Metro2033
unterhielt sich darüber, wie gut Pirat heute laufen würde und ob es Puschok jemals gelingen würde, ihn zu überholen. Auch die Namen anderer Wettkämpfer wurden erwähnt, doch diese beiden waren offenbar der Konkurrenz weit voraus.
Mit wichtiger Miene trugen die Besitzer ihre wohlgenährten Schützlinge in kleinen Käfigen zum Start. Der Chef der Ringstation war noch nicht zu sehen, und auch Mark war wie vom Erdboden verschwunden. Artjom befürchtete sogar, dass sein neuer Bekannter heute wieder Wache schieben musste und deshalb gar nicht kommen würde. Wie würde er dann mitspielen können?
Schließlich zeigte sich am anderen Ende des Korridors eine kleine Prozession. Ein kahl rasierter alter Mann mit stattlichem, gut gepflegtem Schnurrbart, Brille und in einem strengen schwarzen Anzug bewegte seinen schweren Körper mit würdevollen Schritten vorwärts, begleitet von zwei finsteren Bodyguards. Einer der beiden hielt einen mit rotem Samt gepolsterten Korb, bei dem eine Wand vergittert war und in dem etwas Graues hin und her raste. Dies war offenbar der berühmte Pirat.
Der Bodyguard trug den Korb mit der Ratte zur Startlinie, während der schnauzbärtige Alte zum Schiedsrichtertisch trat. Mit einer herrischen Bewegung verjagte er den Schiedsrichterassistenten von dessen Stuhl, setzte sich ächzend auf den frei gewordenen Platz und begann ein gesittetes Gespräch mit dem Schiedsrichter. Der zweite Leibwächter stellte sich breitbeinig mit dem Rücken zum Tisch und legte die Hände auf das kurze, schwarze Automatikgewehr, das vor seiner Brust hing. Auf eine derart respekteinflößende Person zuzugehen und erst recht ihr eine Wette anzubieten verlangte allerhand Mut.
Plötzlich sah Artjom, wie sich Mark dem Mann näherte, sich den ungewaschenen Kopf kratzte und auf den Schiedsrichter einzureden begann. Von Weitem war nur zu sehen, wie der schnurrbärtige Alte zunächst einen hochroten Kopf bekam, dann eine Grimasse schnitt und schließlich unzufrieden nickte, die Brille abnahm und sie sorgfältig zu putzen begann.
Artjom bahnte sich einen Weg durch die Menge zum Start, wo Mark bereits auf ihn wartete.
»Alles in Butter!«, rief dieser ihm zu und rieb sich die Hände. Darauf erklärte er Artjom, dass er dem Alten soeben eine persönliche Wette gegen Pirat aufgeschwatzt hatte. Er hatte behauptet, seine neue Ratte würde den Favoriten schon beim ersten Lauf besiegen. Dabei habe er Artjom als Person einsetzen müssen, im Gegenzug jedoch für ihn und sich selbst je ein Visum für die gesamte Hanse gefordert. Der Stationschef habe dieses Angebot zwar abgelehnt, da er nicht mit Arbeitskräften handelte - Artjom seufzte erleichtert -, jedoch hinzugefügt, eine derart anmaßende Frechheit müsse bestraft werden. Wenn ihre Ratte verlor, müssten Mark und
Artjom ein Jahr lang die Latrinen der Ringstation reinigen. Gewann sie, so bekämen sie beide ihre Visa. Natürlich war der Stationschef überzeugt, dass diese Möglichkeit völlig ausgeschlossen war, nur deswegen hatte er sich darauf eingelassen. Sollte es diesen dahergelaufenen Schnöseln, die es gewagt hatten, seinen Liebling herauszufordern, eine Lehre sein!
»Haben Sie denn überhaupt eine Ratte?«, erkundigte sich Artjom vorsichtig.
»Natürlich«, beruhigte ihn Mark. »Ein richtiges Biest! Sie wird diesen Piraten in Stücke reißen! Wenn du wüsstest, wie sie mir heute wieder davongelaufen ist. Beinahe wäre sie mir sogar entwischt. Fast bis zur Nowokusnezkaja bin ich ihr hinterher gelaufen.«
»Wie heißt sie denn?«
»Wie sie heißt? Ja, wie heißt sie eigentlich? Na, sagen wir, Raketa. Klingt doch gefährlich, nicht?«
Als sich jedoch herausstellte, dass Mark seine Ratte erst an diesem Morgen gefangen hatte, platzte es aus Artjom heraus: »Und woher wollen Sie wissen, dass sie gewinnt?«
»Ich glaube an sie, mein Freund! Und überhaupt wollte ich immer schon mal eine Ratte haben. Bisher habe ich immer auf fremde gesetzt, und die haben alle verloren. Also dachte ich mir, macht nichts, eines Tages werde ich meine eigene haben, und die wird mir Glück bringen. Ich habe mich aber nie dazu entschlossen, denn das ist nicht so einfach, man braucht dazu die Genehmigung des Schiedsrichters, und das ist ein ewiges Hin und Her. Da wartet man ein halbes Leben drauf, am Ende frisst mich noch irgend so ein >Besucher< auf, oder ich sterbe einfach so, ohne jemals eine eigene Ratte gehabt zu haben. Aber als du mir begegnet bist, habe ich mir gedacht: Das ist deine
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