Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
versicherte mir gleichzeitig, dass er mein Palmenbild für sein Hotel behalten wollte. Außerdem bekam ich eine Einladung von ihm. Er bot mir an, in seinem Hotel eine Ausstellung mit meinen Bildern zu gestalten.
Ich hatte mit meiner Kunst dazu beigetragen, dass jetzt an ein Kinderheim hier in Cabo San Lucas 950 Dollar gespendet wurden. Das machte mich glücklich, denn ich weiß, in welchem Zustand hier solche Einrichtungen sind, da wird jeder Peso oder Dollar dringend benötigt. Und nun brauchte ich doch keine Tarnkappe mehr, um unsichtbar den Saal zu verlassen. Zusammen mit Nora und Franz genossen wir dann den entspannten, gemütlichen Teil des Abends und ich befand mich vollkommen im Freudentaumel. Neben der Anerkennung für mein Bild und der großzügigen Spende des Amerikaners war ein weiterer Höhepunkt des Abends, dass wir viele neue Menschen kennenlernen konnten, darunter auch die anderen mexikanischen Maler. Diese beglückwünschten mich und konnten es auch nicht so recht fassen, warum mein Bild solch einen Preis erzielt hatte. Mir war das auch schleierhaft, aber das sagte ich natürlich nicht in der Öffentlichkeit. Ich weiß nur, dass der Geschmack der Menschen sehr unterschiedlich ist und manchmal auch für mich nicht nachvollziehbar.
In den folgenden Jahren hat es mich immer wieder gewundert, wieso ich Bilder verkaufen konnte, die in meinen Augen nicht gut waren und bei denen ich schon darüber nachgedacht hatte, sie zu übermalen. Andere Bilder, an denen ich wochenlang gearbeitet hatte und die wirklich wunderschön waren, besitze ich bis heute, denn außer mir begeisterte sich niemand dafür. Dieser Abend, die Wohltätigkeitsveranstaltung vom „Roten Kreuz“, war ein entscheidender Tag in meinem mexikanischen Leben und der Anfang meiner Karriere als Malerin in diesem fremden Land. Hinzu kam, dass ich die einzige deutsche Malerin hier in Cabo San Lucas war. Diese exotische Stellung öffnete mir bald sämtliche Türen und so begann die Erfüllung meines Traumes. Doch zunächst erfüllte sich ein ganz anderer Traum.
Kapitel 22
Die letzten Tage vor meiner Abreise nach Deutschland im Dezember 2005 vergingen rasend schnell. Ich freute mich so sehr, meine Heimat und vor allem meine Familie endlich wiederzusehen. Ich hatte wahnsinnige Sehnsucht nach meinen Eltern und Kindern. Doch der Abschied von Robert fiel mir unwahrscheinlich schwer. Obwohl ich wusste, dass wir uns in drei Wochen wiedersehen würden, konnte ich mit dem Gefühl nicht klarkommen, so lange Zeit ohne ihn zu sein. Für Robert war es noch schwerer, denn ich ließ ihn hier ganz allein mit dem großen Haus zurück. Die Zeit, die uns bis zu meiner Abreise noch blieb, konnten wir nicht richtig genießen.
Der Schmerz der Trennung war so allmächtig, dass wir ihn nicht verdrängen konnten. Immer wieder beschäftigte mich dieser Zwiespalt: Ich wollte mit ihm zusammen sein, aber ich wollte auch meine Familie wiedersehen. Mit dieser Zerrissenheit musste ich nun lernen zu leben, denn das ist der Preis, wenn man in einem fernen Land lebt. Robert war die letzten Tage vor meinem Abflug kein Mensch mehr, er litt jetzt schon furchtbar und ich konnte ihn auch kaum trösten. Er war so unendlich traurig und konnte sich nicht vorstellen, wie er die Zeit ohne mich überstehen sollte. Sicherlich war es für mich einfacher, denn auf mich wartete meine Familie, aber er blieb allein hier zurück. Händchen haltend und eng aneinander gekuschelt verbrachten wir die letzten Nächte fast schlaflos und selbst auf der Fahrt zum Flughafen wollten wir uns nicht loslassen. Dann standen wir beide eng umschlungen mit Tränen in den Augen da. Man hätte denken können, es sei ein Abschied für immer und wir würden uns nie im Leben wiedersehen. Diesen Eindruck mussten wir wohl erwecken, aber was andere Menschen dachten, war uns in diesem Moment so egal. Dann kam der letzte Aufruf zum Check-in und diesen Gang musste ich jetzt allein gehen.
Als ich im Flugzeug saß, hatte ich immer noch Robert vor meinen Augen, wie er immer kleiner und der Abstand zwischen uns immer größer wurde. Mit beiden Händen winkend, mir Luftküsse zuwerfend entfernte er sich von mir und ich mich von ihm. Ich wusste, dass ihm Tränen über das Gesicht liefen. Mein Mann, der mir immer so viel Kraft und Stärke geben konnte, der immer einen klaren Blick für das Leben hatte, dieser Mann war auf einmal so zerbrechlich und haltlos! Am
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