Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
Seine Heiligkeit Papst Clemens VII. Sein Führer sollte offenbar der Marquis von Pescara, der Oberbefehlshaber der Kaiserlichen zu Mailand, sein. Ich empfand diese Last bald zu schwer für einen allein und erklärte Andy, der angesichts meiner Erregung mich mit Fragen bedrängte, die ganze Geschichte.
    »Das klingt böse«, meinte Andy gelassen. »Der Kaiser hat seine Truppen entlassen, weil er sie nicht mehr besolden konnte. In Mailand aber genießt der Marquis von Pescara immer noch Ansehen, und Frundsberg kann jederzeit zehntausend Pikeniere aus dem Boden stampfen.«
    »Aber du siehst den Kern der Sache nicht«, wandte ich ein. »Pescara hat an einer heimlichen Verschwörung gegen den Kaiser teilgenommen, der ihn übel behandelt und nicht nach seinen Verdiensten belohnt hat. König Franz hat man seinen Händen entrissen und nach Spanien gebracht. Außerdem ist er empört über de Lannoy, den Vizekönig von Neapel, und den Herzog von Bourbon, die beide gemächlich in Spanien sitzen, die Beute bewachen und dem Kaiser schmeicheln. Der Papst hat ihm die Krone von Neapel oder beider Sizilien versprochen, wenn Neapel fällt, und hat ihm viele Doktoren der Theologie und der Jurisprudenz gesandt, die eine Erklärung verfassen sollen, daß er ohne Verlust seiner Ehre den Kaiser im Stich lassen und sich mit dessen Feinden verbünden darf, ungeachtet seiner Stellung als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen.«
    »Der Teufel!« rief Andy aus und blieb lange stumm.
    Endlich erwiderte er: »Wenn das wahr ist, sitzt der arme Kaiser in einem lecken Boot, und er tut mir leid, denn de Lannoy und Bourbon können es mit Pescara nicht aufnehmen. Jetzt aber wollen wir Feuer machen und diese Papiere so schnell wie möglich verbrennen, damit wir sie vergessen und unsere Reise ruhigen Gewissens fortsetzen können.«
    In meinem Kopf aber spannen sich bereits habsüchtige und hochfliegende Pläne an, und mich berauschte der Gedanke, daß das Schicksal der Welt in unseren Händen lag.
    »Gott sie dir gnädig, Andy! Diese Papiere sind kostbar und viel Geld wert. Wir wollen nicht solche Einfaltspinsel sein, sie zu verbrennen, sondern lieber überlegen, wer uns den höchsten Preis zahlen würde.«
    Andy meinte: »Beim Festmahl der Löwen haben die Ratten nichts verloren. An einem so gewaltigen Spiel dürfen wir uns nicht beteiligen; wir haben nur einen gewaltsamen Tod davon zu erwarten, gleichgültig, wem wir sie verkaufen. Die erbrochenen Siegel beweisen, daß wir ihren Inhalt kennen. Der Papst würde uns auf dem Scheiterhaufen verbrennen, Pescara uns strecken und vierteilen und die Königinmutter uns zweifellos hängen lassen, weil wir ihre Post beraubten.«
    »Aber Andy«, meinte ich vorwurfsvoll, »hier geht es um so große Dinge, daß wir nicht an unsere eigene Haut denken dürfen. Wir dürfen nicht vergessen, daß der Friede der Welt in Gefahr schwebt und die Vorsehung uns diese Papiere in die Hände gespielt hat, um ihn zu retten. Der Kaiser allein kann diese Bedrohung seiner Macht abwenden. Ihm müssen wir die Papiere in größter Eile zukommen lassen. Geruht er, uns angemessen zu entlohnen, so wollen wir es demütig als ein Geschenk Gottes annehmen.«
    Andy hielt den Kopf in den Händen, raufte sich die Haare und versetzte: »Der Kaiser ist so verdammt arm, daß wir wenig gewinnen würden, wollten wir ihm helfen. Wir werden aufs falsche Pferd setzen, Michael, und auf dem kürzesten Weg zur Hölle fahren, wenn wir versuchen, seinen schwankenden Thron zu stützen, zu einer Zeit, da selbst Pescara ihn im Stich läßt – denn der Marquis weiß, was er tut.«
    Ich aber blieb störrisch und sagte: »Dieser gute, junge Kaiser scheint von Gott auserwählt, der geplagten Welt wieder die Ordnung zu bringen. Er mag arm sein; dennoch ist er nicht fern der Herrschaft über die ganze Welt, und wenn er vom Verrat des Papstes erfährt, so wird er ihn gewiß vernichten und die Kirche säubern. Er hat auch geschworen, die Ketzerei in Deutschland auszurotten, und ich habe nichts dagegen, denn ich habe mit eigenen Augen gesehen, daß es nicht Gottes Wille war, das Himmelreich auf Erden zu errichten. Luthers Zeit ist vorbei, ganz Deutschland verflucht seinen Namen. Und ich kann mir nicht helfen; mir ist, als sei ein gewisser Eid, den ich am Blutgerüst meines Weibes schwor – und den ich nicht einmal dir wiederholen will, weil du mich sonst für verrückt hieltest –, doch ein guter Eid gewesen, der in Erfüllung gehen wird.«
    Andy mahnte mich

Weitere Kostenlose Bücher