Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
de­ren Haupt­merk­mal ei­ne in­ne­re Un­auf­ge­löst­heit war.
    Gor­dell nick­te ei­ni­gen der Gäs­te, die ihn durch ih­re aben­teu­er­li­chen Mas­ken hin­durch in­ter­es­siert an­sa­hen, freund­lich zu. Er trank den Rest sei­nes Sek­tes und stell­te das Glas un­ter dem Mars ei­nes Tisch­pla­ne­ta­ri­ums aus dem acht­zehn­ten Jahr­hun­dert ab. Der win­zi­ge Edel­holz-Pla­net quit­tier­te, in­dem er am En­de des Mes­sing­drah­tes, an dem er be­fes­tigt war, schein­bar zu­stim­mend zu ni­cken be­gann.
    Im fol­gen­den Raum setz­te Gor­dell sei­ne Su­che nach ei­nem Auf­gang zu der Em­po­re fort. Hier war ei­ne Samm­lung al­ter Bü­cher in Ro­ko­ko­vi­tri­nen aus­ge­stellt. Gor­dell war au­gen­blick­lich der ein­zi­ge Be­su­cher in die­sem Zim­mer.
    Er beug­te sich über ein auf­ge­schla­ge­nes Ex­em­plar des ‚Lex Sa­li­ca’ – ei­ner mön­chi­schen Hand­schrift aus dem ach­ten Jahr­hun­dert – das un­ter ei­nem Glas­sturz lag.
    Sei­ne Be­wun­de­rung der wie ge­sto­chen gleich­mä­ßi­gen Schrift wur­de durch ei­ne ho­he, aber nicht un­an­ge­neh­me weib­li­che Stim­me un­ter­bro­chen. Sie sag­te: „Hät­ten Sie Lust, mein Herr, mit mir die Bil­der auf der Ga­le­rie an­zu­se­hen? Al­lein wür­de es mir we­nig Spaß ma­chen, aber ich bren­ne dar­auf, mir die Meis­ter­wer­ke an­zu­schau­en. Mr. Hol­lis­ter ist be­rühmt für sei­ne Samm­lung.“
    Gor­dell wand­te sich der Spre­che­rin zu.
    Sie war sehr jung; sie lä­chel­te warm und ver­lo­ckend. Ih­re vio­lett ge­schmink­ten Lip­pen har­mo­nier­ten mit dem kur­z­en, mau­ve­far­be­nen Kleid, das einen tie­fen, run­den Aus­schnitt hat­te.
    Ihr Ge­sichts­aus­druck er­in­ner­te ihn an ein bit­ten­des Kind, als sie fort­fuhr: „Sei­en Sie so lieb und ge­hen Sie mit mir – bit­te. Ich zeig’ Ih­nen auch einen ge­hei­men Auf­gang zur Em­po­re.“
    „Wenn Sie es sich so sehr wün­schen“, er­wi­der­te er, „wer­de ich Sie ger­ne be­glei­ten.“
    Ih­re Au­gen leuch­te­ten dank­bar auf, sie dreh­te sich um, streb­te dem Aus­gang des Raum­es zu, und er folg­te ihr.
    Sie schi­en sich im Hau­se des No­tars gut aus­zu­ken­nen, wand sich ge­schickt durch die Grup­pen von Gäs­ten, nick­te rechts und links, im­mer lä­chelnd, und sah sich nicht ein ein­zi­ges Mal nach Gor­dell um.
    Schließ­lich lan­de­ten sie in der Gar­de­ro­be, die er schon kann­te.
    End­lich wand­te sie ihm wie­der ihr Ge­sicht zu und sag­te: „Ei­gent­lich ist der ers­te Stock für Gäs­te ta­bu – aber man wird für uns ei­ne Aus­nah­me ma­chen, glau­ben Sie nicht?“
    „Wer sind Sie?“ frag­te er.
    „Die un­be­deu­ten­de Toch­ter ei­nes wich­ti­gen Man­nes“, er­wi­der­te sie, „aber er ist krank, und bald wer­de ich es sein, de­ren Na­me in den Zei­tun­gen steht – Sie dür­fen mich Ly­dia nen­nen.“
    Oh­ne Zö­gern trat sie auf einen der mäch­ti­gen Klei­der­stän­der zu, griff zwi­schen Ja­cken und Män­teln hin­durch, der über­la­de­ne Ko­loß aus gedrech­sel­tem Ei­chen­holz knarr­te, dreh­te sich ge­mäch­lich zur Sei­te und gab ei­ne rund­bo­gi­ge Tür frei, hin­ter der ein Trep­pen­auf­gang lag.
    Ly­dia stieg die Holz­stu­fen hin­auf.
    Ihr Kleid war sehr eng. Es reich­te nur bis zur hal­b­en Hö­he der Ober­schen­kel und rutsch­te bei je­dem Schritt noch hö­her. Die wohl­ge­run­de­ten, der Mäd­chen­form noch nicht ent­wach­se­nen Bei­ne ge­fie­len Gor­dell aus­neh­mend gut, und er ließ sei­ner Füh­re­rin einen an­ge­mes­se­nen Vor­sprung, um sie aus­gie­big be­trach­ten zu kön­nen.
    Die In­ha­be­rin die­ser an­spre­chen­den For­men ver­stand es zu­dem, sie ge­fäl­lig zu be­we­gen. Das Beu­gen und Stre­cken ih­rer Schen­kel floß auf er­götz­li­che Wei­se in die ma­kel­lo­se Run­dung des Hin­ter­teils ein, die das The­ma Jun­ge Frau beim Trep­pen­stei­gen’ ge­wis­ser­ma­ßen in Form ei­ner Ka­denz ab­schloß und vollen­de­te.
    Auf dem obe­ren Trep­pen­ab­satz blieb das Mäd­chen un­ver­mit­telt ste­hen, und Gor­dell dräng­te sie leicht zu Sei­te, um von den Stu­fen fort zu kom­men.
    Ly­dia schau­te zu­rück, ver­ge­wis­ser­te sich, daß der Gar­de­ro­ben­stän­der

Weitere Kostenlose Bücher