Metro2033
der fünf Menschen umkamen. Die Schwarzen scheinen ständig mehr zu werden. Die ersten Menschen fliehen von eurer Station. Sie halten den Schrecken nicht mehr aus. Hunter hatte also recht, als er mir sagte, dass sich bei euch etwas Furchtbares zusammenbraut. Er hat es gespürt.«
»Wissen Sie, wie die Opfer heißen?«, fragte Artjom ängstlich. Er versuchte sich daran zu erinnern, wer vor einer Woche Dienst gehabt haben musste. Was war das für ein Tag gewesen? Schenja? Andrej? Bloß nicht Schenja ...
»Woher soll ich das wissen? Abgesehen davon, dass diese Bestien euch bedrängen, scheint ja auch in den Tunneln um den Prospekt Mira etwas Teuflisches vor sich zu gehen. Menschen verlieren ihr Gedächtnis, einige sogar ihr Leben.«
»Was kann man bloß tun?«
»Heute tritt der Rat zusammen. Wir wollen die Meinung der ältesten Brahmanen und Generäle hören. Allerdings werden sie der WDNCh kaum helfen können. Wir schaffen es gerade mal, die Polis zu halten, und das auch nur, weil niemand sie ernsthaft anzugreifen wagt.«
Sie kamen bei der Arbatskaja an. Auch hier gab es Quecksilberlampen, und wie an der Borowizkaja waren die Durchgänge zum Bahnsteig mit Hilfe von Ziegelmauern zu Wohnräumen umgestaltet worden. Einige davon waren bewacht, überhaupt waren hier ungewöhnlich viele Soldaten zu sehen. An den weißen Wänden hingen erstaunlich gut erhaltene Paradefahnen mit aufgesticktem goldenem Adler. Und hier brodelte das Leben: Würdige Brahmanen in langen Gewändern schritten umher, während streitsüchtige Putzfrauen all jene ankeiften, die den frisch gewischten, noch feuchten Boden betreten wollten. Die Fremden, von denen es nicht wenige gab, erkannte man an ihren Sonnenbrillen oder daran, dass sie ihre Hände wie einen Mützenschirm über die zusammengekniffenen Augen hielten. An der Arbatskaja befanden sich nur Wohn - und Verwaltungsräume, Handelsreihen und Kneipen hatte man in die Übergänge verlegt.
Melnik führte Artjom zum Ende des Bahnsteigs, wo die Diensträume begannen, ließ ihn auf einer Marmorbank Platz nehmen, deren hölzerne Sitzfläche von Tausenden Passagieren blank poliert war, bat ihn zu warten und verschwand.
Artjom betrachtete die Stuckverzierungen an der Decke und fand, dass die Polis seine Erwartungen nicht enttäuscht hatte. Das Leben hier funktionierte tatsächlich völlig anders, die Menschen waren weitaus weniger verhärmt, gereizt oder verängstigt als an anderen Stationen. Wissen, Bücher und Kultur spielten hier, wie es schien, eine ganz besondere Rolle. Auf dem Weg von der Borowizkaja zur Arbatskaja hatten sie mindestens fünf Bücherstände passiert, und Plakate kündigten für morgen eine Shakespeare-Aufführung an. Wie an der Borowizkaja ertönte auch hier Musik.
Sowohl der Übergang als auch beide Stationen befanden sich in hervorragendem Zustand, und obwohl an den Wänden durchaus Risse oder feuchte Stellen zu sehen waren, konnten die Reparaturkommandos, die Artjom an mehreren Stellen im Einsatz gesehen hatte, nur bedeuten, dass Schäden so schnell wie möglich behoben wurden. Neugierig blickte er in einen der Tunnel. Auch dort herrschte absolute Ordnung: Er war trocken und sauber, und so weit man sehen konnte leuchtete alle hundert Meter eine elektrische Lampe. Von Zeit zu Zeit kamen mit Kisten beladene Draisinen an, luden einen Passagier aus oder nahmen eine Bücherkiste auf, die die Polis in die gesamte Metro verschickte.
Doch plötzlich dachte Artjom: Das alles hier wird bald zu Ende gehen, die WDNCh wird dem Druck dieser Ungeheuer nicht mehr lange standhalten. »Kein Wunder«, sagte er laut zu sich. Er dachte an jene Nacht, als er einen Angriff der Schwarzen selbst mit abgewehrt hatte, und an seine vielen Albträume seither.
Stand die WDNCh wirklich vor dem Untergang? Wenn ja, so bedeutete das, dass er sein Zuhause verlieren würde. Mit viel Glück würden sich sein Stiefvater und seine Freunde retten können. Dann würde er sie vielleicht eines Tages irgendwo in der Metro wiedersehen. Er schwor sich, wenn Melnik ihm heute eröffnete, dass er seine Aufgabe erfüllt hatte und weiter nichts für ihn zu tun war, würde er sich sofort auf den Rückweg machen. Wenn es seiner Station bestimmt war, das einzige Hindernis auf dem Weg der Schwarzen zu sein, und wenn seine Freunde bei ihrer Verteidigung sterben mussten, so war er lieber bei ihnen, anstatt sich in diesem Paradies zu verstecken. Ja, er wollte nach Hause zurück, zu den Armeezelten, zur Teefabrik. Sich mit
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