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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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her­um­treibst, und wir kön­nen dich je­der­zeit er­le­di­gen. Ein Knopf­druck, mehr nicht. Dein Kör­per hält nichts aus. Ver­giß das nicht.
    Und jetzt ver­schwin­de. Viel Spaß in dei­nem zwei­ten Le­ben, denn es ist ein neu­es Le­ben, ein Le­ben, das du uns ver­dankst.“
    „Ich ha­be euch auch mein ers­tes Le­ben ver­dankt“, sag­te Vharn kalt, warf dem Mann hin­ter dem Schreib­tisch einen mör­de­ri­schen Blick zu, wand­te sich ab und ging zur Tür. Das hel­le Ne­on­licht in dem Bü­ro schmerz­te in sei­nen Au­gen. Er konn­te nicht mehr füh­len. Er war aus­ge­brannt. Leer. Nur noch ei­ne Hül­le, nur noch ei­ne Scha­le. Mir­ja. Mir­ja, ver­dammt … Er führ­te die­sen Ge­dan­ken nicht wei­ter, un­ter­brach ihn mit al­ler Ge­walt, zu der er fä­hig war. Als er die Tür er­reich­te, hol­te ihn die Stim­me des Man­nes ein.
    „Denk an Mir­ja. Denk an al­les, was ich dir ge­sagt ha­be.“ Er lach­te kalt. „Viel­leicht soll­te ich dir zum Ab­schied noch einen Witz er­zäh­len, Fre­ak. Weil du doch schließ­lich ei­ne recht wit­zi­ge Tat be­gan­gen hast, al­les in al­lem ge­se­hen. Ja, ich wer­de dir einen Witz er­zäh­len, hör zu: Weißt du, wes­halb die Cad-Fre­aks nur zwei Sarg-Trä­ger be­nö­ti­gen?“
    Vharn spür­te ei­ne wi­der­wär­ti­ge Be­klem­mung in sich, sein Hals schi­en ihm zu­ge­schnürt zu wer­den. Sei­ne Rech­te lag kalt und ge­fühl­los auf dem Sen­sor-Öff­ner der Gleit­tür.
    „Sie be­nö­ti­gen des­halb nur zwei Sarg-Trä­ger, weil es noch im­mer kei­ne Müll­ton­nen mit vier Tra­ge­grif­fen gibt!“ Der Mann im wei­ßen Kit­tel brüll­te los vor La­chen, und Vharn würg­te.
    Aber er war frei. Er konn­te ge­hen. Und er ging.
     
    War­ten
     
    Er war kein Füh­len­der mehr, und er war auch kein Mensch; er war ein wan­deln­der Leich­nam. Ein Cad-Fre­ak.
    Er kehr­te in die Slums zu­rück, und die an­de­ren be­grüß­ten ihn über­schweng­lich, freu­ten sich, klatsch­ten, ju­bel­ten, tanz­ten. Es war wie an ei­nem der frü­he­ren Fei­er­ta­ge, da­mals, als sie trotz al­len Wid­rig­kei­ten noch ge­fei­ert hat­ten.
    Aber Vharn konn­te sich nicht freu­en. Er war tot. Aus­ge­brannt. Al­les um­sonst. So vie­le Hoff­nun­gen … Mir­ja … Aber er muß­te auch an ih­re Wor­te den­ken: Vie­le von den Leu­ten, die es so un­heim­lich ei­lig ha­ben, Ver­än­de­run­gen her­bei­zu­füh­ren, ge­ben am schnells­ten auf, wenn die Sa­che nicht auf An­hieb klappt. Ja, sie hat­te recht, es kam auf den lan­gen Atem an. Hat­te er ihn? Mo­men­tan hat­te er ihn nicht. Er fühl­te sich hun­de­elend, als wür­de das En­de des Pil­len­wahns von da­mals erst jetzt über ihn her­ein­bre­chen, ihn Blut und Gal­le wür­gen las­sen.
    Vharn kehr­te in sein Rat­ten­loch in den Slums zu­rück, er ver­kroch sich, kau­er­te sich zu­sam­men, wie sich da­mals sein Be­wußt­sein in sei­nem Schä­del zu­sam­men­ge­kau­ert hat­te, da­mals, im Sil­ber­ge­spinst ge­fan­gen.
    Er hat­te nichts er­reicht. Die an­de­ren hat­ten nichts er­reicht. Aber sie konn­ten sich we­nigs­tens freu­en. Er konn­te sich nicht freu­en. Er be­reu­te es nicht, in den zen­tra­len Stadt­wald ein­ge­drun­gen zu sein, und der Wald blieb sei­ne schöns­te Er­in­ne­rung. Er hat­te den Wald ge­se­hen, das Zwie­licht, die Har­mo­nie – aber auch den Tod des Wal­des. Zu­sam­men mit Mir­ja … Die­se Wun­de schmerz­te. Aber er wuß­te, Mir­ja wür­de ihn einen Kinds­kopf nen­nen, könn­te sie jetzt bei ihm sein. Nur ein Kampf war ver­lo­ren, vor­erst ver­lo­ren.
    Vharn blieb in sei­nem Rat­ten­loch in den Slums, auf den gi­gan­ti­schen Müll­hal­den, die die große Stadt um­ga­ben, auf den Hal­den, auf de­nen acht­hun­dert­tau­send Men­schen von den Ab­fal­len ei­ner Weg­werf­ge­sell­schaft leb­ten, auf de­nen Tag und Nacht ein furcht­ba­rer Ge­stank herrsch­te. Er lausch­te dem Jam­mern der Kran­ken und Ster­ben­den, die mit ihm das Rat­ten­loch be­völ­ker­ten, lausch­te dem Schrei­en und dem Strei­ten der Glas-, Alt­pa­pier- und Kno­chen- und Me­tall­samm­ler und dem jä­hen, schwa­chen Ra­scheln im Dreck, dem has­ti­gen Trip­peln win­zi­ger Fü­ße. Er fürch­te­te die Rat­ten nicht, denn es gab nicht sehr

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