Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
kluger Mann kann unter ihnen im Handumdrehen reich und kugelrund werden. Mit Ketzern aber kennen sie kein Erbarmen, denn ihr Glaube wurde in den Kämpfen gegen die Ungläubigen gestärkt, und sie dulden keine religiösen Erörterungen, aus Angst, daß solche Reden die Leibeigenen gegen sie aufhetzen würden, womit sie bei Gott recht haben.«
    Er sprach verheißungsvoll und verlockend von Ungarn und erklärte, Fuggers Macht sei so weit gebrochen, daß auch andere Unternehmen Aussicht hätten. Er selbst würde gerne hingehen, wenn er nur den Nürnberger Rat überreden könnte, seinen Bruder zu unterstützen, denn die Bergwerke seien ein zu großer Brocken für einen einzigen Mann.
3
    Endlich brach der Tag an, da Meister Eimers Angelegenheiten geordnet waren, und er verkündete seinen Entschluß, sogleich nach Venedig zu reisen, dem größten Markt der Welt. Dort könne er ein neues Leben beginnen, indem er seinen Namen ändere und seinen Bart färbe.
    »Eine große Summe in bar auf einer solchen Reise mitzuführen wäre töricht«, sagte er. »Daher habe ich mein ganzes Vermögen in Wechseln auf das Haus Bisani am Rialto angelegt. Madame Geneviève hat versprochen, mich zu begleiten, und um sicher und rasch zu reisen, werden wir Fuggers Post benützen. So Ihr wollt, kommt ungesäumt mit uns; nun freilich auf Eure eigenen Kosten, da ich Euren Schutz nicht länger benötige.«
    Ich war bestürzt über seine Worte, hatte ich doch geglaubt, wir würden alle zusammen nach Schwaben reisen, wohin ich meinen Hund Rael mitnehmen wollte, und weiter durch die Eidgenossenschaft über Lyon nach Tours, um unseren Sohn zu besuchen. Andy hatte für ihn bereits bei einem kundigen Spielzeugmacher zu Nürnberg ein Geschenk gekauft – einen Esel, der die Beine bewegen konnte. Ich sah, daß Meister Eimers Pläne Madame Geneviève gar nicht behagten; sie lächelte sauer und meinte, sie denke darüber ganz anders. Meister Eimer aber versprach, ihr in Venedig Ellen von Goldbrokat, einen Spiegel und einige der berühmten Glaswaren zu kaufen. Ich konnte die gemeinsame Postreise nicht erschwingen; so beschlossen wir, Andy und ich sollten zu Fuß durch Schwaben und die Eidgenossenschaft nach der Lombardei wandern und im Spätsommer die anderen in Venedig treffen. Meister Eimer trug uns auf, bei der Ankunft nach einem gewissen Kaspar Rotbart im Fondaco dei Tedeschi zu fragen, dann würden wir ihn gewiß finden.
    Als ich dann Madame Geneviève allein antraf, machte ich ihr ob ihres Wankelmutes heftige Vorwürfe; sie aber verteidigte sich mit Eifer und meinte, sie habe sich immer danach gesehnt, Venedig zu sehen. Freilich habe sie gehofft, Meister Eimer würde sein Vermögen in bar aus Nürnberg herausbekommen; und doch könne diese Reise nach Venedig noch Gutes bringen. Sie erinnerte mich an die zahllosen Beweise ihrer aufrichtigen Zuneigung, die sie mir gegeben hatte, und forderte mich auf, eilends nach Venedig zu kommen und sie von Eimer zu erlösen, den sie nur um der Zukunft ihrer Kinder willen begleite.
    Madame Geneviève hatte mir, wie sie richtig bemerkte, zahlreiche Beweise ihrer Gunst gegeben. Ja, ihre Aufmerksamkeit, die sie mir widmete, während Meister Eimer mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt war, war zuweilen erschöpfend gewesen. Der Gedanke an meinen lieben Hund und an die Wanderfahrt durch den Sommer halfen mit, mir diesen Abschied leicht zu machen, und in meiner Torheit glaubte ich wirklich, sie könne ohne mich nicht leben.
    Ehe sie uns verließen, äußerte Andy den Wunsch, seine beträchtlichen Ersparnisse in Wechseln anzulegen. Eimer aber wollte ihm dabei so geflissentlich an die Hand gehen, daß Andy vorgab, er hätte sich eines besseren besonnen. Kaum waren sie jedoch fort, ging Andy stracks zu Fuggers Bankhaus und erhielt für sein Geld eine Quittung, die er nur bei einer der Fuggerschen Niederlassungen zu Venedig, Mailand oder Genua vorzuweisen brauchte, um den Gegenwert in bar zu erhalten. Ich warnte Andy, er habe auf das falsche Pferd gesetzt, und erzählte ihm von den Begebenheiten in Ungarn; er aber pfiff nur unbekümmert und meinte, er wolle gern riskieren, daß die Zahlungen eingestellt würden, denn eher würde die Erde sich um die Sonne bewegen als der reiche Jakob sein Geld verlieren.
    Dann traten wir unsere Reise von Nürnberg nach Baltringen an. Sie fiel freilich nicht so heiter aus, wie ich gehofft hatte, denn hier und da ragten aus niedrigen Erdhügeln knochige Hände hervor, und um die

Weitere Kostenlose Bücher