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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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habe gerufen: >Warte! Schlag mich nicht! Ich habe dir doch nichts getan. Was ist los?<« Der kleine David machte ein beseeltes Gesicht, das er offenbar gut einstudiert hatte.
    »Und was hat dir der schlimme Mann geantwortet?«, fragte der Hagere aufgeregt.
    »Er sagte, dass jemand sein Frühstück gestohlen hat. Er wollte nur seinen Ärger loswerden.« Etwas in der Stimme des Jungen ließ einen daran zweifeln, dass er wirklich verstand, was er da sagte.
    »Und was hast du getan?«
    »Ich habe ihm einfach gesagt: >Wenn du mich schlägst, bringt dir das dein Frühstück auch nicht zurück. < Dann habe ich ihm vorgeschlagen, gemeinsam zu Bruder Koch zu gehen, damit wir ihm die Geschichte erzählen. Er hat von ihm ein neues Frühstück bekommen. Danach hat er mir die Hand geschüttelt und ist immer freundlich zu mir gewesen.«
    »Ist derjenige, der damals den kleinen David bedroht hat, unter uns?«, fragte der Hagere mit der Stimme eines Anklägers.
    Sogleich fuhr eine Hand empor, und ein mächtiger Kerl von vielleicht zwanzig Jahren mit einem tumben, finsteren Gesicht bahnte sich den Weg zu der improvisierten Bühne. Er berichtete, welch wundersame Wirkung die Worte des kleinen David auf ihn gehabt hatten. Das fiel ihm nicht leicht - der Kleine hatte offenbar weitaus mehr Talent im Auswendiglernen. Als die Vorstellung zu Ende war und man den kleinen David samt dem reumütigen Schläger unter wohlwollendem Applaus verabschiedet hatte, wandte sich der Hagere bewegt an die Versammelten. »Wahrlich, gütige Worte verfügen über eine große Macht! Wie heißt es in den Sprüchen: >Eine sanfte Zunge zerbricht Knochen.< Sanftheit und Milde sind keine Schwäche, meine geliebten Brüder, dahinter steckt eine enorme Willenskraft! Und die Beispiele aus der Heiligen Schrift belegen dies.« Er blätterte in einem speckigen Büchlein nach der entsprechenden Stelle und begann ergriffen daraus zu zitieren.
    Begleitet von verwunderten Blicken ging Artjom weiter und betrat schließlich den ersten Waggon. Zunächst hielt ihn dort niemand auf, doch als er aus dem Zug hinaustreten wollte, stellte sich ihm der Wächter des Turms - jener gutmütige Dicke, der ihn bei der Ankunft so herzlich begrüßt hatte - in den Weg, zog die dichten Augenbrauen zusammen und erkundigte sich mit strenger Miene, ob er eine Ausgangsgenehmigung habe. Seinem dicken Wanst auszuweichen war völlig unmöglich.
    Einige Sekunden lang wartete der Wächter auf eine Erklärung, dann rieb er sich die riesigen Fäuste und bewegte sich auf Artjom zu. Dieser blickte sich gehetzt nach allen Seiten um und musste plötzlich an den kleinen David denken. Sollte er sich lieber nicht mit diesem Elefanten anlegen, sondern ihn fragen, ob man ihm heute sein Frühstück geklaut hatte?
    Zum Glück eilte in diesem Moment Bruder Timofej herbei, sah den Wächter sanft an und sagte: »Dieser Jüngling kann gehen. Wir halten niemanden gegen seinen Willen auf.«
    Der Wächter blickte erstaunt drein, trat aber gehorsam zur Seite.
    »Lass mich dich noch ein wenig begleiten, mein geliebter Bruder Artjom«, flötete Bruder Timofej. Und als Artjom nickte, unfähig, sich der Magie seiner Stimme zu widersetzen, fuhr er beruhigend fort: »Mag sein, dass es dir auf den ersten Blick etwas ungewohnt erscheint, wie wir hier leben. Doch nun ist der göttliche Samen in dich gelegt, und meine Augen sehen, dass er auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Lass mich dir noch ein paar Ratschläge mit auf den Weg geben -jetzt, wo das Reich Gottes so nah ist wie noch nie -, damit du nicht verstoßen wirst. Lerne, das Böse zu hassen und meide alles, was Gott verhasst ist: Unzucht, Untreue, Sodomie, Inzest, Homosexualität, Glücksspiel, Lüge, Diebstahl, Zornesausbrüche, Gewalt, Magie, Spiritismus und Trinksucht.« Während dieser hastigen Aufzählung versuchte Bruder Timofej immer wieder, Artjom in die Augen zu blicken. »Wenn du Gott liebst und ihm wohlgefällig sein willst, befreie dich von diesen Sünden. Ehre den Namen Gottes, predige sein Reich, halte dich von den Geschäften dieser sündigen Welt fern und sage dich von allen Menschen los, die das Gegenteil behaupten, denn es ist der Satan, der aus ihrem Munde spricht...«
    Artjom hörte nichts mehr - er ging immer schneller, bis Bruder Timofej nicht mehr Schritt halten konnte.
    »Wo kann ich dich finden?«, rief dieser ihm atemlos nach, nun schon aus einiger Entfernung, beinahe im Halbdunkel verschwunden.
    Artjom fing an zu laufen. Von hinten, aus der

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