Michael - der Beschützer
verloren.”
“Du hast Recht.” Erst jetzt fühlte sie, wie müde sie war. “Bleibst du hier?”
“Ich schlafe auf der Couch.”
“Ich dachte, es gibt zwei Schlafzimmer.”
“Das Wohnzimmer liegt dazwischen. Ich lasse dir so viel Privatsphäre, wie nur möglich ist, aber ich muss in deiner Nähe bleiben.”
Sie würden nur durch eine Tür voneinander getrennt schlafen. Die Frage war, ob sie da überhaupt Ruhe fand.
“Na schön, dann gehe ich jetzt zu Bett.”
“Gute Idee. Ich bestelle einen Weckruf. Willst du morgen früh laufen? Ich kann auch dafür sorgen, dass wir allein sein, wenn du lieber den Fitnessraum auf dem Dach benützen willst.”
Sie war lange von daheim fort gewesen. Zu lange, hatte sie auf der Fahrt vom Flughafen durch das Französische Viertel festgestellt. Und sie hatte diese Stadt, die mit keiner anderen in Amerika zu vergleichen war, vermisst.
“Wenn das Gewitter vorüber ist, möchte ich lieber laufen, sofern du nichts dagegen hast.”
“Nein, gar nichts.” Er zuckte die breiten Schultern und lenkte damit ihren Blick wieder auf die Pistole, die er nicht abgelegt hatte. Dieser Anblick erinnerte Lorelei daran, dass sie beide zwar viel besser als erwartet miteinander auskamen, dass es sich jedoch nicht um einen Freundschaftsbesuch handelte. “Ich laufe jeden Morgen und freue mich über Gesellschaft.”
Nachdem das geregelt war, ging sie ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Sie wusch Gesicht und Hände, putzte sich die Zähne und ließ sich in das bequeme Bett fallen. Die Anstrengung von der Reise und die Aufregung über Michaels unerwartetes Auftauchen hatten sie so erschöpft, dass sie überzeugt war, sofort einschlafen zu können.
Trotz der Müdigkeit kamen ihre Gedanken nicht zur Ruhe. Lorelei blickte zur dunklen Zimmerdecke hoch und erlebte noch einmal jeden Moment ihrer gemeinsamen Vergangenheit.
Der Sturm heulte vor den Fenstern. Die Geräusche mischten sich mit Sirenen. Durch die Tür hörte sie gedämpfte Stimmen. Wahrscheinlich hatte Michael den Fernseher eingeschaltet. Ob er sich einen Sexfilm ansah? Lorelei drehte sich auf die andere Seite und klopfte gereizt auf das Kopfkissen. Die Angst der letzten Zeit wurde von viel gefährlicheren Gefühlen abgelöst.
Die Laken waren glatt wie Seide, aber in ihrer überhitzten Fantasie stellte Lorelei sich vor, Michael raue Hand zu spüren. Unruhig rollte sie sich auf den Rücken. Eines der Kissen fiel zu Boden und stieß dabei das Wasserglas vom Nachttisch.
Die Verbindungstür flog auf. “Was ist passiert?”
“Nichts.” Vor dem Bildschirm des Fernsehers hob Michael sich nur schemenhaft ab. Er hatte das T-Shirt ausgezogen. Seine Füße waren nackt. Als sie merkte, dass er auch noch den obersten Knopf der Jeans geöffnet hatte, hätte sie sich am liebsten eine Ecke des Lakens in den Mund gestopft, um nicht laut aufzustöhnen. “Ich habe nur das Wasserglas umgestoßen.”
Sie wusste nicht, ob er ihr überhaupt zuhörte, so sehr konzentrierte er sich auf ihren Körper in dem pfirsichfarbenen Nachthemd aus Satin. Es schmiegte sich an ihre erhitzte, feuchte Haut. Ob Michael ihre aufgerichteten Brustspitzen sehen konnte?
Er konnte sie sehen.
“Na schön.” Michael richtete den Blick wieder auf ihr Gesicht. “Hauptsache, es ist alles in Ordnung.”
“Ja”, brachte sie nur hervor.
“Gut.” Er fuhr sich mit den Fingern durch das schwarze Haar, mit Fingern, die in ihrer Fantasie ihren Körper gestreichelt und gereizt hatten. Der Anblick seines zerzausten Haares weckte in ihr den Wunsch, seinen Kopf an ihre Brüste zu drücken. Er betrachtete das Kissen und die Decke, die neben dem Glas auf dem Bodenlagen. “Ist dir heiß? Ich kann die Klimaanlage höher stellen.”
“Nein, Michael, wirklich, es ist alles bestens. Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe.”
Er zuckte die Schultern. “Ich habe nur ferngesehen. Die Nachrichten”, fügte er hinzu, damit sie nicht glaubte, dass er sich einen Sexfilm ansah.
“War schon die Wettervorhersage?”
“Nachts regnet es. Morgen früh klart es auf.”
“Das ist gut für Eric.”
“Ja.”
Sie sahen einander sekundenlang schweigend an.
“Gute Nacht, Lorelei”, sagte er rau.
“Gute Nacht, Mike”, erwiderte sie sanft.
Es kostete Michael eine gewaltige Anstrengung, die Tür nicht zuzuschlagen. Seine Haut prickelte, als er sich auf die viel zu kurze Couch fallen ließ. Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren, als die schwangere Desiree die Geburt eines
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