Michael - der Beschützer
in New Orleans aufgewachsen war, hatten Gewitter sie stets nervös gemacht, genau wie Maggie in “Die Katze auf dem heißen Blechdach”.
“Weitere Verzögerungen haben Eric gerade noch gefehlt.”
“Bis zum Morgen soll es vorüber sein.” Er betrachtete sie zärtlich. “Erinnerst du dich an die Nacht, in der dieser Hurrikan nicht wie vorhergesagt Florida traf, sondern zu uns zog?”
“Wir mussten die Nacht in der Hütte deines Onkels verbringen.” Diese Erinnerung war wie so viele, die mit Michael verbunden waren, gleichzeitig gut und schlecht, hauptsächlich allerdings gut. “Ich hatte Todesangst.”
“Ich auch”, gestand er lächelnd, lehnte sich zurück und streckte die langen Beine aus.
“Du hattest Angst?” Er hatte es perfekt überspielt, hatte sie beruhigt und beteuert, er werde dafür sorgen, dass ihr nichts zustieß. Dieses Versprechen hatte er natürlich gehalten.
“Das war ein höllisches Unwetter”, erinnerte er sie.
“Nicht so schlimm wie jenes, das uns daheim erwartete.”
“Ich hatte dich in Gefahr gebracht, indem ich dich an diesem Wochenende mit ins Bayou nahm. Dein Vater war absolut im Recht, als er mich erschlagen wollte.”
“Dad würde nie jemanden schlagen. Gewalt ist in seinen Augen unwürdig. Mir wäre es allerdings lieber gewesen, er hätte mich ganz altmodisch übers Knie gelegt, anstatt mir für den Rest des Sommers Ausgehverbot zu erteilen.”
“Uns beiden, Schatz.”
Das waren die längsten und schlimmsten Wochen seines Lebens gewesen. Damals hatte er ausnahmsweise gegen alle Regeln verstoßen, an die er sich sonst eisern hielt. Es gab Möglichkeiten, Dr. Longstreets Verbot zu umgehen. Und in jenem heißen Sommer hatte Michael alles darangesetzt, um sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen.
“Steht die mächtige Eiche noch vor deinem Fenster?”
“Sie wurde vor einigen Jahren von Wurzelfäule befallen”, erwiderte sie seufzend. “Mutter schrieb, dass sie ein Vermögen ausgegeben haben, um den Baum zu retten, aber der Schaden war schon zu weit fortgeschritten.”
“Schade”, meinte er und lächelte über die intimen Erinnerungen.
“Ich kann noch immer nicht glauben, dass ausgerechnet du jede Nacht in mein Schlafzimmer geklettert bist.”
“Du solltest die Macht der Hormone bei männlichen Jugendlichen nicht unterschätzen”, meinte er lachend. “Lorelei, ich war verrückt nach dir. Um bei dir zu sein, habe ich sogar den Zorn deines Vaters riskiert.”
Die Unterhaltung erinnerte sie deutlich an diese Nächte voll Zärtlichkeit und Leidenschaft. Niemals würde sie bereuen, was damals geschehen war. Und sogar heute noch wünschte sie sich, Michael hätte ihnen beiden die Erfüllung der Leidenschaft zugestanden.
“Du hast damals gesagt, dass du von mir geradezu besessen bist”, erinnerte sie ihn.
Sie hatten auf ihrem Bett gelegen. Die Plüschtiere hatten sie auf den Boden geworfen. Lorelei trug nur das Unterteil eines rosa gepunkteten Babydoll-Pyjamas. Michaels ausgebleichte Jeans bildete einen starken Kontrast zu seiner nackten Brust, die von der Arbeit auf den Docks tief gebräunt war.
Der Anblick hatte sie damals schwindelig gemacht. Bei der Erinnerung wurde ihr auch heute noch leicht schwindelig.
“Es war Besessenheit. Lorelei, damals wäre ich durch die Hölle und wieder zurück gegangen, um bei dir zu sein. Darum verstehe ich wenigstens bis zu einem gewissen Grad, was im Kopf deines Verfolgers vor sich geht. Er kann bei Tag und Nacht nur an dich denken.” Michael stand auf. “Und darum wird er einen Fehler begehen. Er kann sich nicht mehr konzentrieren. Und er wird sich wahrscheinlich nicht länger von dir fern halten können.”
Auch Lorelei erhob sich. “Ich finde das nicht sehr tröstlich.”
“Es sollte dich aber trösten, weil er bald aus der Dunkelheit auftauchen wird, und dann schnappen wir ihn.” Er legte die Hände auf ihre Arme. “Und du kannst unbesorgt weiterleben.”
Es fühlte sich schön an, wie er sie festhielt und sie sanft und beruhigend ansah. Lorelei war in diesem Moment völlig zufrieden. Sie wünschte sich gar nichts mehr, höchstens, dass er sie etwas näher zu sich heranzog und …
Sie hörte, wie er leise etwas sagte, und war überzeugt, dass nur ihr Wunsch der Vater des Gedanken war.
“Entschuldige, hast du gesagt …”
“Ich habe ‚Bett’ gesagt”, bestätigte er. “Du musst morgen zeitig zu Dreharbeiten, und durch den Zeitunterschied zur Westküste hast du schon zwei Stunden
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