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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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uns ist es völlig normal, darüber zu sprechen, wenn’s zum Beispiel im Bett nicht mehr klappt, weil der Mann zu alt oder ständig betrunken ist. Die Freundinnen tauschen sich aus, hören einanderzu und geben sich Ratschläge. Manchmal fantasieren sie auch, wie es wohl wäre, mit einer Frau zu schlafen. Da ich fast immer mit meiner Mutter zusammen war, habe ich solche Sachen natürlich auch mitgekriegt. Es schickte mich niemand aus dem Raum, wenn es mal wieder zur Sache ging. Vermutlich dachten sie alle, das muss sie ja ohnehin erfahren. Verstanden habe ich damals allerdings nicht sehr viel.
    Seit meiner Verlobung trug ich ein Kopftuch, als Zeichen der Keuschheit. Hin und wieder kam ein Brief aus Deutschland, den ich aber nicht lesen konnte. Also ging ich zu meiner studierten teyze , Tante, und bat sie, ihn mir vorzulesen. Mustafa schrieb nicht viel, aber immer sagte er, dass er mich liebe und vermisse. Manchmal steckte er 50 oder 100 DM in den Umschlag. Das freute mich natürlich, obwohl ich wusste, dass ich das Geld nicht behalten durfte. Ich gab es immer meinem Vater, er brauchte nicht mal zu fragen. Manchmal habe ich Mustafa auch geantwortet. Ich bin also wieder zur Tante gegangen und habe ihr erzählt, was ich ihm antworten will. Sie hörte genau zu und schrieb alles auf. Auch in meinen Briefen war von Liebe die Rede, obwohl ich gar nicht wusste, was das ist – die Liebe. Aber damals war ich überzeugt, in Mustafa verliebt zu sein. Oder war es die Verlockung, nach Deutschland zu gehen, in die ich mich verguckt hatte? Inzwischen glaubte ich ja auch, das große Los gezogen zu haben.
     
    Dann kam der Sommer, und meine Tante kündigte ihren Besuch an. Das erste Mal seit unserer Verlobung vor zwei Jahren. Zusammen mit Onkel, Mustafa und den kleinen Brüdern wollte sie bei uns im Dorf Urlaub machen. Ich war aufgeregt, wusste aber gar nicht, was mich erwartete. Wie verhielt sich eine Braut, die ihren Verlobten so lange nicht gesehen hatte? Am zweiten Tag nach ihrer Ankunft kam Mustafa vorbei. Er wollte mit mir spazieren gehen und fragte meinen Vater. Der brummte vor sich hin und sagte: »Ja, ja, geht nur!« Obwohl es ihm sicher lieber gewesen wäre, wenn ich weitergearbeitet hätte. Wir sind also hinausauf die Straße und liefen nebeneinander her, beide verlegen. Die Nachbarn begrüßten uns, und die Männer haben die eine oder andere anzügliche Bemerkung fallen gelassen. Da fasste mich Mustafa plötzlich bei der Hand, sollten doch alle sehen, dass ich ihm gehörte. Mir war das peinlich, aber ich konnte mich nicht befreien, er hatte einen festen Griff. Wir sind dann aus dem Dorf hinausgelaufen, Richtung Opas Mühle. Das ist ein besonders schöner Weg, weil er an einem Bach entlangführt. Es war ein warmer Sommertag, aber ich konnte mich nicht wirklich entspannen. Wie sollte ich mich verhalten? Ich sollte nett zu ihm sein, aber auch nicht zu nett.
    Als wir die letzten Häuser des Dorfes hinter uns gelassen hatten, versuchte Mustafa mich zu küssen. Er packte mich fest an den Schultern und drückte mir seinen nassen Mund ins Gesicht. Mit seiner Zunge versuchte er, meine Lippen zu öffnen, aber das ließ ich nicht zu. Nein, so weit durfte er nicht gehen. Wobei ich keine Ahnung hatte, wie weit er gehen konnte. Ich wusste nur, dass ich ihm nicht nachgeben durfte. Sonst war es um mich geschehen.
    Solche Spaziergänge machten wir in jenem Sommer öfter. Und immer wollte Mustafa mich küssen, und immer war es mir unangenehm. Einmal sind wir zusammen mit Tante und Onkel zu Verwandten gefahren. Sie lebten in einem anderen Dorf, ungefähr eine Stunde Autofahrt von Ballidere entfernt. Das war für mich sehr aufregend, weil ich so gut wie nie von zu Hause wegkam. Diesen Ausflug sollte ich jedoch nie vergessen. Denn dort im Haus einer seiner Tanten ist es dann passiert. Ich bin ganz normal aufs Klo gegangen und stellte plötzlich fest, dass meine Unterhose blutig war. Was war das? Ich blutete! Würde ich jetzt sterben? Viele verwirrende Gedanken schossen mir durch den Kopf, aber ich fand keine schlüssigen Antworten. An wen sollte ich mich wenden? Meine Tante konnte ich nicht fragen, das wäre mir peinlich gewesen. Gott sei Dank sind wir bald wieder nach Hause gefahren. Aber das war keine große Hilfe, denn auch mit meiner Mutter konnte ich nicht darüber sprechen. Über solcheDinge reden Mütter und Töchter nicht. Ich fing also an zu überlegen, wie ich dieses Blut stoppen konnte. In einer der Rumpelkammern bei uns im Haus

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