmelte er.
    Sie begriffen nicht gleich, dass sie die Station bereits betreten hatten; der Nebel an der Nagornaja war jetzt so dick wie Schweinemilch. Während Homer sich die Station durch die angelaufenen Gläser seiner Gasmaske besah, kam er sich vor wie ein Taucher, der an Bord eines untergegangenen Ozeandampfers geraten war.
    Dazu passten die Prägereliefs an den Wänden, die gelegentlich für Sekunden erkennbar waren, ehe sich neue Nebelfetzen davor verdichteten: Es waren Seemöwen, die mit groben sowjetischen Schablonen in Metall gepresst worden waren. Sie erinnerten an Fossilienabdrücke in aufgebrochenem Gestein. Versteinerung, dachte Homer plötzlich, das Schicksal des Menschen und seiner Schöpfung. Doch wer wird uns jemals ausgraben?
    Der Dunst um sie herum lebte, floss in verschiedene Richtungen, zuckte. Bisweilen tauchten darin dunkle Gerinnsel auf, zuerst ein verbeulter Waggon und eine rostige Aufsichtskabine, dann ein schuppiger Körper oder der Kopf eines mythischen Ungeheuers. Homer erschauerte bei dem Gedanken, wer in all den Jahrzehnten, die seit dem Tag des Zusammenbruchs vergangen waren, diese Mannschaftsräume besetzt oder die Kajüten der ersten Klasse inspiziert haben konnte. Er hatte schon viel darüber gehört, was an der Nagornaja vor sich ging, doch war er nie von Angesicht zu Angesicht gestanden mit.
    »Da ist es!Rechts!«, brüllte Achmed und riss den Alten am Ärmel. Aus seinem selbstgebauten Schalldämpfer ertönte ein dumpfer Schuss. Homer wirbelte mit einer Schnelligkeit herum, die man seinem rheumatischen Körper nicht zugetraut hätte, doch sein unscharfer Lichtstrahl beleuchtete nur ein Stück einer gerippten, metallverkleideten Säule. »Hinten!Da, hinten!« Achmed gab eine weitere Salve ab. Seine Kugeln zerstückelten jedoch nur die Reste jener Marmorplatten, die einst die Wände der Station geziert hatten. Was immer er in dem verschwommenen Dämmerlicht erblickt hatte, es hatte sich erneut darin aufgelöst, offenbar unversehrt. Er hat zu viel von dem Zeug eingeatmet, dachte Homer.
    Doch da fing er im äußersten Augenwinkel etwas ein . etwas Gigantisches, das sich gebückt bewegte, denn die vier Meter hohe Stationsdecke war zu niedrig, und das trotz seiner riesenhaften Größe unvorstellbar wendig war. Nur kurz tauchte es an der Grenze zur Sichtbarkeit aus dem Nebel auf und verschwand wieder darin, noch bevor der Alte sein Sturmgewehr darauf richten konnte.
    Homer blickte sich verzweifelt nach dem Brigadier um. Dieser war nirgends zu sehen.
    »Es …es geht schon. Hab keine Angst.« Immer wieder pausierend und Atem schöpfend versuchte ihr Vater sie zu beruhigen. »Weißt du, es gibt Menschen in der Metro, die sind noch viel schlimmer dran.« Er versuchte zu lächeln, doch heraus kam eine fürchterliche Grimasse, als ob sein Unterkiefer vom Schädel abgefallen wäre.
    Sascha lächelte zurück, aber über ihre spitze, rußverschmierte Wange kroch ein salziger Tautropfen. Wenigstens war Vater wieder zu sich gekommen, nach einigen langen Stunden - Zeit genug für sie, über alles nachzudenken.
    »Diesmal habe ich gar nichts gefunden«, krächzte er. »Verzeih!Am Ende bin ich noch zu den Garagen gegangen.
    Es war weiter, als ich dachte. Aber eine unversehrte habe ich dort entdeckt. Das Schloss aus rostfreiem Stahl, sogar geölt. Aufbrechen ging nicht, also hab ich eine Sprengkapsel befestigt, die letzte. Ich dachte, vielleicht ist ein Auto drin, Ersatzteile und so. Ich ließ die Ladung hochgehen, ging rein: leer. Überhaupt nichts. Warum hatten sie

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