Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
die wir für die Hochzeit benötigten. Ja, die lagen zu Hause auf dem Tisch, einfach vergessen. Immerhin fragte er jetzt und nicht 100 km vor Las Vegas! Also wieder zurück, und da es nun schon so spät war, blieben wir die eine Nacht noch zu Hause. In der Morgendämmerung des nächsten Tages ging es ausgeruht, ohne Stress und ohne Pannen in Richtung Las Vegas. Vier Tage waren wir unterwegs. Die Strecke bis Los Angeles kannten wir ja schon und dort machten wir auch noch einmal Halt. Dann ging es weiter nach Las Vegas. Die Stadt, die niemals schläft, die Stadt der Schönen und Reichen, aber auch die Stadt der Gegensätze. Glitzer, Glamour, leuchtende überdimensionale Reklametafeln, die Tag und Nacht blinken, und ein pulsierendes Leben, das niemals ruht. Faszinierend sind die prunkvollen Hotels entlang des Las Vegas Strips, des weltbekannten Abschnitts des Las Vegas Boulevards, wo jedes Gebäude eine eigene, ganz besondere Note hat. Man hat das Gefühl, ständig an einem anderen Ort zu sein: Mal in Paris, dann in Venedig oder in den ägyptischen Pyramiden. Dann wieder am Strand oder auf einem alten Piratenboot. Ein Hotel reiht sich an das andere und jedes ist auf seine Art wunderschön. Solche Hotels habe ich nirgends sonst gesehen. Überall kann man dort verweilen, in den Geschäften bummeln oder sein Glück in einer der Spielhöllen finden oder auch alles verlieren. Hier in dieser Stadt der wahren und auch der falschen Liebe wollten wir heiraten.
Da wir einen Tag zu früh hier angekommen waren und unser reserviertes Zimmer im Sahara-Hotel noch nicht beziehen konnten, mussten wir uns eine Übernachtungsmöglichkeit suchen. Aber je später der Abend, umso komplizierter wurde diese Suche. Es war Wochenende und alles war ausgebucht. In einer dreckigen Absteige wurden wir fündig. Der Mensch am Empfang war ein furchterregend aussehender Transvestit. Das ist hier in Las Vegas keine Seltenheit, denn die verrücktesten und schrägsten Typen haben hier ihre Heimat gefunden. Und besonders die Außenseiter der Menschheit fühlen sich hier sehr wohl. Sie können ihr Anderssein ausleben, ohne aufzufallen. Wir sollten noch eine Stunde warten, dann wäre unser Zimmer bezugsfertig. Es könnte aber auch länger dauern, weil die Polizei noch dort sei, um Spuren zu sichern. In meiner Fantasie malte ich mir nun die furchtbarsten Dinge aus und so lehnten wir dankend ab. Stattdessen verbrachten wir die Nacht auf dem Parkplatz vor diesem Motel in unserem Auto. In den frühen Morgenstunden wurden wir geweckt, als die Feuerwehr anrückte, um in diesem Motel einen Brand zu löschen. Das war wohl eine Fügung des Schicksals und wir waren erleichtert, diese Nacht auf dem Parkplatz geschlafen zu haben.
Dann endlich war unser Zimmer im Sahara-Hotel frei und schon in der Empfangshalle fühlten wir uns wie die Reichen der Reichen. Denn um sich so zu fühlen, ist es nicht unbedingt nötig, dazuzugehören. Besonders nicht in Las Vegas. Für eine Nacht bezahlten wir 23 Dollar und hatten Luxus ohne Ende. Am 25. Oktober 2005 war dann unser großer Tag. Eine kleine Kirche etwas am Rande der Stadt wartete auf uns und unser Versprechen: Ewig, bis dass der Tod uns scheidet, füreinander da zu sein. Jetzt und hier sollte sich unser großer Traum erfüllen. Ich war so glücklich und musste bei dem Gedanken lächeln, dass ich vor knapp zwei Jahren Robert gebeten hatte, sich nie wieder bei mir zu melden. Nun standen wir beide also in dieser kleinen Kirche in Las Vegas, um das „JA“ für unsere gemeinsame Zukunft auszusprechen. Mit einer gemieteten Limousine fuhren wir beide ganz aufgeregt zu der kleinen Chaple. Nachdem wir den bürokratischen Akt mit allen notwendigen Papieren erledigt hatten, durfte Robert als erster die kleine Halle betreten, während ich allein auf dem Flur warten musste. Immer wieder sah ich in den großen Spiegel und zupfte an meinem langen,schwarzen Kleid, ordnete meine Haare und kontrollierte, ob die kleine weiße Spange in meiner Frisur hielt. Doch dann endlich öffneten sich beide Flügel der großen Tür und bei feierlicher Musik schritt ich zu meinem Bräutigam, der mich sehnsüchtig erwartete. Es war ungewohnt in den hohen weißen Pumps zu laufen, aber der Weg war kurz und dann hielt mich Robert fest an der Hand. Wir beide strahlten vor Glück. Noch glücklicher wäre ich gewesen, wenn Simone, Christian und meine Eltern auch in dieser kleinen,romantischen Kirche an unserer Zeremonie hätten teilhaben
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