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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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abzuzeichnen. Dieser Schatten war von der Finsternis fast nicht zu unterscheiden, aber Artjom war zunehmend davon überzeugt, dass ihn aus der Dunkelheit jemand anstarrte. Er wankte, hielt sich jedoch auf den Beinen und machte noch einen Schritt.
    Mit einem Mal schrumpfte der Schatten, schien sich zu einem Knäuel zusammenzuballen und glitt vorwärts. Ein heftiger, ekelerregender Gestank stieg in Artjoms Nase, und er schrak zurück. Wonach roch das? Er sah jenes Bild vor sich, das ihm bereits im Tunnel vor dem Vierten Reich erschienen war: aufeinander gehäufte Leichen, die Arme hinter dem Rücken gefesselt. Verwesungsgeruch?
    Im selben Augenblick stürzte der Schatten mit teuflischer Geschwindigkeit, wie ein Pfeil aus einer Armbrust, auf ihn zu. Eine Sekunde lang tauchte ein Gesicht vor ihm auf, blass, mit tief liegenden Augen und seltsamen Flecken.
    »Ein Toter!«, krächzte Artjom. Dann zersprang sein Kopf in tausend Stücke, die Decke begann zu tanzen, drehte sich, und alles erlosch. Aus der dumpfen Stille erklangen Stimmen, verstummten wieder, blitzten Bilder auf, verschwanden wieder.
    »... Mama erlaubt es mir nicht, sie wird sich Sorgen machen«, sprach ein Junge nicht weit entfernt. »Heute geht es sicher nicht, sie hat den ganzen Abend geweint. Nein, ich habe keine Angst, du bist nicht schlimm, und du singst so schön. Ich will nur nicht, dass Mama wieder weint. Sei nicht böse! Höchstens ganz kurz ... Sind wir bis zum Morgen zurück?«
    »... keine Zeit, keine Zeit«, murmelte eine tiefe männliche Stimme. »Die Zeit ist knapp. Sie sind schon nah. Steh auf, bleib nicht liegen, steh auf! Wenn du jetzt die Hoffnung verlierst, wenn du schwankst oder aufgibst, werden andere deinen Platz einnehmen. Ich werde weiter dafür kämpfen. Und das musst du auch. Steh doch auf! Du verstehst doch ...«
    Dann eine weitere Stimme: »... und wer ist das? Zum Chef? Ach so, ins Gästezelt. Jaja, natürlich trag ich den alleine! Jetzt pack schon mit an, nimm wenigstens seine Beine. Schwer ist der ... Was da wohl in seinen Taschen klingelt? Ist schon gut, ich mach ja nur Spaß. Da wären wir. Nein, nein, ich werd doch nicht. Ich geh ja schon ...«
    Mit einer heftigen Bewegung wurde der Zelteingang geöffnet, und der Strahl einer Taschenlampe schlug Artjom ins Gesicht.
    »Bist du Artjom?« Das Gesicht des Fragenden war nicht zu erkennen, aber die Stimme klang jung-
    Artjom sprang von der Liege auf - und sofort drehte sich alles in seinem Kopf. Im Nacken pulsierte ein dumpfer Schmerz, und jede Berührung brannte. Einige Haare waren verklebt, offenbar von getrocknetem Blut. Was war mit ihm passiert?
    »Darf ich reinkommen?«, fragte der Ankömmling, trat ohne auf Antwort zu warten ein und zog den Zeltflügel zu. Dann drückte er Artjom einen winzigen metallischen Gegenstand in die Hand.
    Als Artjom endlich seine Taschenlampe angeknipst hatte, traute er seinen Augen nicht: Es war die Patronenhülse eines Automatikgewehrs, umfunktioniert zu einer verschraubbaren Kapsel - genau wie die von Hunter. Artjom versuchte den Verschluss zu öffnen, doch seine vor Aufregung schweißnassen Hände glitten immer wieder ab. Endlich fiel ein winziges Stück Papier heraus.
    Unvorhergesehene Schwierigkeiten. Ausgang D-6 blockiert, Tretjak ermordet. Warte auf mich. Brauche Zeit für Organisation. Komme sobald möglich. Melnik.
    Artjom las die Nachricht ein zweites Mal und versuchte sich einen Reim darauf zu machen. Tretjak ermordet? Der Zugang zur Metro-2 blockiert? Das bedeutete, dass all ihre Pläne und Hoffnungen zunichte waren! Ungläubig blickte er den Boten an.
    »Melnik hat angeordnet, dass du hier bleiben und auf ihn warten sollst«, sagte dieser. »Tretjak ist tot. Ermordet. Melnik sagt, dass er mit einer Nadel vergiftet wurde, von wem, ist unbekannt. Er organisiert jetzt einen Stoßtrupp. Ich muss los. Soll ich eine Antwort mitnehmen?«
    Artjom überlegte, was er dem Stalker antworten sollte. Was sollte er tun? Worauf konnte er hoffen? Sollte er alles einfach stehen und liegen lassen und zur WDNCh zurückkehren, um wenigstens in den letzten Minuten bei seinen Freunden zu sein? Er schüttelte den Kopf. Der Bote drehte sich schweigend um und verließ das Zelt.
    Artjom setzte sich auf seine Liege und dachte nach. Er konnte nirgendwo hin. Ohne Pass und Begleitperson kam er weder auf den Ring noch zurück zur Smolenskaja. Also musste er darauf hoffen, dass Arkadi Semjonowitsch auch in den nächsten Tagen noch so gastfreundlich sein würde wie

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