Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
spran­gen auf den Tisch, hech­te­ten mit­ten durch das bunt­ver­glas­te But­zen­schei­ben­fens­ter und spiel­ten ‚Ab durch die Mit­te*. Wir fie­len auf die stin­ken­den Müll­ton­nen, die auf dem Hin­ter­hof rum­la­gen, und die Le­der­män­ner dreh­ten durch, als sie das sa­hen. Aber blöd wie sie wa­ren, hat­ten sie nicht da­mit ge­rech­net, daß in uns noch ein Le­bens­fun­ke glüh­te, der uns auf­recht hielt und sag­te, daß es jetzt an der Zeit war, die Flie­ge zu ma­chen.
    Und das ta­ten wir dann auch, Van Damm; er­in­nerst du dich? Wir kro­chen durch den Müll, wisch­ten uns glit­schi­ge Es­sens­res­te vom Ge­sicht, schlu­gen uns durch Hinter­hö­fe voll jau­len­der Kat­zen und pfei­fen­der Rat­ten und ka­men ir­gend­wie aus dem Häu­serd­schun­gel raus. Im Stadt­park schlu­gen wir uns dann in die Bü­sche.
    Der Mond schi­en in die­ser Nacht, Van Damm, wahr­haf­tig, al­ter Jun­ge, aber das wirst du nicht mehr wis­sen, denn er war zwi­schen all den bunt­schil­lern­den che­mi­schen Nacht­wol­ken nur so groß wie ei­ne Lie­bes­per­le, und au­ßer­dem warst du zu aus­ge­pumpt, um dich von der­lei Na­tur­phä­no­me­nen be­ein­dru­cken zu las­sen. Wir hat­ten an die­sem Abend, be­vor wir in die Ka­schem­me ge­flüch­tet wa­ren, aus­ge­macht, daß wir aus Nord­rhein ver­schwin­den woll­ten, nicht wahr? Wir hät­ten uns den Le­der­män­nern mög­li­cher­wei­se gar er­ge­ben, wenn wir wei­ter­ge­sof­fen und un­se­re letz­ten Kräf­te auf die­se Art ver­geu­det hät­ten. Aber die che­mi­sche Keu­le hat­te uns Angst ge­macht. Wir woll­ten nicht auf die­se Art kre­pie­ren, mit her­aus­hän­gen­der Zun­ge, her­vor­quel­len­den Au­gen, blu­ten­der Na­se und Schaum vor dem Mund. Des­we­gen türm­ten wir, Van Damm, und hat­ten noch mal Glück, auch wenn wir waf­fen­los wa­ren und nie­mand einen Pfif­fer­ling um un­ser Le­ben ge­ge­ben hät­te.
    Nord­rhein be­fand sich in die­ser Nacht in ei­nem Rie­sen­aufruhr. Die Le­der­män­ner mach­ten Jagd auf al­les, was sich im Zen­trum be­weg­te, und über­all brann­ten große Feu­er. Wir hat­ten das na­tür­lich vor­aus­ge­se­hen, aber daß es dann so­weit kom­men wür­de, hat, glau­be ich, nie­mand ge­ahnt.
    Weißt du noch, Van Damm, wie wir durch das aus­ge­trock­ne­te Wup­per­be­cken wa­te­ten, ein schmut­zi­ges Ta­schen­tuch vor der Na­se, ver­dreckt und schwit­zend, den Ge­stank fau­len­der Ab­fal­le auf der Zun­ge? Wir sind schließ­lich ir­gend­wo wie­der an Land ge­krab­belt, in ei­ner si­che­ren Ecke, wo die Au­towracks sich türm­ten und ein halb im Schlamm ver­gra­be­ner Las­ter lag, ob­wohl du in­zwi­schen auf die Schnau­ze ge­fal­len warst und mich an­ge­fleht hat­test, ich sol­le al­lei­ne wei­ter­ge­hen. Aber das konn­te ich ei­nem wie dir nicht an­tun, Van Damm; nicht dir, mit dem ich jah­re­lang im Un­ter­grund war und von dem ich die bes­ten Über­le­bens­tips be­kom­men hat­te. Wir wür­den ent­we­der bei­de durch­kom­men oder zu­sam­men drauf­ge­hen, sag­te ich mir, des­we­gen nahm ich dich auf den Rücken und schlepp­te dich auf die Stra­ße, von der wir schließ­lich in der halb­zer­fal­le­nen Rei­fen­fa­brik Un­ter­schlupf fan­den.
    Mensch, Van Damm, es war wirk­lich kei­ne Nacht, die man in Bil­der­bü­chern be­schrie­ben sieht. Wir tau­mel­ten durch ein Meer piep­sen­der Rat­ten, such­ten uns im ers­ten Stock ei­ne Blei­be, an die die Bies­ter nicht ran­ka­men und hauten uns hin … Du sahst aus wie ei­ne Lei­che, Van Damm, und schliefst so­fort ein. Dein Ge­sicht war weiß wie Schnee und dei­ne Na­se spitz wie ei­ne Spin­del. Dein Atem ras­sel­te, was mir klar­mach­te, daß du von dem che­mi­schen Dreck mehr ab­ge­kriegt hat­test, als du zu­ge­ben woll­test und gut für dich war. Du hast im Schlaf im­mer nur rum­ge­zuckt.
    Ich blieb auf, weil ich zu auf­ge­kratzt war, um schla­fen zu kön­nen. Ich schau­te durch ein Loch nach drau­ßen und sah mir die Pa­trouil­len an, die mit Pan­zer­wa­gen durch die ver­rot­te­ten Stra­ßen fuh­ren. Ich sah mir auch den Mond an, der sich in die­ser Nacht wahr­haf­tig an­schick­te, die drei­mal ver­fluch­ten Wol­ken­bän­ke zu durch­sto­ßen, und einen

Weitere Kostenlose Bücher