Mich gibt s ubrigens auch fur immer
Beziehungsglück abhalten sollte. Aber er spukt mir durch den Kopf, seit Hrithik mich neben dem Weihnachtsbaum platziert hat. Während Fabian mich durch die Küche scheucht, schneide ich mich gleich drei Mal beim Zerteilen einer einzigen Zwiebel. An den Tränen auf meiner Wange ist jetzt wirklich nur das Lauchgewächs schuld, aber ich wirke wohl so erbarmungswürdig, dass Fabian seinen Arm um meine Schulter legt.
»Beziehungskrise?«, fragt er.
»Nein, Heiratsantrag.« Ha, langsam geht es mir leichter über die Lippen. Auch wenn es aus meinem Mund jedes Mal so klingt, als sei so ein Antrag die absolute Zumutung. Ich schäme mich schon wieder.
Fabian wundert sich keine Sekunde über meine mangelnde Begeisterung. Zum Glück schlieÃt er immer nur von sich auf andere.
»Lass dich nicht anketten, Mädchen. Da drauÃen gibt es so viele schnuckelige Kerle. Warum sich nur mit einem davon zusammentun?« Er macht einen Kussmund. Dahinter verbirgt sich keine widerliche Anmache, Fabian ist stockschwul.
Warum nur denken alle sofort, ich leide unter kalten FüÃen? Schon aus Prinzip beschlieÃe ich, mich nachher in Hrithiks Arme zu werfen und mit etwas Verspätung ein bühnenreifes Ja-Wort abzuliefern. Wenn er mir bloà die Gelegenheit dazu gibt. Grübeln kann ich hinterher noch, warum ich nicht gleich wie erwartet reagiert habe. Vielleicht war es am Ende ja doch nur der Weihnachtsbaum.
Ich schnappe dennoch mein Handy und berufe umgehend eine Krisensitzung für den nächsten Abend mit meinen Freunden ein. Ich weiÃ, dass alle am 25. Dezember wieder in Hamburg sein wollten. Ich sehne mich plötzlich heftig nach ihnen und danach, mit ihnen über alles reden zu können.
Auf dem Nachhauseweg frage ich mich zum ersten Mal, was ich eigentlich anfange, wenn Hrithik gar nicht auf mich warten sollte. Wenn er frustriert die Wohnung verlassen hat und nun grüblerisch durch Eis und Schnee irrt. Wenn er dabei zu dem Schluss kommt, dass ich doch nicht die Richtige für ihn bin. Mit einem Mal will ich ihn so dringend fest umarmen, dass ich vor Sehnsucht Bauchschmerzen bekomme.
»Ich mache alles wieder gut«, flüstere ich leise vor mich hin.
So aufgeregt wie in dem Moment, als ich meinen Schlüssel ungeschickt ins Schloss versenke, war ich seit unseren ersten Verabredungen nicht mehr. Fühlt sich wie Lampenfieber an. Dabei sitzt da drin doch nur mein Freund, sage ich mir beschwichtigend. Der Mann, den ich liebe, kenne und dem ich vertraue. Der, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Mein zukünftiger Ehemann. Hrithik und Tanja Raichand. Das war doch jetzt gar nicht so schwierig. Tut auch gar nicht weh, der Gedanke. Ganz im Gegenteil. Ich öffne die Tür â und stehe in einer leeren dunklen Wohnung. Kopflos renne ich durch Schlaf-, Arbeits- und Wohnzimmer. Aber auf keinem der Tische liegt ein handgeschriebener Brief an mich. Weder weià ich, wo er ist, noch wann er wiederkommt. Ich rolle mich auf dem Sofa zusammen, hülle ganz eng die mollige Fleece-Decke um meinen verfrorenen Körper und bin so erschrocken über Hrithiks Abwesenheit, dass ich nicht einmal heulen kann. Ich weià nicht, wie lange ich so rumgelegen habe, als ich endlich den Schlüssel in der Haustür höre. Es ist Hrithik. Am liebsten würde ich gar nicht mit ihm reden, sondern nur dafür sorgen, dass alles wieder gut ist. Von einem heftigen Impuls getrieben, renne ich auf ihn zu und werfe mich in seine Arme. Eigentlich pralle ich eher ungeschickt gegen seinen Körper. Denn er erwidert die Umarmung nicht. Ich schaue zu ihm hoch und sage schnell, damit er mir nicht mit irgendetwas zuvorkommen kann: »Es tut mir so leid. Ich weià auch nicht, was vorhin in mich gefahren ist. Natürlich will ich dich heiraten! Nichts lieber als das.«
Ich schmiege mich an ihn und hoffe, dass er sich ein wenig freut und es doch noch ganz romantisch wird. Aber er presst mich keineswegs an sich, sondern drückt mich ein Stück von sich weg.
»Wirklich? Vorhin hat es ganz und gar nicht so gewirkt?« Sein schockierend nüchterner Tonfall sorgt dafür, dass die Geschichte von meiner Mutter und dem Weihnachtsbaum nur so aus mir heraussprudelt.
»⦠das solltest du vielleicht sowieso wissen, wenn wir heiraten«, stelle ich nach meinem wirren Vortrag kleinlaut fest.
Jetzt nimmt er mich doch in den Arm, und ich schmiege mich ganz tief
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