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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Herrschaft über diese traurige Mannschaft gesichert hatten. Als ich zu der Geschichte auf dem großen Luk kam, wo Pike Larry in die Luft geschleudert hatte… und zwar nur mit einem Klaps von seinen Fingerspitzen… sah ich einen warnenden, fast drohenden Ausdruck in den Augen des Steuermanns. Nichtsdestoweniger fuhr ich in meiner Erzählung fort und beschrieb das ganze Erlebnis.
    Als ich geendet hatte, herrschte Schweigen, Fräulein West beschäftigte sich eifrig mit einer kupfernen Kaffeemaschine. Pike war im höchsten Maße in die interessante Tätigkeit des Nüsseknackens vertieft, vermochte aber doch nicht ein ganz leises schalkhaftes Aufleuchten seiner Augen zu verbergen. Kapitän West hingegen sah mir in die Augen – aber, mein Gott, aus welcher Ferne! Seine blauen Augen waren so klar, seine Stimme so sanft und leise wie je.
    »Es gibt eine einzige Regel, die ich Sie freundlichst zu befolgen bitte, Herr Pathurst – wir reden nie von der Mannschaft.«
    Das war eine tüchtige Backpfeife für mich. Und mit dem ausgesprochenen Gefühl, ein Leidensgenosse Larrys zu sein, beeilte ich mich zu bemerken: »Es war durchaus nicht die disziplinäre Seite, sondern die Kraftleistung an sich.«
    »Die Mannschaft macht uns Mühe genug, so daß wir nicht nötig haben, uns auch noch von ihr zu unterhalten, Herr Pathurst«, fuhr Kapitän West so ruhig und ungestört fort, als hätte ich überhaupt nichts gesagt. »Die Behandlung der Mannschaft überlasse ich meinen Offizieren. Das ist ihre Sache, und sie wissen genau, daß ich hier keine überflüssige Härte dulde.«
    Über das harte Gesicht Pikes flog der fast unmerkliche Schatten eines ironischen Lächelns, während er scheinbar teilnahmslos das Tischtuch betrachtete. Fräulein West lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema und brachte uns bald zum Lachen durch die witzige Art, wie sie einen Streit mit einem Droschkenchauffeur in Boston erzählte.
    Nach dem Essen ging ich in meine Kabine, um mir Zigaretten zu holen, und benutzte die Gelegenheit, um Wada über den Koch auszufragen. Wada war nämlich stets mit Neuigkeiten versorgt.
    »Er heißen Louis«, erzählte er. »Er Chinamann. Nein – eigentlich nur halb Chinamann. Andere Hälfte Englischmann. Sie wissen, Napoleon langer Zeit Insel gelebt und tot dieser Inselland?«
    »Sankt Helena«, antwortete ich.
    »Richtig. Dort Louis geboren. Er sprechen guter Englisch.«
    In diesem Augenblick kam Mellaire vom Deck in die Kabine herunter, nachdem er vom Steuermann abgelöst worden war. Auf dem Wege nach dem großen Raum im Heck, wo er zu tun hatte, kam er an meiner Kabine vorbei. Sein Gruß, »guten Abend, Herr Pathurst«, klang würdevoll und höflich, und doch war mir der Mann unsympathisch. Selbst wenn er mit mir sprach und liebenswürdig lächelte, hatte ich das Gefühl, daß etwas in der Tiefe seines Gehirns mich prüfend überwachte und erforschte, etwas Feindliches und Drohendes. Und irgendwie erinnerte er mich an die drei Männer, die als letzte aus dem Vorderkastell aufgetaucht waren und die Pike in Behandlung genommen hatte.
    Hinter Mellaire trottete ein schüchternes und verlegenes Wesen mit dem Gesicht eines etwas blöden Jungen und dem Körper eines Riesen. Seine Füße waren fast noch größer als die des Steuermanns, aber die Hände – ich warf einen schnellen Blick auf sie – doch nicht ganz so groß wie die Pikes.
    Als die beiden an mir vorbeigegangen waren, sah ich Wada fragend an.
    »Er Zimmerbaas. Er schaffen zweiter Tisch. Sein Name sein Lavroff. Steward sagen, er sehr viel jung für Zimmerbaas. Vielleicht zweiundzwanzig Jahren. Vielleicht auch dreiundzwanzig.«
    Als ich meinen Kopf dem geöffneten Bullauge über dem Schreibtisch näherte, hörte ich wieder das Glucksen und Schwappen des Wassers. So ruhig und lautlos bewegte sich das Schiff vorwärts, daß man, wenn man am Tische saß, nicht auf den Gedanken kam, daß man sich nicht auf festem Boden befand. Ich war immer nur auf Dampfern gereist, und ich konnte mich eben nur schwer daran gewöhnen, daß es hier keine Schraube und daher auch nicht das unaufhörliche Zittern des Schiffskörpers gab.
    »Nun, und was meinen Sie«, fragte ich Wada, der ebensowenig wie ich das Reisen auf einem Segelschiff kannte.
    Er lächelte höflich.
    »Ich wissen nicht recht. Vielleicht alles gut und schön. Vielleicht auch nicht. Wir sehen.«
    »Meinen Sie auch, daß es Krawall geben wird?«
    »Ich finden, Seemänner sein sehr komisch«, drückte er sich um die

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