Metro2033
Schenja unterhalten, ihm von seinen Abenteuern erzählen. Wahrscheinlich würde der nicht mal die Hälfte davon glauben - wenn er noch lebte.
»Gehen wir, Artjom«, sagte Melnik. »Sie wollen mit dir sprechen.« Er hatte seinen Schutzanzug abgelegt und trug nun einen Rollkragenpullover, eine schwarze Feldmütze ohne Kokarde und eine Hose mit Taschen, ähnlich der, die Hunter getragen hatte. Überhaupt erinnerte er Artjom in seinem Verhalten sehr an den Jäger - er war in gleichem Maße konzentriert, gespannt wie eine Feder, und sprach in ähnlich kurzen, klaren Sätzen.
Sie betraten einen Raum, dessen Wände mit Eichenholz getäfelt waren. Auf beiden Seiten hing ein großes Ölbild. Auf dem einen erkannte Artjom sofort die Bibliothek, auf dem anderen war ein hohes Gebäude mit weißer Fassade zu sehen, die den Schriftzug GENERALSTAB DES VERTEIDIGUNGSMINISTERIUMS DER RF trug.
In der Mitte stand ein großer Holztisch, um den etwa zehn Personen saßen, die nun alle Artjom prüfend ansahen. Die eine Hälfte saß unter dem Bild der Bibliothek und war in graue Brahmanengewänder gekleidet, die andere, unter dem »Generalstab«, trug Offiziers-Uniformen.
Den Vorsitz am Kopfende des Tisches hatte ein klein gewachsener, aber gebieterisch dreinblickender kahlköpfiger Mann mit einer strengen Brille. Er trug einen Anzug mit Krawatte und war zu Artjoms Erstaunen nicht tätowiert.
»Zur Sache«, sagte er, ohne sich vorzustellen. »Berichten Sie uns alles, was Sie wissen, einschließlich der Lage in den Tunneln zwischen Ihrer Station und dem Prospekt Mira.«
Artjom begann ausführlich vom Kampf der WDNCh gegen die Schwarzen zu erzählen. Dann berichtete er von Hunters Auftrag und schließlich von seiner Reise zur Polis. Als er bei den Geschehnissen in den Tunneln zwischen der Alexejewskaja, der Rischskaja und dem Prospekt Mira angelangt war, begannen die Offiziere und die Brahmanen miteinander zu flüstern, die einen ungläubig, die anderen lebhaft. Ein Offizier, der in der Ecke saß und Protokoll führte, fragte einige Male bei ihm nach.
Als die Diskussion wieder abflaute, gestattete man Artjom fortzufahren, doch sein weiterer Bericht rief bei den Zuhörern kaum Interesse hervor - bis er bei der Poljanka und ihren beiden Bewohnern angekommen war.
»Mit Verlaub«, unterbrach ihn einer der Offiziere, ein untersetzter Mann von vielleicht fü nfzig Jahren mit glatt nach hin ten gekämmten Haaren und einer Brille, deren Stahlgestell sich tief in den fleischigen Nasenrücken bohrte. »Es ist doch bekannt, dass die Poljanka unbewohnbar ist. Sie ist seit langem verlassen. Es stimmt zwar, dass täglich einige Dutzend Menschen die Station passieren, aber leben kann dort niemand. Dort strömt ständig Gas aus, und überall sind Schilder angebracht, die vor der Gefahr warnen. Katzen oder Altpapier gibt es dort schon längst nicht mehr. Es ist ein völlig leerer Bahnsteig. Also verschonen Sie uns mit Ihren Fantasien.«
Die anderen Offiziere nickten. Artjom schwieg verwirrt. Als er an der Poljanka angekommen war, hatte er einen Augenblick selbst gedacht, dass die friedliche Stimmung, die dort herrschte, für die Metro ungewöhnlich war. Doch diesen Verdacht hatten die beiden - mehr als realen -Bewohner schnell zerstreut.
Die Brahmanen unterstützten den wütenden Einspruch des Offiziers offenbar nicht. Ihr Ältester, ein kahler Mann mit langem, grauem Bart, blickte Artjom mit Interesse an und wechselte einige Sätze mit seinen Kollegen in einer fremden Sprache. Dann sagte ein anderer, der rechts von ihm saß, versöhnlich: »Wie Sie wissen, hat dieses Gas in einem bestimmten Mischungsverhältnis mit Luft halluzinogene Wirkung.«
Der Offizier musterte Artjom misstrauisch. »Dann ist zu fragen, ob man ihm den Rest seiner Geschichte auch glauben kann.«
»Wir danken Ihnen für den Bericht«, unterbrach der Mann im Anzug die Diskussion. »Der Rat wird darüber befinden und Ihnen das Ergebnis mitteilen. Sie können gehen.«
Langsam verließ Artjom den Raum. Sollte die Unterhaltung mit den beiden Wasserpfeife rauchenden Herren wirklich eine Halluzination gewesen sein? Das würde bedeuten, dass die Vorstellung, er sei auserwählt und könne die Wirklichkeit formen, solange er seinem vorgezeichneten Schicksal folge, nur Einbildung gewesen war, allenfalls ein Versuch, sich selbst zu trösten. Jetzt erschien ihm auch die rätselhafte Begegnung im Tunnel zwischen der Poljanka und der Borowizkaja nicht mehr wie ein Wunder. Gas? Nun ja,
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