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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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während des Ruderns aber durften sie nicht gestört werden, und wenn sie rasteten, waren sie so erschöpft, daß sie mit bebenden Flanken wie ausgemergelte Hunde unter ihren Bänken lagen. Ihr Deck stank auch, und die Männer, deren Amt es war, sie mit Peitschenhieben zu größerer Anstrengung anzutreiben, warnten mich, zu ihnen hinabzusteigen; diese Männer seien nämlich grimmige, hartgesottene Verbrecher und heißhungrig, da sie nur schmale Kost erhielten. Gewisse Geschichten, die mir zu Ohren kamen, ließen mir den Wunsch, sie zu besuchen, vergehen, und ich hatte auch auf meinen Hund ein wachsames Auge.
    Nach einer Seereise von vierzehn Tagen liefen wir im spanischen Hafen Valencia ein, doch blieb uns keine Zeit, diesen großen und bunten Hafen mit seiner regen Schiffahrt näher zu bewundern, denn Don Gastaldo hatte es eilig. Noch am selben Tag stiegen wir in den Sattel zur langen, beschwerlichen Reise nach Madrid, in dessen Umgebung der König von Frankreich im Gefängnis schmachtete. Während der folgenden eintönigen Tage sah ich mehr als genug von Spaniens ausgedörrten gelben Hügeln, dem immerwährenden Staub und den armseligen Ziegenhirten, deren dunkle Gesichter uns überall am Wegrand angrinsten.
    In den Flußtälern sah man freilich fruchtbare Landstriche und schöne Städte; allein die maurischen Aquädukte und Paläste lagen in Trümmern, und die grimmige Augustsonne hatte selbst den reichsten Boden zu gelber Blässe versengt. Ich muß gestehen, daß dieses Land der nackten Hügel und Ebenen mir Furcht einflößte. Sein Wein schmeckte nach dem roten Staub der Straßen und brannte mir im Mund, und ich verstand nicht, warum die beiden mürrischen Arkebusiere solche Sehnsucht gehabt hatten, aus der Herrlichkeit und Heiterkeit Italiens hierher zurückzukehren.
    Je näher wir Madrid kamen, um so klarer erkannte ich die Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, um beim Kaiser Gehör zu finden. Seine Zeit mußte ganz von Staatsgeschäften in Anspruch genommen sein; auch hörten wir, daß im Juli französische Abgesandte erschienen waren, um über die Freilassung ihres Königs zu verhandeln. Ich wurde auch keineswegs heiterer durch das Geheul von Wölfen auf den Hügeln, das Rael des Nachts winselnd bei mir Schutz suchen ließ, als wir in einer elenden Lehmhütte lagen, oder durch den Gestank brennender Reisigbündel vor der Kirche eines kleinen Städtchens. Wir durchzogen den Ort, als man eben einen Juden und einen Mauren verbrannte. Sie waren Rücken an Rücken an denselben Pfahl gebunden und trugen einen Kopfputz, darauf Teufel gemalt waren. Mönche in schwarzem Habit sangen und schwenkten ihre Kruzifixe, und Don Gastaldo machte hier trotz seiner Eile halt, um der traurigen Zeremonie beizuwohnen. Er erzählte uns, daß kein anderes Land so schwer gegen die Ketzerei zu ringen habe wie Spanien. Hier müsse die heilige Inquisition sowohl die jüdische Ketzerei als auch das ererbte, eingefleischte Mohammedanertum bekämpfen. Daher rühre ihn der Gestank dieses Rauches tief und rufe teure Kindheitserinnerungen in ihm wach.
    Wir erreichten Madrid an einem der letzten Julitage, müde und krank von unserer Reise durch blendende Hitze und Staub. Don Gastaldo erfuhr zu seiner größten Freude, daß der Kaiser soeben aus Toledo hier angekommen war; er nahm sich nicht einmal Zeit, den Staub von seinen Kleidern zu bürsten oder auch nur die Sporen abzuschnallen, sondern bewarb sich eilig um eine Audienz bei Seiner Majestät. Ober seinen Auftrag zerbrachen wir uns nicht den Kopf. Ich bewunderte ihn sehr, denn obwohl er von den Strapazen der Reise schmal und hohläugig geworden war, blieb er doch so lebendig und biegsam wie ein Papier. Andy erzählte mir, so zähe und ausdauernde Soldaten wie die Spanier gäbe es sonst nirgends auf der Welt.
    Wir aber schlichen steif und mit schmerzenden Gliedern in eine Schenke, wo wir auf lateinisch, französisch und italienisch Speise und Trank bestellten. Der Wein stieg mir sogleich zu Kopf. Andy trank den seinen aus einem Eimer, und Rael nagte unter dem Tisch heißhungrig an einem Knochen und knurrte jeden an, der ihn streicheln wollte. Bald hatte sich ein Häuflein Spanier um unseren Tisch geschart, sie sahen uns, besonders Andy, mit offenem Mund beim Essen und Trinken zu; sie bekreuzigten sich und verfolgten jeden Bissen mit ihren dunklen Augen.
    Andy fühlte sich nun mit aller Welt gut Freund und Bruder und bemerkte: »Diese armen Vogelscheuchen sind ebensogut erlöst worden

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