Michael - der Beschützer
Außenaufnahme auf dem St. Louis-Friedhof Nr. 1 fehlte die Sonne.
Spezialmaschinen erzeugten Nebel, der über die Erde trieb, sich wie Fangarme um Loreleis Beine legte und die weißen Gräber verhüllte.
“Unheimlich”, stellte sie fest. Trotz der Temperatur von fast dreißig Grad fröstelte sie.
“Freut mich, dass es dir gefällt”, raunte eine Stimme aus den Nebelschleiern heraus.
Lorelei zuckte zusammen und entspannte sich wieder, als sie Brian erkannte. “Schreibst du denn nie eine Szene, in der die Sonne scheint und ich trocken bleibe?”
“Was hätte das denn für einen Sinn?” fragte er lächelnd und wandte sich an Michael, der schweigend neben ihr stand. “Sie müssen O’Malley sein, der Bodyguard.”
“Und Sie sind Wilder, der Drehbuchautor.”
“Richtig.” Brian betrachtete Michael genauer. “Eric hat erwähnt, dass Sie noch nicht lange Privatdetektiv sind.”
“Stimmt, aber ich habe vorher in einer ähnlichen Branche gearbeitet.”
“Ich wollte nicht andeuten, dass Sie nicht gut sind”, versicherte Brian hastig. “Ich wollte nur wissen, ob Sie nach dem Polizeidienst nicht vielleicht auch an eine andere Tätigkeit gedacht haben.”
“Nein.”
Brian ließ sich von der knappen Antwort nicht beeindrucken. “Vielleicht könnte ich Sie überreden, Schauspieler zu werden.”
“Schauspieler?” rief Michael lachend. “Ich und Schauspieler?”
“Sie besitzen eine sehr männliche Ausstrahlung. Könnte man sie auf der Leinwand einfangen, würden Sie einen perfekten Helden abgeben, sogar einen größeren als Stallone oder Schwarzenegger.”
Michael fragte sich, ob in Hollywood alle irre waren. Wenn er an die Telefongespräche mit Loreleis Regisseur zurückdachte, war er davon überzeugt. Nur Lorelei bildete eine Ausnahme. Sie hatte es geschafft, erstaunlich normal zu bleiben.
“Vielen Dank, aber ich wechsle lieber nicht die Branche”, erwiderte er.
“Nun ja, ich verstehe, dass Ihre Arbeit gewisse Höhepunkte bietet”, meinte Brian scherzhaft und warf Lorelei einen viel sagenden Blick zu. “Ist doch toll, wenn man rund um die Uhr sagenhafte Frauen bewacht und dafür auch noch bezahlt wird.”
“Es hat seine Vorteile”, bestätigte Michael trocken.
“Darauf möchte ich wetten.” Brian nahm den Detektiv erneut unter die Lupe. “Also, Sie sind offenbar ein Mann, der sich nicht so leicht überreden lässt. Ich arbeite allerdings an einem Drehbuch, das für Sie geradezu ideal wäre. Sollten Sie sich dazu durchringen, Probeaufnahmen zu machen, gehen Sie einfach zu John. Sagen Sie ihm, ich würde Sie schicken.”
Eher trocknete das Bayou aus, als dass Michael dieses Angebot des Drehbuchautors annahm. “Sie meinen John Nelson.”
“Ja.” Brian deutete auf einen großen blonden Mann, der sich mit dem Assistenten an der Nebelmaschine unterhielt. “John ist zwar ein launischer Künstler, aber keiner kann Stimmungen so gut wie er einfangen.” Brian begutachtete noch einmal Michaels Gesicht. “Er könnte Sie auf der Leinwand so aussehen lassen, als wären Sie aus Stein gehauen.”
“Was für eine Vorstellung”, bemerkte Michael, als er mit Lorelei zum Wohnwagen der Maske ging. Der Regisseur stand davor und besprach die für den heutigen Tag geplanten Szenen. Ihre Schuhe knirschten auf den zerstampften weißen Muscheln, die in diesem Landesteil anstelle von Kies verwendet wurden.
“Er hat es als Kompliment gemeint.”
“Ich weiß, aber sei doch ehrlich! Kannst du dir vorstellen, dass ich so meinen Lebensunterhalt verdiene? Bei dem Betrieb hier habe ich das Gefühl, als wären alle Beteiligten nichts weiter als große Kinder.”
“So sehr unterscheidet sich unsere Arbeit von deiner nun auch wieder nicht”, meinte sie.
“Wieso?” fragte er und blieb stehen.
“Du hast deinen Lebensunterhalt verdient, indem du Räuber und Polizist gespielt hast, Michael. Du hattest zwar mit schweren Verbrechen zu tun, aber Polizist sein zu wollen hat auch immer irgendetwas mit einem Kindheitswunsch zu tun.”
Er verschränkte schweigend die Arme.
“Außerdem habe ich genug Serien im Fernehen verfolgt …”
“Ach, da hast du dich also über das wahre Leben informiert?” fragte er.
“Ich habe mich auch mit einem echten Polizisten unterhalten, als ich eine Polizistin spielen musste.” Sie dachte gar nicht daran, sich von ihm reizen zu lassen. Eine der schwierigsten Szenen lag vor ihr. Sie sollte zum ersten Mal in der Filmhandlung ihren Verfolger treffen, und darauf freute
Weitere Kostenlose Bücher