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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sollte er nicht einem zufälligen Zechkumpan von solchen Dingen vorplaudern. Ihr müßt sehr einfältig sein, Michael Pelzfuß. Noch mehr solche Reden, und Ihr findet Euch in den Verließen des Alkazar oder habt das Schwert eines von Bourbons Leuten im Leib.«
    Andy bemerkte: »Mein guter Bruder, hier ist ein seltsamer Kauz, der bisweilen über seine Zunge stolpert, weil ihm der Wein gar leicht zu Kopf steigt. Dennoch sehe ich mich gezwungen, lieber Zechbruder, Euch um unserer Sicherheit willen den dürren Hals umzudrehen.«
    Der Barbier fuhr mit der Hand an die Kehle und wurde sogleich nüchtern. Er schielte nach der Tür, aber Andy stand ihm im Weg.
    Vorsichtig tippte er Andy mit dem Zeigefinger an die Brust, um ihn vom Leibe zu halten; dann seufzte der kleine Bursche und sagte: »Es wird sich für Euch nicht lohnen, mich zu töten, denn wenn Ihr wirklich solche geheime Nachrichten besitzt, so bin ich vielleicht der Mann, der Euch am besten dienen kann. Ich glaube, de Lannoy kann Euch hinter Bourbons Rücken eine Audienz erwirken; mag sein, daß er Euch sogar bezahlt, denn er liebt es gar sehr, dem Herzog zuvorzukommen, wann immer er kann.«
    Und so führte er uns vor Lannoy und bewog diesen Edelmann, uns anzuhören, während sein Bart gestutzt und gesalbt und sein Haar gewellt wurde. Und als ich ihm erzählt hatte, soviel ich zu sagen wagte, war er überglücklich über diese Gelegenheit, seinen Nebenbuhler Pescara zu entlarven und als Verräter zu brandmarken.
    »Das ist in der Tat die allergrößte Neuigkeit«, sagte er. »Überlaßt mir die Papiere, und ich will sie unverzüglich dem Kaiser zuleiten. Ihr dürft meiner Gunst und einer angemessenen Belohnung sicher sein.«
    Hier räusperte sich Andy und stieß mich an.
    Ich nahm meinen Mut zusammen und antwortete: »Wir sind beide arm, und das Geld könnten wir gar wohl gebrauchen. Allein wir unternahmen diese lange, beschwerliche und kostspielige Reise, um dem Kaiser unsere Ergebenheit zu beweisen; daher kann ich diese wertvollen Papiere nur in seine eigenen Hände legen. Er soll uns nach Gutdünken belohnen; von Euch fordern wir nichts.«
    Lannoys Gesicht verfinsterte sich.
    »Wie soll ich wissen, ob ihr nicht gemeine Betrüger und Glücksritter seid?« fragte er. »Wie soll ich wissen, ob dies nicht eine von Bourbons Fallen ist? Und was hindert mich, meine Diener zu rufen und ihnen zu befehlen, Euch diese Papiere mit Gewalt abzunehmen?«
    Andy hob gedankenverloren ein großes Silbergefäß vom Tisch und zerdrückte es mühelos zu einem formlosen Klumpen.
    De Lannoy bekreuzigte sich, und ich sprach: »Eure Ehre, edler Herr, und Euer Ruhm als ritterlicher Fürst und bester Feldherr Europas werden Euch hindern, so armen Teufeln wie uns Böses widerfahren zu lassen.«
    Dies sowie die Tatsache, daß wir keinen Lohn von ihm forderten, rührte ihn. Dennoch mußte ich ihm den Brief lesen lassen, der von Pescaras Bündnis mit dem Feind und seinem verheißenen Lohn – der Krone beider Sizilien – handelte.
    Als er den Brief gelesen hatte, bekreuzigte er sich immer wieder und meinte, an einen so abscheulichen und heimtückischen Verrat hätte er nie gedacht. Doch sah ich, daß er innerlich vor Freude über die Gelegenheit, seinem Nebenbuhler zu schaden, bebte. Er hoffte schon, der Kaiser werde ihn sogleich nach Mailand senden, um Pescara gefangenzunehmen und hinrichten zu lassen, und wollte gerne die Ehrenstelle eines Hüters des gefangenen Königs für einen so willkommenen Auftrag hingeben.
    Als wir ihn verlassen hatten, um Mittel und Wege für eine baldige Audienz ausfindig zu machen, fragte der kleine Barbier verstimmt, wer ihm seine Dienste lohnen sollte. Er sei ein armer Mann und wolle alle Ansprüche auf einen Anteil an der kaiserlichen Belohnung für eine unverzügliche kleine Anerkennung aufgeben. Dies schien uns ein guter Handel; wir feilschten einige Zeit, bis er sich mit fünfzehn Dukaten zufrieden gab. Ich hielt ihn für einen rechten Einfaltspinsel, daß er seinen Anteil so billig verkauft. Aber ach, wir waren größere Einfaltspinsel als er.
    Wir ließen uns nun in des Vizekönigs Palast unter seinem Schutze nieder, was uns in einem solchen Lande voller Verrat und Ränke das Klügste schien; später am selben Tag teilte de Lannoy uns mit, er habe uns eine Geheimaudienz vermittelt. Der Kaiser wolle auf der Rückkehr von der Jagd am Nachmittag des folgenden Tages über Durst klagen und auf einen Schluck Wein in de Lannoys Landhaus absteigen, während sein

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