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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Mayda kannte die Zeichen, die sie an den Mänteln oder auf den Wangen trugen: Es waren Steuerer, Windmacher, Jäger, Fänger, Rochenreiter, Giftbanner, Contrabitter und viele andere.
    „Hier entlang“, sagte Tscherlan knapp und deutete auf einen bestimmten Warmkubus. Er schlug eine Plane aus Rochenhaut beiseite und trat ein. Drinnen war leises Stöhnen.
    „Djuroth?“ Vorsichtig trat Tscherlan an das Lager. Das Gesicht seines Bruders war mit braunen und grauen Pusteln bedeckt und schweißnaß. Er wälzte sich im Koma. Und manchmal formulierten seine aufgeplatzten Lippen kaum verständliche Silben. Mayda ließ sich dicht hinter Tscherlan auf dem Boden nieder. Sie schwieg. Außer Tscherlan und seinem Bruder waren noch zwei ältere Frauen und ein Außenweltweiser anwesend.
    „Djuroth …“ Tscherlan wandte sich den Frauen zu. „Was ist geschehen?“
    „Ein Fangunfall“, sagte eine. „Zusammen mit Drenth ist er zu einer Planktonwolke aufgestiegen. Sie haben sondiert und konnten keine Gefahren entdecken. Sie sind hineingeflogen. Doch im Innern hat sich ein Chamäleon verborgen. Sie haben die Gefahr zu spät bemerkt. Drenth ist tot. Und Djuroth ist von einer vollen Spuckladung des Chamäleons getroffen worden. Die Besatzung eines anderen Hohlbootes konnte es unschädlich machen, und sie brachte auch Djuroth hierher zurück. Wir mußten ihn gewaltsam von der Nervenverbindung mit dem Hohlboot lösen. Ich glaube nicht, daß er noch große Chancen hat.“
    Tscherlan sah in das Gesicht Djuroths. Die Pusteln wuchsen weiter.
    „Habt ihr es mit einem Giftbanner versucht?“
    „Ja“, sagte der Weise. „Wir haben nichts unversucht gelassen. Es ist bereits zu spät.“ Er versah Mayda mit einem rätselhaften Blick. „Seltsam …“
    „Was ist seltsam?“ knurrte Tscherlan.
    „Dieses Mädchen …“
    „Eine ehemalige Innenweltlerin, jetzt ans Draußen angepaßt.“ In knappen Worten schilderte er die Geschichte der beiden Kontakter.
    „Sie ist der Bittstimme mächtig?“ staunten die beiden Frauen, und der Weise murmelte: „Dein Bruder hat im Koma gesprochen.“ Sein Blick klebte an dem Antlitz Maydas. Sie wurde nervös. Sie fühlte sich unsicher. Und die Ausstrahlung des Weisen war … seltsam. „Er sprach von einem Andersmenschen, der auftauchen und Hilfe bringen kann. Er sprach von gelben Haaren und gelben Augen. Er sprach von einer Gefahr.“
    Tscherlan wandte sich unvermittelt zu Mayda um. „Kannst du ihm helfen? Kannst du deine Bittstimme einsetzen, um ihn zu heilen?“
    Sie schluckte und stellte unruhig fest, daß sie plötzlich Mittelpunkt des allgemeinen Interesses war. „Ich … ich weiß es nicht. Ich habe es nie versucht. In Innenwelt … ich durfte es nicht. Ich durfte nicht einmal zum Heim sprechen. Ich habe es nie versucht.“
    „Hat er so noch eine Chance?“ fragte Tscherlan den Weisen. Der schüttelte den Kopf. „Nein, keine.“ Djuroth stöhnte. Einige der Pusteln waren aufgeplatzt. Eine eitrige Flüssigkeit sickerte heraus. Es stank.
    „Mayda? Du bist seine einzige Chance …“
    „Ich … ich habe es nie versucht …“
    „Dann versuche es jetzt!“ Er sah sie an. Sie blickte zu Boden. „Ich brauche einen Verbinder.“
    Der Weise erhob sich. „Ich werde sofort einen holen. Sie werden von unseren Contrabittern und Steuerern benutzt. Einer müßte verfügbar sein.“ Er verließ den Warmkubus. Mayda blickte auf die Geschwüre in Djuroths Gesicht. Sie nahm die Hoffnung Tscherlans als einen warmen Schatten inmitten seiner Gedanken wahr. Er hing sehr an seinem Bruder.
    „Und wenn ich nicht helfen kann …?“
    „Dann haben wir wenigstens alles versucht.“ Er nahm einen Weichlappen und betupfte damit Djuroths Stirn. Er stöhnte leise. Der Lebensfunke in ihm begann zu erlöschen. Sie hatten nicht mehr viel Zeit.
    Der Weise kehrte mit einer Heimtochter zurück, einem amorphen Geschöpf, das er bequem mit beiden Händen umfassen konnte. Es bewegte sich leicht, und dicht unter der halbtransparenten Haut konnte man das in den Adern pulsierende Blut erkennen. Mayda nahm den Verbinder entgegen und sprach leise mit der Bittstimme auf ihn ein. Er reagierte. Winzige Auswüchse bildeten sich und bohrten sich schmerzlos in ihre Haut. Aus zwei Blutkreisläufen wurde einer.
    Mayda schmeckte, hörte, fühlte, sah und roch mit anderen Sinnen. Sie bewegte sich. Ein weiterer Faktor fehlte noch. Andere Hohldorne verbanden sich mit einem dritten Stoffwechselsystem. Sie spürte Auflösung und schmeckte das

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