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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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stellte fest, daß der Koch ein Meister war. Fräulein West führte den Vorsitz an der Tafel, obgleich sie und der Steward sich gar nicht kannten, arbeiteten sie doch glänzend zusammen. Nach der Art, mit der er bei Tisch bediente, hätte man glauben sollen, daß er seit vielen Jahren Diener in ihrem Hause war und sie genau kannte.
    Der Lotse nahm sein Essen im Kartenhaus ein, so daß wir bei Tisch nur die vier waren, die während der langen Reise zusammen essen sollten. Kapitän West und seine Tochter saßen einander gegenüber, während ich rechts vom Kapitän und Pike gegenüber saß. Fräulein West saß also rechts von mir, aber um die Tischecke.
    Pike hatte sich feingemacht und eine schwarze Jacke angezogen, die wie ein faltiger Sack über den mächtigen Muskeln hing, mit denen sein krummer Nacken gepolstert war. Er sprach während des ganzen Essens kein Wort. Er hatte indessen zu viele Jahre am Tisch des Kapitäns gesessen, als daß seine Manieren nicht in jeder Beziehung tadellos gewesen wären. Zuerst glaubte ich, daß er sich durch die Anwesenheit Fräulein Wests eingeschüchtert fühlte. Später wurde mir jedoch klar, daß es die Anwesenheit des Kapitäns war, die diesen Druck ausübte. Kapitän West hatte nämlich eine besondere Art ihm gegenüber, die ich allmählich kennenlernte. So fern Pike und Mellaire den Matrosen standen, einfach weil sie von ganz anderer, höherer Art waren, ebenso fern stand Kapitän West seinen Offizieren. Er war unbedingter Aristokrat, durch und durch Aristokrat.
    Andererseits behandelte Kapitän West mich als einen gesellschaftlich vollkommen Gleichgestellten. Ich war ja freilich auch sein Passagier. Fräulein West behandelte mich in derselben Weise, war aber dem Steuermann gegenüber viel entgegenkommender als ihr Vater. Und Pike antwortete ihr höflich mit »Ja, gnädiges Fräulein« und »Nein, gnädiges Fräulein«, während er mit guten Manieren aß und mich mit seinen durchdringenden blauen Augen unter den buschigen Brauen betrachtete. Ich meinerseits betrachtete ihn auch prüfend. Trotz seiner brutalen Vergangenheit hatte ich doch Zuneigung für diesen Mann. Er war anständig und aufrecht. Aber mehr noch als das gewann mich für ihn sein knabenhaftes Lachen, das er hören ließ, als ich eine lustige kleine Geschichte zum besten gab. Kein Mann konnte so lachen und dabei ganz schlecht sein. Ich war froh, daß er und nicht Herr Mellaire mir gegenübersaß und mit uns zusammen aß.
    Fräulein West war heiter, lebhaft, erfrischend. Ich bemerkte abermals, daß das feine, fast zarte Oval ihres Gesichtes nicht ganz mit ihrer Gestalt übereinstimmte. Sie war nämlich in Wirklichkeit ein durchaus kräftiges und gesundes Mädchen, ihre Formen hatten bei aller Schlankheit doch die schwellende Rundung lebendiger Kraft. Als ich ihr Gesicht näher betrachtete, entdeckte ich auch, daß es lediglich die Linien des Ovals selbst waren, die es so zart erscheinen ließen. Es war zwar fein, aber nicht schwächlich. Ihr Hals selbst war wie eine schöne gerade weiße Säule. Selbst ihre Hände zogen meine Aufmerksamkeit auf sich – sie waren nicht klein, aber wohlgeformt, weiß und stark und gepflegt.
    Fräulein West erzählte, wie unerwartet ihr die ganze Reise gekommen sei – sie erklärte ihren Entschluß als eine reine Laune. Während sie sprach, rechnete ich in Gedanken aus, wie viele wirklich leistungsfähige Menschen sich auf der Elsinore befanden. Es waren Kapitän West und seine Tochter, die beiden Steuermänner, dann selbstverständlich ich selbst und Wada sowie der Steward und endlich – ganz ohne Zweifel – der Koch. Die Zahl der Leistungsfähigen betrug also acht, aber davon waren freilich der Koch, der Steward und Wada Diener und keine Seeleute, und Fräulein West und ich Überzählige. Für die Arbeit selbst blieben also nur drei – drei von einer Schiffsbesatzung von fünfundvierzig Mann. Ich zweifelte nicht, daß es noch andere gab, die etwas leisten konnten, denn es erschien mir ganz unmöglich, daß mein erster Eindruck von der Mannschaft richtig sein sollte. Übrigens war ja auch der Zimmermann da – er war auf seinem Gebiet vielleicht ebenso tüchtig wie der Koch. Endlich mochten noch die beiden Segelmacher hinzukommen, die ich noch nicht gesehen hatte.
    Kurz darauf begann ich – noch bei Tisch – keck von dem zu erzählen, was mich besonders interessierte und meine unumschränkte Bewunderung erregt hatte, nämlich, wie meisterhaft Pike und Mellaire sich die

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