Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
hitzige Debatte, aber Manuel bestand weiter auf seinem Geld. Bei der Diskussion merkten wir nicht, dass zwei von den Arbeitern gar nicht mehr bei uns waren. Irgendwann lenkte Manuel dann aber doch ein und war mit den tausend Dollar zufrieden, die wir ihm zahlten. Seine Arbeiter waren aber nicht nach Hause gefahren, sondern hatten sich ganz leise davongeschlichen, um ihr Tageswerk still und heimlich wieder zu zerstören. Alles was schon funktionierte, war wieder kaputt und wir standen am Nullpunkt. So hatten wir das Geld buchstäblich zum Fenster rausgeschmissen, für nichts bezahlt. Das war unsere erste Begegnung mit den Handwerkern in Mexiko, aber es sollte nicht unsere einzige bleiben.
Um nicht total zu verzweifeln, hatten wir uns wieder der weißen Farbe gewidmet. Wir konnten uns also nur auf das verlassen, was wir allein, ohne fremde Hilfe schafften. Wenn auch die Elektrik noch nicht funktionierte, so sollten doch wenigstens die Wände weiß sein. Eine Woche später lernten wir Victor kennen. Er versprach uns, gleich morgen mit den elektrischen Arbeiten zu beginnen. Wir hatten ja nun schon gelernt, dass das mexikanische „mañana“ nicht so wörtlich genommen werden darf, doch Victor kam tatsächlich am nächsten Tag. Das grenzte an ein Wunder! Viele Mexikaner leben nur von heute auf morgen und machen sich keine Gedanken, was danach kommt. Wenn ihr Geld noch bis zum nächsten Tag reicht, warum sollten sie dann heute schon eine Arbeit suchen? Bei Victor war nun gerade der Zeitpunkt gekommen, an dem er keinen Peso mehr in der Tasche hatte, und das war unser Glück. Mit der Zeit lernten wir: Wenn ein Arbeiter länger als einen Tag bei uns arbeiten sollte, dann bekam er nur so viel Geld, um bis zum nächsten Tag zu überleben, einen Tageslohn eben. Erst dann war es sicher, dass er wiederkam und weiterarbeitete. So war es auch bei Victor. Es gab aber auch Arbeiter, die verlangten Geld im Voraus, um notwendiges Material einzukaufen, aber von dem angeblichen Einkauf kamen sie nie wieder zurück zu uns. Wir erlebten aber auch andere Situationen, wie Mexikaner versuchten, uns Ausländer mit rührseligen Worten einzuwickeln, um Geld zu bekommen. Einer erzählte diese Geschichte: Seine Frau bekäme bald das vierte Kind und seine Familie hätte nichts mehr zu essen und zu trinken. Wobei die Betonung dann aber mehr auf Trinken zu legen ist. Natürlich keine Milch für die Kinder, sondern viel mehr etwas Alkohol für den armen verdurstenden Familienvater, der seine ganze Kraft bei der Zeugung seiner vier Kinder lassen musste und diese Stärkung dringend brauchte.
Aber Victor war ein anständiger Mexikaner und ist uns treu geblieben, sozusagen als Mann für alles. Nur kostete es etwas Mühe und Ausdauer, bis wir sagen konnten: Auf Victor ist immer Verlass! Jedenfalls lernten wir ganz schnell unser deutsches Denken hier in Mexiko in eine Schublade zu legen, denn damit kamen wir nicht sehr weit.
Kapitel 11
Nach ein paar Wochen sah das Haus schon etwas anders aus. Die Wände waren gestrichen, die Pumpen, Maschinen und technischen Geräte funktionierten, und alle Lampen erhellten unser Zuhause. An einigen Fenstern hingen auch schon die deutschen Gardinen, was mich mit besonderem Stolz erfüllte. So waren wir schon ganz zufrieden, aber ausruhen konnten wir uns noch lange nicht. Große Probleme bereitete uns noch der Swimmingpool. Er erstreckte sich in einer geschwungenen unsymmetrischen Form über die ganze Länge des Hauses und auf dem Grund waren bunte Delfine und Schildkröten in Form von Mosaiken eingearbeitet. So viel wusste ich aus Roberts Erzählungen, sehen konnte man diese nicht mehr, denn das Wasser war grün und von Algen durchsetzt. Es war hier am Ende der Wüste viel zu kostbar, um es einfach auszutauschen. Mit einer bestimmten Sorte Chlor hätten wir dieses Übel beheben können, aber das gab es nicht im Supermarkt. Victor, unser treuer Arbeiter und Helfer, kannte jedoch einen Mexikaner, der dieses Chlor verkaufte. Nach langem Suchen in den mexikanischen Wohnsiedlungen fanden wir dann auch Jorge. Eigentlich war es mehr der Geruch von Chlor, der uns zu seinem Haus führte.
Jorge und seine Frau Maria lebten mit ihren drei Kindern in einem für mexikanische Verhältnisse guten Haus aus Stein, umgeben von Zitronen-, Mango- und Papayabäumen. Das Haus war klein, aber der angrenzende Hof doppelt so groß, und auf den ersten Blick konnte man denken, das Gebäude als
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