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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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Doch alles Mögliche, was wir jetzt nicht unbedingt ausräumen wollten. Es würde Stunden dauern, bis Robert dieses Puzzle wieder zusammengesetzt hätte. Die Jungen standen ganz still mit ernster Miene und starrten wie gebannt auf unsere volle Ladung. Wir standen genauso still und abwartend daneben. Was würde jetzt kommen?
           Dann bemerkten wir, dass ihr Blick nur auf einer Kiste weilte, nur diese Kiste war für sie zum Objekt der Begierde geworden. Eine Kiste „Red Bull“. Sie nahmen eine Büchse aus dem Karton und hielten sie in den Händen, so als ob es eine Bombe wäre oder etwas, das sie noch nie vorher gesehen hatten und nicht definieren könnten. Sie untersuchten sie ganz genau und wollten wissen, was darin sei. Vielleicht doch Drogen oder ein Medikament? Robert versuchte mit Händen und Füßen zu erklären, dass es ein Getränk ist, das man trinkt, wenn man müde und erschöpft ist. Er hatte zwar zwei Jahre in Cabo gewohnt, sich aber hauptsächlich unter Deutschen aufgehalten und sich ansonsten mit Englisch verständigt, dass dort in der Touristenhochburg die zweite „Landessprache“ ist. Hier in der Wüste dagegen kamen wir damit nicht weiter. Da also unsere Verständigung in der spanischen Sprache so gut wie gar nicht funktionierte, konnte ich mich köstlich über seine Beschreibung amüsieren. Aber er muss es trotzdem sehr gut beschrieben haben, denn die Soldaten verstanden seine Gesten und waren auf einmal ganz wild nach diesem Powerdrink. Nichts anderes war mehr interessant, selbst die Suche nach Waffen und Drogen war kein Thema mehr. Das war alles nicht mehr wichtig, denn sie wollten nur noch diese Büchsen und Robert gab ihnen zwei davon. Wir dachten, nun hätten wir unsere Ruhe und könnten weiterfahren, doch das war ein Irrtum! Die zwei Soldaten gaben uns zu verstehen, dass da ja noch zehn andere Kameraden im Stützpunkt auch sehr müde und erschöpft seien. Wir wollten zwar nicht die ganze Mannschaft versorgen, aber das war immer noch besser, als das Auto auszuräumen. Bei „Red Bull“ denken wir daher nicht an Flügel, sondern daran, wie es uns vor einer langen Durchsuchung unseres voll bepackten Jeeps retten konnte. So einfach ist es manchmal und es wäre schön, wenn solche Büchsen immer die Lösung für die Probleme des Lebens sein könnten.
           Ohne dieses Getränk und mit wenig Benzin im Tank konnten wir nun in der Hoffnung auf eine Tankstelle weiterfahren. Die kam auch und mit den letzten Tropfen Sprit rollten wir dort ein. Es war nicht das, was man sich vorstellte, denn es handelte sich nur um eine einzige Tanksäule ganz einsam in der Wüste. Glücklich, es endlich geschafft zu haben, wollten wir nun volltanken. Leichter gesagt als getan, denn es gab gerade kein Benzin. Der verschlafene Mexikaner sagte uns, dass der Tankwagen bald eintreffen würde. Nun war nur noch die Frage, was bald bedeutete. Nach nur zwei Stunden unfreiwilliger Pause kam er dann wirklich mit dem ersehnten Benzin für unseren Jeep. Dieser war nicht
           so begeistert von dem ungewohnten Getränk, aber hier gab es nur eine Sorte. Der Motor brummte danach sehr komisch und wir hofften, er würde es uns verzeihen, dass er so ein schlechtes Gebräu bekommen hatte. Weiter ging’s durch die einsame Wüste auf der gefährlichen Straße. Wie gefährlich diese sein kann, davon konnten wir uns alle paar hundert Meter selbst überzeugen. Denn immer wieder erinnerten Kreuze daran, dass hier ein Mensch bei einem Unfall gestorben war. Am Anfang unseres Weges hatte ich die Kreuze noch auf einem Zettel mitgezählt. Beim hundertfünfzigsten hörte ich damit auf, zu schockiert war ich, dass so viele Leben auf dieser Straße ausgelöscht worden waren.
           Es waren nicht nur einfache Kreuze, die am Rande standen, sondern sie wurden liebevoll geschmückt mit leuchtend bunten Kunstblumen und Kerzen. Manchmal erinnerte auch ein Grabstein an die Toten. Wenn es mich nicht innerlich so berührt hätte, dann wären die bunten Friedhöfe eine farbige Abwechslung zum Grau der Landschaft gewesen. Immer wieder fragte ich mich, wer wohl die Kerzen anzündete, die in der Einsamkeit ihr schwaches Licht leuchten ließen. Uns erschien es, als würden sie ewig brennen und immer an das entsetzliche Leid erinnern wollen. Richtige Blumen würden hier nur kurze Zeit überdauern, doch die Kunstblumen konnten lange ihren Glanz erhalten, auch wenn der Staub der Wüste einen grauen Schleier

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