Metropolis brennt
nötigen Kontrollen. Jemand baute die hydroponischen Tanks auf.
Ich habe in den Archiven gestöbert. Vielleicht habe ich etwas gefunden. Ich sah ganze Berge seltsamer Berichte – Berichte über Truppenstärke, Nahrungsmittelvorräte, die Versorgungslage –, aber ich kam niemals bis zum Anfang zurück. Ich fand schließlich ein Stück Papier, und vielleicht habe ich es verstanden, vielleicht auch nicht. Es berichtete vom Wasser des Colorado und darüber, wer wieviel bekommen sollte. Aber wie kann man denn das Wasser eines Flusses teilen? Das aber könnte der Anfang von Denv gewesen sein und auch von Ellay und den Bombenangriffen.“
Der General schüttelte verwirrt den Kopf, dann fuhr er fort: „Ich sehe nicht klar, was kommen wird. Ich würde gerne zwischen Denv und Ellay Frieden schließen, aber ich weiß nicht, wie ich das anfangen soll und was es für Konsequenzen hätte. Ich glaube, Frieden bedeutet, nicht mehr zu schießen und auch überhaupt keine Waffen mehr herzustellen. Vielleicht bedeutet es auch, daß viele von uns Denv verlassen und ein völlig neues Leben anfangen müssen. Daher habe ich mich in meine Position vorgearbeitet. Daher brauche ich auch einen jungen Mann, der es mit den Besten von ihnen aufnehmen kann. Sag mir, was du davon hältst.“
„Ich glaube“, sagte Reuben, „das ist großartig. Die Rettung von Denv. Ich werde Ihnen bis zum Tode treu zur Seite stehen, wenn ich darf.“
May lächelte müde und lehnte sich in seinem Sessel zurück, während Reuben auf Zehenspitzen hinausschlich.
Was für ein Glück, dachte Reuben. Was für ein Glück, an einem solchen Wendepunkt des Schicksals beteiligt zu sein!
Er suchte nach der Wohnung Rudolphs und durfte eintreten.
Zu dem General sagte er: „Sir, ich muß leider melden, daß Ihr Freund May den Verstand verloren hat. Er berichtete mir gerade von seinem Plan, die Zivilisation, wie wir sie kennen, zu vernichten, und drängte mich, in seine Fußstapfen zu treten. Ich gab vor, ihm zuzustimmen – schließlich kann ich Ihnen von größerem Nutzen sein, wenn ich Mays Vertrauen genieße.“
„So?“ sagte Rudolph nachdenklich. „Erzähl mir von dem Doppelgänger. Was ging schief?“
„Almon und Selene waren die schwachen Punkte. Selene, weil sie mich warnte, anstatt mich abzulenken, und Almon, weil er ihre Unfähigkeit nicht erkennen konnte.“
„Ich werde ihnen die Gehirne ausbrennen lassen. Damit wäre eine Stelle im neunundachtzigsten Stock meiner Organisation frei, nicht wahr?“
„Sie sind sehr freundlich, Sir, aber ich glaube, nach außen hin sollte ich Mays Mann bleiben. Wenn ich Belohnungen verdiene, nun, ich kann mich noch etwas gedulden. Ich vermute, daß May bei der Wahl für die fünf Sterne gewinnt. Aber angesichts seines Drogenkonsums wird er kaum noch länger als zwei Jahre leben.“
„Diese Spanne können wir noch verkürzen.“ Rudolph grinste. „Ich habe Pharmazeuten, die sicherstellen können, daß seine Drogen stärker als die handelsüblichen sind.“
„Das wäre ganz ausgezeichnet, Sir. Wenn er zu sehr geschwächt ist, um weiter seinen Pflichten nachkommen zu können, wird man vielleicht versuchen, die Affäre mit dem Doppelgänger hochzuspielen, um Sie in Mißkredit zu bringen. Ich könnte dann aussagen, daß ich von Anfang an Ihr Mann gewesen bin und daß mich May nur erpreßt hat.“
Sie steckten die Köpfe zusammen, diese beiden Retter ihrer Zivilisation, und schmiedeten die ganze Nacht hindurch Verschwörungspläne.
Jörg Weigand
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Um 19 Uhr 25 begann der Videoschirm zu flimmern. Die fast sechs Quadratmeter große Sichtscheibe war in die Wand gegenüber der Sitzecke des Wohnraumes eingelassen. Pünktlich
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