Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
mitgebracht, die neben unseren persönlichen Dingen sehr viel Platz in unseren Koffern beansprucht hatten.
Meine Pausen verbrachte ich am Computer, um im Internet nach Reiseagenturen zu suchen, die uns Gäste für die Villa vermitteln könnten. Wie wir das alles gleichzeitig geschafft haben, ist mir heute manchmal unbegreiflich. Außerdem waren ständige Besuche bei der Migrationsbehörde notwendig, um unsere mexikanische Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. In Mexiko darf man als normaler Tourist sechs Monate verweilen, aber als Inhaber eines FM3-Visums, welches wir brauchten, hatte man den Status eines Nichteinwanderers mit längerer Aufenthaltsgenehmigung und konnte ein Jahr lang im Land bleiben. Dieses musste jährlich neu beantragt werden. Viele Formulare galt es auszufüllen und nach einer gründlichen Prüfung der Behörden und einer langen Wartezeit wurden wir stolze Besitzer dieses Visums.
In dieser Zeit konnten wir nicht zielstrebig immer nur an einer Aufgabe arbeiten, sondern mussten mehrgleisig denken und unser Tun darauf ausrichten. Aber wir waren weiter besessen von unserem Ziel, und diese Besessenheit trieb uns an. Aber manches konnten wir wirklich nicht allein erledigen. Da waren komplizierte Elektroarbeiten an Pumpen für den Pool und den Whirlpool und die Verlegung der Wasserleitung. Aber wer konnte das tun? Zuverlässige Handwerker waren so schwer zu finden wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Durch Zufall trafen wir bei einem Einkauf den Elektriker, der damals beim Bau des Hauses die gesamten elektrischen Arbeiten übernommen hatte. Manuel hatte jetzt eine eigene Firma und wollte uns helfen. Gleich morgen, mañana, wollte er mit seinen Gehilfen anrücken und alles einbauen, anbauen und reparieren. Wir waren so glücklich wieder einen Schritt weiter zu kommen und außerdem war es unser erster Kontakt mit mexikanischen Handwerkern. Am nächsten Tag standen wir früh auf, um alles für Manuel und seine Leute vorzubereiten, damit alles reibungslos klappte. Wir warteten und warteten und warteten, aber die Handwerker kamen nicht. Das war die erste große Erfahrung, die wir hier in Mexiko machen mussten. „Mañana“ kann morgen bedeuten, muss es aber nicht. Es kann auch übermorgen, nächste Woche, noch viel später oder gar nicht bedeuten. Das zu begreifen war sehr schwer, denn es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass hier Pünktlichkeit genauso zählt wie in unserer Heimat. Nein, die Uhren gehen hier anders, und daran hatten wir uns zu gewöhnen. Während wir auf „mañana“ warteten, vertrieben wir uns wieder die Tage mit Malern, denn noch lange nicht erstrahlten alle Wände in hellem Weiß.
Irgendwann war der Tag gekommen und Manuel stand mit seinen Handwerkern vor der Tür. Es war der Tag, als wir gerade unseren Glauben an „mañana“ verlieren wollten, aber bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt. Dieser Tag verlief unglaublich und die drei Männer klotzten mit vollem Elan ran, und unser Glaube an die mexikanischen Arbeiter baute sich so ganz langsam wieder auf. Gegen Abend erreichten wir dann das große Finale: Die Pumpen liefen und auch alle Lampen im Haus leuchteten in der sich anbahnenden Abenddämmerung, erhellten die Räume und auch unser Gemüt. Das lange Warten geriet in Vergessenheit und wir waren total glücklich, wieder einen großen Schritt weitergekommen zu sein. Unsere Dankbarkeit sollten die fleißigen Mexikaner auch spüren und wir spendierten eine Runde Corona, welches als Spitzenbier Mexikos von allen geliebt wird. Wir lehnten uns entspannt zurück und genossen unseren Erfolg. Aber das Glück hielt nicht lange an, denn während wir zufrieden das Corona tranken, schrieb Manuel die Rechnung und schob sie dann ganz unauffällig zu uns rüber. Robert wollte gerade zu einem neuen Schluck ansetzen, aber dazu kam es nicht mehr. Seine ganze Aufmerksamkeit galt jetzt diesen Zahlen auf dem Blatt Papier. Alles Glück der letzten Minuten zerplatzte wie eine Seifenblase. Dreitausend Dollar für einen Tag Arbeit! Nur die Arbeit, ohne Material!
Ich sah, wie Robert erstarrte und sein sonnengebräuntes Gesicht furchtbar blass wurde. Das konnten und wollten wir auf keinen Fall zahlen. Wenn das die Preise hier waren, wäre es doch besser, wenn wir auch zum Elektriker umschulten und damit reich würden! Wir versuchten die Summe auf wenigstens tausend Dollar runterhandeln, obwohl das dann immer noch zu viel wäre. Es entstand eine
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