Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
Internet bekamen und so wieder mit der ganzen Welt verbunden waren. Das hört sich sehr einfach an, war es aber überhaupt nicht. Wir mussten als Ausländer in Mexiko die Erfahrung machen, dass auch einfache Vorhaben sich zu einem mittleren Problem entwickeln können. In fast allen offiziellen Institutionen, also auch der Telefongesellschaft, wird nur Spanisch gesprochen. Die wenigsten Mexikaner, die nicht beruflich mit Touristen zu tun haben, sprechen Fremdsprachen. Großes Pech für uns. Aber Robert hat die Gabe, dass man ihn versteht, auch wenn er in einem Satz drei Sprachen vereint. Mir war es oft unbegreiflich, wieso andere Menschen ihn dabei verstanden. Robert gab also am Schalter der Telefongesellschaft folgenden Satz von sich: „My Telefon in my casa hat no trabajo and I need Internet, ganz schnell.“ Der Mexikaner dort am Schalter verstand weder Englisch noch Deutsch. Also waren bei ihm nur die Worte: „Telefon-Haus-keine-Arbeit“ angekommen. Aber er hatte eine schnelle Auffassungsgabe und war in der Lage, aus diesen wenigen Worten abzuleiten, dass wir einen Telefon- und Internetanschluss brauchten. Daraufhin bekamen wir einen Stapel Formulare, die wir ausfüllen mussten. Formulare waren für uns in Deutschland immer schon ein Horror, aber diese spanischen Papiere zu lesen und dann auch noch auszufüllen, war unmöglich. Eine junge Mexikanerin sah sofort, dass wir damit überfordert waren, und wollte uns helfen. Sie sprach perfekt Englisch und innerhalb kurzer Zeit konnten wir die Papiere vollständig wieder abgeben. Nachdem die Bürokratie dank ihrer Hilfe erledigt war, ging es dann sogar schneller als dies manchmal in Deutschland der Fall ist. Zwei Tage später hatten wir unseren Telefonanschluss und auch der Computer, den wir aus den USA mitgebracht hatten, war wieder online.
Endlich konnte ich wieder in meiner Heimat anrufen und berichten, was alles geschehen war und wie es uns ging. Eine Stunde sprach ich mit meinen Eltern und der Klang ihrer Stimme machte mich glücklich. Es war wunderbar und genauso wie früher, nur dass uns Tausende Kilometer trennten. Aber das spürte ich nicht. Sie waren einfach bei mir und ich bei ihnen.
Die folgenden Tage verbrachten wir dann damit, das Haus zu entrümpeln und zu säubern, den Fußboden und die Fenster von Staub und Dreck zu befreien. Jetzt wurde unser Blick immer klarer und die nächsten Aufgaben lagen eindeutig vor uns. Als Erstes mussten wir einkaufen und das war verhältnismäßig einfach. Cabo war inzwischen eine Großstadt, wir mussten also nicht mehr nach San Diego. Sprachkenntnisse sind dafür auch nicht groß erforderlich. Den Einkaufswagen kann man in jedem Land beladen und auch das Bezahlen an der Kasse kann fast ohne Worte geschehen, sofern man die Zahlen lesen kann. Aber manchmal können doch Komplikationen auftreten. Bei uns war es die Marmelade. Diese konnten wir in den Regalen einfach nicht finden. Was Marmelade auf Spanisch heißt, war uns unbekannt. Am Ende unseres Einkaufs standen wir in diesem kundenfreundlichen Land schließlich mit vier Angestellten und dem Filialleiter da, aber die Marmelade hatten wir immer noch nicht. Niemand konnte verstehen, was wir eigentlich suchten. Dabei heißt Marmelade auf Spanisch eigentlich nur „mermelada“.
Gegenüber anderen Dingen war die Marmelade aber bedeutungslos. Wir brauchten Matratzen, einen Herd, Waschmaschine, Geschirrspüler, Fernseher und so viele Sachen, die wir auch ganz allein in dem großen Supermarkt ohne fremde Hilfe finden konnten. Diese Dinge erweckten das tote Haus so ganz langsam wieder zum Leben, aber auch nur ganz langsam. Schritt für Schritt und jeden Tag ein wenig mehr. Unsere nächste Einkaufstour ging in einen Farbenladen und auch das verlief ohne Probleme. Dreißig Eimer weiße Farbe waren ganz einfach und schnell zu kaufen, aber es dauerte etwas länger, bis wir sie an die Wände gebracht hatten. Wochenlang war es unsere wichtigste Aufgabe, dieses große Haus in hellem Weiß erstrahlen zu lassen. Am schwierigsten waren die Räume, die in Lila oder Grün gestrichen waren, denn da deckte die Farbe nicht beim ersten Mal und wir mussten zum Teil zwei- oder dreimal die gleiche Wand bearbeiten. Wir verfluchten unseren Vorgänger, der meinte, diese Farben sähen in diesem Haus so toll aus. Am Tage malerten wir und am Abend bis in die Nacht hinein nähte ich neue Gardinen. Aus Deutschland hatten wir dafür dreihundert Meter farbigen Stoff
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