Metro2033
Tunnel, der zur Poleschajewskaja führte, in die Luft. Jetzt ist er, hab ich gehört, auf gut vierzig Metern Länge zugeschüttet, das kriegst du ohne Maschinen nicht weg. Und woher willst du die nehmen? Die rosten doch schon seit fünfzehn Jahren vor sich hin ...« Pjotr Andrejewitsch schwieg und blickte ins Feuer.
Artjom räusperte sich. »Tja ... Natürlich hätte ich schießen sollen ... Was bin ich bloß für ein Idiot gewesen!«
Aus südlicher Richtung, von der Station her, hörten sie jemanden rufen: »He, ihr da, Meter 450! Alles in Ordnung bei euch?«
Pjotr Andrejewitsch formte ein Sprachrohr mit seinen Händen und rief zurück: »Kommt her! Es gibt was zu bereden!«
Durch den Tunnel, den Weg von der Station mit Taschenlampen ausleuchtend, näherten sich ihnen drei Gestalten, Wachleute von Meter 300. Als sie beim Feuer ankamen, löschten sie ihre Lampen und setzten sich neben sie.
»Pjotr, bist du das? Ich hab mich schon gefragt, wen sie wohl heute an den Rand der Welt geschickt haben«, sagte der Ranghöchste der drei, ein Mann namens Andrej, lächelnd und klopfte sich eine Papirossa aus dem Päckchen.
»Hör mal, Andrjucha! Der Junge hier hat was Auffälliges bemerkt. Hat's nur nicht geschafft zu schießen. Es hat sich im Tunnel versteckt. Er glaubt, es war kein Mensch.«
»Kein Mensch? Was denn dann?«, fragte Andrej Artjom.
»Ich konnte es nicht sehen. Als ich nach der Parole fragte, hat es sich sofort davongemacht, nach Norden. Aber seine Schritte waren nicht die eines Menschen - zu leicht und zu schnell, als hätte es nicht zwei, sondern vier Beine gehabt...«
»Oder drei!«, entgegnete Andrej augenzwinkernd und zog eine furchterregende Grimasse.
Artjom musste plötzlich husten, denn ihm fielen die Geschichten von den dreibeinigen Menschen an der Filjowskaja-Linie ein. Dort befand sich ein Teil der Stationen an der Oberfläche, und der Tunnel verlief in geringer Tiefe, sodass er praktisch keinen Schutz vor der Strahlung bot. Von dieser Linie drangen lauter dreibeinige, zweiköpfige und sonstige Missgeburten in das Netz der Metro ein.
Andrej zog an seiner Papirossa und sagte zu seinen Leuten: »Na gut, Jungs, wenn wir schon mal da sind, warum sollen wir nicht eine Weile hier sitzen bleiben? Und falls wieder irgendwelche Dreibeiner ankommen, helfen wir. He, Artjom! Habt ihr einen Teekocher?«
Pjotr Andrejewitsch stand selbst auf, goss aus einem Kanister Wasser in eine zerbeulte, völlig verrußte Kanne und hängte sie über das Feuer. Ein paar Minuten später fing sie an zu dampfen und zu pfeifen, und dieses vertraute Geräusch beruhigte Artjom etwas. Er musterte die Menschen, die um das Feuer saßen: alles kräftige Männer, gestählt von dem harten Leben hier. Ihnen konnte man glauben, sich auf sie verlassen. Ihre Station hatte schon immer als eine der wohlhabendsten der ganzen Linie gegolten - und das nur, weil es dort Menschen wie diese gab. Sie hatten ein tief empfundenes, fast brüderliches Verhältnis zueinander.
Artjom war schon über zwanzig. Zur Welt gekommen war er noch dort, oben. Aus diesem Grund war er nicht ganz so hager und blass wie jene, die in der Metro geboren waren und sich nie an die Oberfläche gewagt hatten, nicht nur aus Angst vor der Strahlung, sondern auch vor der sengenden Kraft der Sonne, die alles unterirdische Leben vernichtete. Artjom selbst war, seit er denken konnte, nur ein einziges Mal dort oben gewesen und auch nur für einen Augenblick - die Hintergrundstrahlung war so hoch, dass allzu Neugierige innerhalb weniger Stunden verbrannten, noch bevor sie sich an der wunderlichen oberirdischen Welt satt gesehen hatten.
An seinen Vater erinnerte er sich nicht. Seine Mutter war bis zu seinem fünften Lebensjahr bei ihm gewesen, damals, als sie noch an der Timirjasewskaja wohnten. Sie hatten es gut, das Leben floss gleichmäßig und ruhig dahin - bis zu dem Tag, als die Ratten die Station stürmten.
Riesige, graue, nasse Ratten wogten eines Tages ohne Vorwarnung durch einen der dunklen Seitentunnel heran. Dieser Tunnel tauchte an einer unscheinbaren Abzweigung von der nach Norden führenden Hauptstrecke tief hinab, um sich in einem komplizierten Geflecht aus Hunderten von Korridoren, in Labyrinthen voller Grauen, Eiseskälte und abscheulichem Gestank zu verlieren. Der Tunnel führte ins Reich der Ratten, einem Ort, den nicht einmal die mutigsten Abenteurer zu betreten wagten. Selbst wenn ein Wanderer die Tunnel- und Wegekarten falsch gelesen hatte und aus
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