Metropolis brennt
blassen Schimmer auf die Erde warf.
Die Ledermänner auf der Straße unterhielten sich. Sie fühlten sich topfit und sicher. Es war warm draußen, und irgendwie kam mir das alles plötzlich sogar gemütlich vor. Ich hatte keine Ahnung, daß sie schon in dem Haus waren, Van Damm. Erst als ich meinte, ich sollte jetzt auch eine Mütze voll Schlaf nehmen, wenn ich das Tageslicht (von der Sonne zu reden, wäre, glaube ich, blasphemisch) noch mal sehen wollte, krochen sie aus ihren Verstecken und fielen über uns her.
Sie machten uns zur Schnecke, Van Damm, weißt du noch? Du warst zwar ziemlich weg vom Fenster, aber das wirst du ja auch gespürt haben. Sie schleppten uns auf die Straße, warfen uns in einen Käfigwagen und brachten uns in diesen naßkalten Keller, wo schon Dutzende von anderen hockten, die nur noch Schatten ihrer selbst waren. Der Traum war aus für uns. Es war nichts mehr mit Aussteigen. Wir waren wieder in der Mühle drin.
Ja, Van Damm, es war ein ungutes Erwachen für uns, als sie uns am nächsten Morgen vor die Verhörkommandos schleppten, die sich zunächst mit Freundlichkeiten („Wir brauchen ’nen Kronzeugen, Mann, und Sie sehen ganz so aus, als könnten Sie das werden.“), dann mit Drohungen („Also, wenn du jetzt nicht auspackst, Kumpel, kann ich für nix mehr garantieren.“) und schließlich mit Gewalttätigkeiten alle Mühe gaben, das aus uns rauszuholen, was sie wissen wollten.
Ich habe dichtgehalten, Van Damm, bei Gott; denn ich wußte, sie hätten uns keine Chance mehr gegeben, wenn ich geredet hätte. Ich weiß nicht mehr, wie ich diesen Tag überlebt habe, Van Damm, nach allem, was sie mir antaten, und der Jauche, die sie mir zu trinken gaben. Irgendwie habe ich ihn überstanden. Ich weiß nicht wie, aber vielleicht einfach deswegen, weil ich einen harten Schädel habe und nie besonders redselig gewesen bin.
Weißt du noch, Van Damm, wie sie uns trennten? Wie sie in die Zelle kamen und wir dachten, jetzt hat unser letztes Stündlein geschlagen, nun werden sie uns die Knochen einzeln zerbrechen? Daß sie es nicht taten, Van Damm, war unser Glück, das sage ich dir. Du kannst nicht wissen, was sie mit mir machten, weil du sofort weg warst, aber ich weiß es, alter Junge, und ich werde es wohl auch nie vergessen.
Sie haben so ihre Methoden, weißt du? Daß sie einem die Knochen brechen, kommt nur vor, wenn irgendein untergeordneter Dienstgrad was auf eigene Faust rauszubekommen versucht. Wenn Offiziere dabei sind, Van Damm, geht es anders. Ich will nicht viel darüber reden, weil es zu schrecklich war und ich mich nicht gerne daran erinnere. Ich sage nichts, Van Damm, keine Sorge. Nur soviel: Es war die Hölle. Ich verlor ein dutzendmal die Besinnung und dann ein Auge. Ich habe keinen Zahn mehr, Van Damm, aber das hat nichts damit zu tun, daß man mir die Zähne etwa ausgeschlagen hätte. Sie haben sie mir einfach gezogen, weißt du, obwohl sie noch ganz gut waren, und ich, wie du weißt, nie die Hilfe von Zahnklempnern vorher in Anspruch hatte nehmen müssen.
Sie wollten alles von mir wissen, Van Damm; alles, was die anderen Kopf und Kragen gekostet hätte. Sie wollten Namen wissen, Verstecke, welche Waffen wir hätten und wer uns mit Papieren versorge, wo unsere Treibstofflager seien und unsere Druckereien, wer unsere Kontaktleute in den Ledermann-Revieren und den Computerzentren seien, wer uns bezahlte und so weiter. Wer uns bezahlte!
Ich hätte mich totlachen können, Van Damm, wäre es nicht so entsetzlich geschmacklos gewesen. Sie haben sich alle Mühe gegeben, Van Damm, das kannst du mir glauben. Ich war mehrmals drauf und dran, mit allem Schluß zu machen und ihnen reinen Wein einzuschenken – aber immer, wenn ich meinte, jetzt hast du die Grenze deiner Belastbarkeit erreicht, fielen mir die anderen ein,
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