Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt
und klingelten. Mustafa öffnete, stutzte kurz und begrüßte dann meine Familie. Für mich hatte er keinen Blick. Wir folgten ihm ins Wohnzimmer. Dort saßen Mutter und Vater , sie hatten offensichtlich auch die ganze Nacht geredet. Nachdem sich alle begrüßt hatten, ergriff mein Bruder das Wort: Er erklärte Mustafa zunächst, wo ich gewesen sei, und betonte, dass ich alleine gewesen sei. Dann fuhr er fort, dass es so nicht weitergehen könne, dass Mustafa mich nicht ständig schlagen dürfe. Meine Schwägerin sagte nichts. Sie ging mit mir in die Küche, um Kaffee zu kochen. Sie redete leise mit mir, während ich versuchte, Wortfetzen aufzuschnappen, aber außer Gemurmel war nichts zu hören. Als wir das Zimmer wieder betraten, redete mein Schwiegervater. Er sagte, dass wir beide wohl Fehler gemacht hätten, aber dass wir uns nun wieder vertragen sollten. »Eine Scheidung ist doch keine Lösung, oder, Ayşe ?« Aufmunternd schaute er michan. Ich überlegte, sollte ich Mustafa wirklich noch eine Chance geben? Alle schauten mich erwartungsvoll an. Ich dachte an die Kinder und sagte dann schweren Herzens: »Na gut, dann probieren wir es eben noch einmal.«
Inzwischen war es halb sieben, und es war Zeit, die Kinder zu wecken. Die beiden Kleinen waren froh, mich zu sehen, Can und Muhammed schauten mich misstrauisch an, haben sich dann aber doch gefreut. Wir frühstückten gemeinsam, und danach gingen die Kinder in die Schule, und meine Familie fuhr zurück nach Hause. Als mein abi die Wohnung noch kaum verlassen hatte, brach das Unglück erneut über mich herein. Mustafa baute sich vor mir auf, packte mich an beiden Armen, schüttelte mich und schrie: »Und, wo warst du wirklich, du Nutte?« Er war außer sich und schlug auf mich ein, zuerst mit den Fäusten, und dann, als ich auf dem Boden lag, trat er auch mit den Füßen nach mir. Ich krümmte mich vor Schmerzen und stöhnte. Tränen hatte ich keine mehr. Plötzlich, ich weiß nicht warum, ließ er von mir ab und stürmte aus der Wohnung. Was sollte ich jetzt tun? Wieder gehen oder weiterhin diese Ehehölle durchhalten? Nachdem ich geduscht und mich ein bisschen hingelegt hatte, konnte ich wieder klarer denken. Ich entschloss mich zu bleiben. Ich hatte versprochen, Mustafa noch eine Chance geben.
An dem Abend ging er zu einem seiner Brüder. Er bestand darauf, dass ich mitkam. Ich hatte keine Lust, ich musste am nächsten Tag wieder arbeiten und wollte früh ins Bett gehen. Aber Mustafa ließ mir keine Ruhe. Von seinem Bruder aus rief er mich immer wieder an und bedrängte mich, doch zu kommen. Da gab ich nach und lief mit den beiden Kleinen zu meinem Schwager. Can und Muhammed waren schon bei ihrem Onkel. Als ich zur Tür hereinkam, verstummte das Gespräch. Mustafa sagte: »Na, da ist die Nutte ja endlich.« Ich atmete tief durch, versuchte ein Lächeln und begrüßte die anderen. Dann setzte ich mich an den Tisch, Birgül und Ali liefen zu ihrer Oma. Die anderen redeten wieder, und ich traute meinen Ohren kaum. Sie sprachen übermich, dass ich abgehauen und bei einem fremden Mann gewesen sei. Alle, ohne Ausnahme, ereiferten sich, was für eine Schlampe, was für eine miese Nutte ich sei. Das war schrecklich. Ich habe mir immer wieder gesagt, Gott weiß, ob ich eine Nutte bin oder nicht. Aber Birgül und Ali waren noch klein. Gut, das Wort oruspu hatten sie schon oft gehört und wussten, dass es nichts Gutes bedeutete. Fragend schauten sie mich an. Wie konnten sie vor den Kindern so reden? Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Aber Mustafa redete sich immer mehr in Rage. Schließlich nahm er sein Glas, warf es in meine Richtung und schrie: »Da, du verdammte Nutte, das hast du verdient.« Und ehe ich mich versah, nahm auch Can sein Glas und zielte nach mir. Mein eigener Sohn war gegen mich. Ich sprang auf und verließ den Raum, hörte aber noch mehr Glas splittern. Weinend lief ich nach Hause.
Ich weiß nicht mehr, wie ich die nächsten Tage überlebt habe. Es war schrecklich. Egal was ich tat, Mustafa brüllte immer sofort los und wollte herausfinden, wo und mit wem ich diese Nacht verbracht hatte. Und immer wieder beteuerte ich, dass alles, was mein Bruder erzählt hatte, der Wahrheit entsprach. Aber er glaubte mir nicht. Für ihn war und blieb ich eine Nutte. Ich konnte keinen Schritt mehr alleine machen, immer war er mir auf den Fersen. Wann immer ich die Wohnung verließ, fragte er mich: »Wo gehst du hin, Nutte?« Nicht einmal Einkaufen war
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