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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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herumzuwühlen - er war ein wenig abergläubisch -, also sah er nur kurz hinein, ohne etwas zu berühren.
    »Du brauchst dich vor ihm nicht zu fürchten«, sagte Khan, als habe er seine Zweifel gespürt. »Das da gehört nun dir.«
    »Was Sie gemacht haben, ist für meine Begriffe Leichenfledderei«, erwiderte Artjom leise.
    »Hab keine Angst, er wird sich nicht rächen. Er wird nie wieder einen Körper haben ... Weißt du, ich glaube, wenn die Toten in diese Rohre geraten, verlieren sie sich. Sie werden Teil des Ganzen, ihr Wille löst sich in dem Willen der übrigen auf, und ihr Verstand trocknet aus. Sie sind keine eigenständigen Personen mehr. Falls du jedoch die Lebenden fürchtest, brauchst du nur den Rucksack mitten in der Station auf dem Boden auszuleeren. Dann wird dich keiner des Diebstahls beschuldigen, und dein Gewissen ist rein. Du hast aber doch versucht, diesen Menschen zu retten, und er wäre dir sicher dankbar dafür. Also kannst du davon ausgehen, dass dieser Rucksack die Belohnung für das ist, was du getan hast.«
    In Khans Worten lag so viel Selbstsicherheit und Überzeugung, dass Artjom es wagte, in den Rucksack zu greifen und dessen Inhalt im Schein des Lagerfeuers auf einem Stück Zeltplane auszubreiten. Er beförderte noch vier weitere Magazine zutage - zwei hatte Bourbon ihm ja bereits mit der Waffe ausgehändigt. Erstaunlich, wozu Bourbon, den Artjom für einen Händler gehalten hatte, ein derart eindrucksvolles Arsenal brauchte! Fünf Magazine wickelte Artjom sorgsam in ein Stück Stoff und packte sie in seinen Rucksack, das letzte steckte er in Bourbons Waffe. Sie war in hervorragendem Zustand: sorgfältig geölt, aus glänzendem, brüniertem Stahl. Der Abzug ließ sich leicht bewegen und gab am Ende ein dumpfes Klicken von sich, während der Sicherungshebel sich etwas schwer zwischen den Betriebsarten hin und her schalten ließ - all das sprach dafür, dass die Waffe so gut wie neu war. Der Griff lag gut in der Hand, und der Vorderschaft war sorgfältig poliert. Dieses Gewehr vermittelte einem ein Gefühl der Zuverlässigkeit, verströmte Ruhe und Selbstsicherheit. Artjom wusste sofort: Wenn er etwas von Bourbons Sachen mitnahm, dann war es diese Waffe.
    Die versprochenen Magazine des Kalibers 7.62 für seine »Höllenmaschine« fand er allerdings nicht. Er fragte sich, wie Bourbon ihn hatte bezahlen wollen - und kam zu dem Schluss, dass dieser womöglich gar nicht vorgehabt hatte, ihm etwas zu geben, sondern ihn, sobald sie die gefährliche Stelle passiert hatten, mit einem Genickschuss umgelegt, in einen Schacht geworfen und für immer vergessen hätte.
    Außer einigen Klamotten, einem Metroplan voller Kritzeleien, die nur sein verstorbener Besitzer hätte entziffern können, und hundert Gramm dur fanden sich am Boden des Rucksacks noch einige Stücke geräuchertes Fleisch, eingewickelt in Plastiktüten, sowie ein Notizbuch. Letzteres wollte Artjom nicht lesen, und im Übrigen war er vom Inhalt des Rucksacks enttäuscht. Insgeheim hatte er gehofft, etwas Geheimnisvolles oder Wertvolles zu finden - den Grund, weshalb Bourbon so unbedingt durch den Tunnel zur Sucharewskaja hindurch wollte. Er war überzeugt, dass Bourbon ein Kurier war, vielleicht auch ein Schmuggler oder etwas Ähnliches. Zumindest erklärte dies seine Entschlossenheit, den Tunnel zu passieren, und seine Bereitschaft, dafür zu bezahlen. Doch als Artjom das letzte Paar Wechselwäsche aus dem Rucksack hervorgeholt hatte und trotz intensiver Suche nichts mehr außer alten, trockenen Krümeln darin fand, war klar, dass der Grund für Bourbons Beharrlichkeit ein anderer war. Artjom zerbrach sich den Kopf darüber, was Bourbon an der Sucharewskaja eigentlich gesucht hatte, doch ihm fiel nichts Plausibles ein.
    Seine Spekulationen wurden bald von dem Gedanken verdrängt, dass er den Unglücklichen im Tunnel bei den Ratten zurückgelassen hatte, obwohl er ja vorgehabt hatte, zurückzukehren und sich um die Leiche zu kümmern. Allerdings hatte er keine besonders deutliche Vorstellung davon, wie er dem Händler die letzte Ehre erweisen und was er mit der Leiche anfangen sollte. Verbrennen? Dazu brauchte man gute Nerven, und der stickige Rauch sowie der Gestank versengten Fleisches und brennender Haare würden sicherlich bis zur Station dringen, was Ärger bedeutete. Andererseits: Die Leiche bis zur Station zu schleppen war beschwerlich und unheimlich. Es war eine Sache, einen Menschen am Handgelenk zu ziehen in der Hoffnung,

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