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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Gift in einem fremden Körper.
    Heim, bitte hilf mir. Allein kann ich es nicht schaffen. Ich habe keine Erfahrung.
    Sie richtete ihre Gedankenstimme auf das Gift im Blutkreislauf des Außenweltlers. Sie begann aufzulösen. Aber sie zerstörte auch die elementaren Bestandteile des Blutes. Erschrocken hielt sie inne. Sie vernahm das Flüstern des Heims: als eine wispernde, allgegenwärtige Präsenz. Überraschung: Das Heim hatte Angst.
    Djuroth stöhnte nicht mehr. Er riß die Augen auf, und sein Oberkörper kam langsam in die Höhe.
    „Gefahr“, kam es von seinen aufgeplatzten, blutenden Lippen. „Große Gefahr …“
    „Djuroth!“ Tscherlan umfaßte die Schultern seines Bruders, wich aber sofort zurück. Die Haut war heiß, als brenne sie.
    Mayda stöhnte. Sie hatte die Augen geschlossen.
    „Große Gefahr … sie kommt näher, es gibt nur einen Ausweg … nur einen einzigen …“ Schaum trat vor seine Lippen. Seine Augenlider flatterten, dann sank er zurück und starb lautlos.
    Zwei oder drei Minuten lang herrschte Schweigen. Der Außenweltweise erhob sich stumm und löste Mayda vom Verbinder. Sie war bewußtlos. Sie war erschöpft.
    „Dein Bruder sprach von einer Gefahr“, sagte der Weise langsam, ohne Tscherlan dabei anzusehen. „Er sprach auch von einem Andersmenschen mit gelben Augen und gelben Haaren … jetzt ist er tot und kann uns nicht mehr sagen, was für eine Gefahr er gemeint hat.“
    Eine der beiden Frauen atmete tief durch und warf der schlafenden Mayda einen Blick zu. In ihren Augen spiegelte sich etwas Seltsames.
    „Was willst du damit sagen, Weiser?“ fragte Tscherlan.
    „Seit einigen Tagen sind unsere Fänge immer kleiner, die Gefahren aber immer größer geworden. Es kann ein Zufall sein, aber auch die Andeutung einer Wandlung. Jetzt ist dein Bruder tot. Und noch im Todeskampf ließ er uns eine Warnung zukommen. Das alles … es ist kein gutes Omen. Nein, bestimmt kein gutes Omen.“
    Er verließ den Warmkubus. Tscherlan war nachdenklich geworden. Die beiden Frauen blickten Mayda furchtsam an und verließen den Kubus dann ebenfalls.
    „Es tut mir leid“, sagte Mayda leise.
    „Was tut dir leid?“
    Sie blieb stehen und sah Tscherlan an. Sein Atem war eine weiße Fahne vor seinem Gesicht. Der Rochenpelz machte ihn dicker als er war. „Dein Bruder ist tot. Ich …“ Sie fröstelte und zog den Mantel enger um sich zusammen. Irgendwo waren Stimmen. Das leise Wispern des allgegenwärtigen Windes trug sie davon, körperlos, unsichtbar. „Du hast sehr an ihm gehangen, nicht wahr?“
    „Er war mein Bruder“, sagte Tscherlan. „Und er war noch mehr. Er war mein bester Freund. Es war jemand, mit dem man sprechen konnte.“
    „Ich verstehe.“
    „Mach dir keine Gedanken, kleine Mayda. Es ist nicht deine Schuld. Du hast getan, was du konntest. Djuroth hat Pech gehabt, das ist alles. Das Leben im Draußen ist härter als in Innenwelt.“
    Sie setzten sich wieder in Bewegung. Rechts und links von ihnen ragten die Blüten der Kalttulpen auf. Rauhreif bedeckte die Blütenblätter. Außenweltfrauen – groß, stämmig, robust, Kälte und Gefahren gewöhnt – überprüften die Sammelbehälter dicht unter den Einschnitten im weichen Blumenstengel. In einigen befand sich Zähnektar, andere waren leer. Mayda spürte die Blicke, die an ihrem Rücken klebten. Sie alle wußten, was mit Djuroth geschehen war.
    „Der Außenweltweise sagte, es sei kein gutes Omen.“
    Tscherlan schnaufte und nahm sie bei der Hand. „Mach dir keine Gedanken“, wiederholte er. „Die Weisen sind ein wenig abergläubisch. Es liegt in ihrer Natur. Na ja, und was die Frauen angeht … sie hatten schon immer einen Hang zum Mystischen.“
    In Mulden und Einschnitten in der Außenborke des Heims hatte sich Nachtschnee verfestigt. Einige Außenweltler waren damit beschäftigt, diesen Schnee einzusammeln. Zusammen mit Himmelsplankton entstand daraus der auch in Innenwelt geschätzte und begehrte Außenweltwein: süß und zart, lieblich und gleichzeitig herb. Weiter rechts sah Mayda ein Zaungehege mit jungen Wolkenläufern. Sie waren von Jagdgruppen gefangen worden, und die Zucht sicherte die Fleischversorgung und den Handel. Heimtöchter verschiedenster Gestalt krochen über die dicke Borke des Heims, lokalisierten Kleinwunden und behandelten. Einige von ihnen bohrten auch ihre Hohldorne durch die Panzer- und Hornschichten und zapften die Existenzadern an. Eine Gruppe von Außenweltfrauen beobachtete sie. Später mochten sie

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