Metropolis brennt
Augenblicken der Gefahr, telepathiert sie, müssen die Schwachen zusammenhalten. Das Leben der Prols wird sich gravierend ändern. Auch ohne die Rückkehr der Marodeure. Plünderungen sind unnütz. Sie lassen nur vergessen, daß von den Hängen in Zukunft nichts mehr ins Tal geliefert wird. Ratten und Prols haben die gleichen Interessen. Es geht nicht nur ums Überleben, sondern auch um die Erhaltung der Kultur und der abendländischen Zivilisation. Dank meiner bescheidenen Fähigkeiten gelang es mir, die höchsten Bildungsgüter Westeuropas in meinem Gehirn zu speichern.
Pike ist der telepathischen Ratte ganz nah. Der herbe Geruch läßt ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Fast meint sie, die Würze von Rattenfleisch auf ihrem Gaumen zu schmecken. Sie greift unter ihre Bluse. Das Brotmesser ist kühl in ihrer Hand. Die telepathische Ratte quiekt, läßt die Karotte fallen und rennt auf allen vieren davon. Hunnen! Barbaren! schreit sie mit ihrer Gedankenstimme. Nihilisten! Sie wollen Hamlet verzehren. Die Was dünsten. Das Kapital schmoren. Faust grillen …
Pike beginnt zu laufen. Die Spur der telepathischen Ratte ist gut zu erkennen, und die Sonne wird noch einige Stunden lang ausreichend Licht spenden. Wie die knochenharten Burschen von der Raumfahrtbehörde ist Pike niemals zum Aufgeben bereit. Sie ist jung und lebenshungrig, und der Geschmack von Rattenfleisch wird immer intensiver.
„Dies ist die letzte Sendung“, sagt der Astrogeologe in das Mikrofon hinein. Seine Augen sind unscharf, und seine Stimme klingt heiser. Alkoholdunst hängt in der Funkkabine. Auf dem Klapptisch stehen zwölf Plastikbehälter. Sie sind bis zum Rand mit verschiedenfarbigem Staub gefüllt. Seit Stunden werden die kostbaren Wasservorräte zum Aufgießen der Instantmenschen verschwendet. Kein Versuch hat zur Herausformung einer Frau geführt. „Dies ist die letzte Sendung, ihr Affenärsche“, sagt der Astrogeologe undeutlich. „Die Biochemiker fielen einem Massaker zum Opfer. Der sexuelle Frust benötigte ein Ventil. Unser Leben auf Io ist nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Alles, wonach uns verlangt, ist eine Frau. Vielleicht haben die Experimente mit den Instantmenschen doch noch Erfolg. Wenn nicht, werden wir unsere herkömmlichen Anschauungen über das Familienleben drastisch revidieren müssen. Gott stehe uns bei!“
Der Astrogeologe schaltet das Funkgerät aus und wendet sich den Plastikbehältern zu. Die chronopathischen Halluzinogene, die sich in seinem Blutkreislauf befinden, erzeugen wieder einmal überraschende Nebenwirkungen. Der Astrogeologe hört den telepathischen Todesschrei einer großen Ratte. Die Dinge auf der Erde scheinen auch nicht besser als hier oben auf Io zu stehen.
Mit bedächtigen Bewegungen schüttet er den Inhalt des ersten Plastikbehälter aus und übergießt den Staub diesmal mit Wodka.
Robert Sheckley
Beinahe ein Paradies STREET OF DREAMS, FEET OF CLAY
1
Carmody hatte niemals wirklich vorgehabt, New York zu verlassen. Es bleibt unerklärlich, weshalb er es dann doch getan hat. Als in der Stadt Geborener hatte er sich doch mit den zahlreichen Unzulänglichkeiten des Stadtlebens abzufinden gelernt. Sein gemütliches Apartment auf dem zweihundertneunten Stock des Levit-Frack-Turms der West Ninetyninth Street war im derzeit üblichen Raumschiff-Look ausgestattet. Die doppelt versiegelten Fenster bestanden aus lebenslang haltbarem Plexiglas, und die Klimaanlage arbeitete über ein Filtersystem, das die Wohnung automatisch hermetisch abriegelte, wenn der Atmosphärische Gesamtverschmutzungsindex
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