Mias verlorene Liebe
wieder ausgehe. Außerdem fliege ich fast alle zwei Wochen nach Südfrankreich, um die Eltern zu besuchen …“
„Danke! Das reicht!“
„Bist du sicher? Dabei bin ich doch noch gar nicht zu den wirklich interessanten Details gekommen.“
„Ich sagte, es reicht!“
„Auch gut.“ Ethan stieß sich von der Kante des Tresens ab. „Und? Hast du dir schon überlegt, wo wir hingehen? Wollen wir hier essen, im Restaurant … oder gehen wir zu deinen Freunden?“
Hilflose Wut spiegelte sich in Mias Gesichtsausdruck. „Du kannst doch nicht einfach hier hereinspazieren und dich in mein Leben drängen!“
„Oh doch, Mia, glaube mir, das kann ich. Genau genommen habe ich sogar schon damit angefangen.“
„Ach! Und wie lange gedenkst du das diesmal fortzusetzen?“
„Bis du einverstanden bist, mit deinem Vater zu sprechen.“
Genau das war der Punkt, auf den alles hinauslief, wie Mia schweren Herzens erkannte. Ethan warf ihr vor, sie sei egoistisch. Vielleicht gar nicht zu Unrecht, aber anders wäre sie damals einfach nicht über den Schmerz hinweggekommen – Schmerz über den Tod ihrer Mutter, über die Enthüllung der Beziehung zwischen ihrem Vater und Ethans Mutter in den Medien. Vor allem aber darüber, dass sich damals auch die Liebe zu Ethan als Farce entpuppte. Wie sehr sie ihn geliebt hatte! Rückblickend aber wurde ihr deutlich, dass er ihr nie seine Liebe gestanden hatte.
Tief in ihrem Herzen musste sie sich eingestehen, dass es ziemlich wehgetan hatte, ihren Vater zu verlassen … noch mehr aber, Ethan zu verlieren. Und doch war es die einzige Überlebensstrategie, die ihr auch jetzt noch zur Verfügung stand.
„Darauf kannst du lange warten, Ethan.“
„Und wenn deinem Vater nicht mehr viel Zeit bleibt?“
Wenn Ethan sie mit dieser Bemerkung wachrütteln und erschüttern wollte, dann war ihm das gelungen. Vater ist inzwischen Ende fünfzig, überlegte sie, und hat bereits einen Herzinfarkt hinter sich …
„Hast du eigentlich daran gedacht, dass ein unverhofftes Wiedersehen vielleicht einen zweiten Herzinfarkt hervorrufen könnte?“
„Keine Sorge, ich würde ihn natürlich vorwarnen“, bemerkte Ethan trocken.
„Natürlich“, wiederholte Mia ebenso trocken.
Stumm sah Ethan sie an. Schließlich zuckte er die Achseln angesichts ihrer Sturheit. „Können wir jetzt vielleicht endlich essen gehen? Das Plätzchen war zwar köstlich, aber ich hätte jetzt liebend gern etwas Herzhaftes.“
„Okay, Ethan, du hast gewonnen: Gehen wir essen. Dann aber chinesisch!“, gab Mia nach. Sie war Ethan einfach nicht gewachsen – war es nie gewesen. Er konnte mindestens ebenso stur sein wie sie. Keinesfalls aber würde sie ihn anschließend in ihre Wohnung mitnehmen! Oder auch nur ihren Freunden vorstellen.
„Dann also auf zum Chinesen!“ Zufrieden nahm Ethan seine Jacke und schlüpfte hinein. „Wie wäre es mit dem Pekinghuhn? “
„Nein!“ Ihre Vehemenz überraschte selbst Mia. Auf keinen Fall würde sie mit ihm in dieses Lokal gehen, in dem sie vor fünf Jahren so viele Abende verbracht hatten. Damals gaben sie ihm auch den Spitznamen Pekinghuhn statt des eigentlichen Namens Pekingente. Wenn etwas die alten Zeiten heraufbeschwören würde, dann dieses Restaurant – und das würde Mia definitiv nicht überstehen. „Ich habe hier ganz in der Nähe einen viel besseren Chinesen entdeckt. Zu Fuß gerade mal zehn Minuten … aber wenn du lieber das Auto nehmen möchtest …?“
„Mein Wagen steht direkt vor dem Café.“ Falls Ethan die Ablehnung seines Restaurantvorschlags enttäuschte, war ihm das nicht anzumerken.
Mia nickte. „Ich muss nur schnell noch nach oben, um mich umzuziehen.“
„Und ich sehe okay aus, oder …“
Mehr als das, dachte Mia widerwillig. Wieder wurde ihr Blick wie magnetisch von Ethans athletischem Körper angezogen. Und wie gern hätte sie sich an diese starken Schultern gelehnt …
„Ja, ja – völlig okay!“, antwortete sie hastig. Sie sah in sein Gesicht, das ihr so vertraut und doch gleichzeitig fremd schien. Der warme Ausdruck in seinen Augen war verschwunden … und an den arroganten Zug um seinen Mund konnte sie sich auch von früher her nicht erinnern.
Wenn Ethan behauptete, sie hätte sich verändert, konnte sie genau dasselbe auch von ihm behaupten.
Sie ging zur Tür, die in den Flur führte.
„Was hast du denn vor?“, fragte sie barsch, als sie merkte, dass Ethan ihr folgte.
„Du hast gesagt, du würdest hochgehen, um dich
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