Michael - der Beschützer
Leopardenbabys im Audubon Zoo verkündete.
Die Nachrichtensprecherin war hübsch wie immer. Allerdings erkannte er unter ihren Augen dunkle Ringe, die nicht einmal das dicke Studio-Make-up verdecken konnte. Sie war offensichtlich müde, keine Überraschung in ihrem Zustand. Roman sollte sie nicht arbeiten lassen, fand Michael und musste bei der Vorstellung lachen, irgendjemand könnte ihr vorschreiben, was sie tun sollte. Das wäre nicht einmal Desiree Dupree Falconers energischem Ehemann geglückt.
Außerdem ging Desiree ihn nichts mehr an, mochten sie auch weiterhin gute Freunde sein. Und das war gut so, weil es schon schwer genug war, zehn Nächte mit Amerikas Sexidol in dieser Suite eingesperrt zu verbringen.
Lorelei hörte sein Lachen und hoffte nur, dass es nicht ihr galt. Sie hatte sich vorgestellt, in ihre Heimatstadt als Hollywood-Star zurückzukehren, der Männer, die sie vor Jahren enttäuscht hatten, zum Frühstück verspeiste.
Sie hatte nicht damit gerechnet, beim Wiedersehen von einer dermaßen unbeschreiblichen Erregung gepackt zu werden. Und noch weniger hatte sie mit Wärme und Trost gerechnet.
Für so etwas hatte sie keine Zeit. Die schwierigsten Szenen des Films standen ihr noch bevor, und die Dreharbeiten waren ohnedies gefährdet. Ein verrückter Fan verfolgte sie. Ihre Eltern hielten sich derzeit zwar in Rom auf, würden aber zurückkehren, bevor sie die Stadt verließ. Und das bedeutete, dass es vermutlich erneut zum Streit kam, weil ihre Eltern ihren Beruf für unpassend hielten.
Sie hatte keine Zeit für eine Affäre. Sie durfte sich nicht verlieben.
Während sie in dem viel zu großen Bett auf dem Rücken lag und auf das Klopfen der Regentropfen am Fenster lauschte, kam Lorelei zu dem Schluss, dass sie allmählich den Verstand verlor.
Als sie am folgenden Morgen durch die erwachenden Straßen des Französischen Viertels lief, hatte der Regen keine Abkühlung gebracht. Lediglich die Schwüle hatte zugenommen. Lorelei kam es so vor, als würde sie unter Wasser laufen. Sie war dankbar, dass Michael nur ein mäßiges Tempo anschlug. Auch wenn sie sich stets in Form hielt, hätte sie doch mit seinen langen, muskulösen Beinen nicht mithalten können.
Einer Pause im Café du Monde stimmte sie zu. Sie wollte nur Kaffee trinken, aß aber letztlich doch etliche Kuchenstücke.
“Wenn ich weiter so unbeschwert genieße, werde ich fett wie eine Kugel”, stöhnte sie.
“Mach dir deshalb keine Sorgen.” Michael wurde von Verlangen gepackt, als sie weißen Zuckerguss von den Fingerspitzen leckte. Er musste sich zurückhalten, um ihre Finger nicht in seinen Mund zu schieben. “Es wäre ein Verbrechen, nach New Orleans zu kommen und das Essen nicht zu genießen.”
“Hier gibt es einfach zu viel Verführung”, stellte sie fest, als ein Tablett mit dampfender Schokolade vorbeigetragen wurde.
“Stimmt genau.” Michael warf die Papierserviette auf den Tisch und stand auf. Am liebsten hätte er Lorelei den ganzen Tag für sich behalten, aber er bekam nicht tausend Dollar plus Spesen pro Tag dafür, dass er sich vorstellte, Puderzucker auf ihrem Körper zu verteilen und ihn wieder wegzulecken. “Wir sollten zurücklaufen. Dann kannst du gerade noch duschen, bevor du zu den Aufnahmen musst.”
Lorelei hätte den ganzen Tag hier sitzen und beobachten können – den kleinen Jungen, der an der Ecke für ein paar Münzen Stepptanz vorführte, die verzierten weißen Schaufelraddampfer auf dem breiten Mississippi und den Schiffsverkehr, der seit Jahrhunderten die Lebensader des Deltas bildete.
Sie gehörte jedoch nicht zu den Schauspielern, die ständig für Schwierigkeiten und Verzögerungen sorgten. Lorelei war stets pünktlich, kannte ihren Text und stand für die Aufnahmen bereit. Also unterdrückte sie einen Seufzer und machte sich wieder auf den Weg.
Der Teufel sollte sie holen! Er hatte gedacht, Lorelei wäre anders als die anderen. Er hatte geglaubt, sie wäre nicht wie all die schönen Frauen Hollywoods eine Schlampe. Ihr Aussehen war zwar unbeschreiblich sündig, aber er war trotzdem überzeugt gewesen, dass sie ein gutes und reines Herz besaß. Manchmal hatte er sogar beobachtet, wie ihre zarten Wangen sich leicht röteten, und er hatte sich eingeredet, dass sie schüchtern war.
Heute Morgen war er ihr gefolgt und hatte sie beobachtet, wie sie in einer weiten Shorts lief, in der ihre schlanken Beine noch aufreizender wirkten. Und er hatte der Versuchung nicht widerstehen können
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