Michael, der Finne
verglimmende Asche der Feuer einen verlassenen Platz beleuchtete. Nur eine graue Katze blieb zurück und leckte Blut von einem ausgetretenen, marmornen Pflasterstein.
Ich hatte mich um die Verwundeten bemüht, und als ich nun mit Andy auf dem stillen Platz saß, hörten wir die Stöße, mit denen Türen erbrochen wurden, die Schreie von Frauen und die Hammerschläge auf eisenbeschlagenen Truhen.
Andy sah mich an, bekreuzigte sich und meinte: »Das klingt verdächtig. Ich fürchte, die Spanier wollen uns ehrlichen Deutschen zuvorkommen, obwohl ausgemacht war, daß die Plünderung erst bei Tageslicht beginnt. Ich meine, wir könnten gar wohl einige Sehenswürdigkeiten betrachten, wenn es auch dunkel ist, und wenigstens ein weicheres Bett als diesen Marmorstein finden.«
Weder er noch ich wußten in Rom Bescheid; so zogen wir aufs Geratewohl los, gefolgt von dreien von Andys Pikenieren, die in ihrem Biwak zurückgeblieben waren. In vielen Häusern schien Licht durch die zerbrochenen Fensterläden, und drinnen hörten wir betrunkene Soldaten schreien und sich vergnügen. Wir bogen in eine Seitengasse ein, die noch im Dunkel lag, obwohl an ihrem unteren Ende Fackelschein aufleuchtete und das Splittern von Holz zu hören war. Ein Mann mit fettem Gesicht, der uns hatte kommen hören, öffnete uns, als wir vorbeikamen, die Haustür, schützte seine Kerzenflamme mit der Hand und hieß uns in seinem Hause willkommen. Er habe den Kaiser stets geliebt, meinte er, und verlange nichts sehnlicher, als die Ehre, seine tapferen Soldaten zu bewirten – solange ihrer nicht zu viele wären. Er sei ein Weinhändler, habe heute abend viele Flaschen mit seinem besten Wein gefüllt, und seine Frau habe den Tisch für die erwarteten Gäste gedeckt. Er sehe an unseren Gesichtern, daß wir anständige Leute seien, und wir müßten hier Quartier beziehen und uns heimisch machen, da wir nur unser fünf seien.
Einer so herzlichen Einladung konnten wir nur gerührt folgen; wir versprachen, unsererseits alle Eindringlinge abzuwehren, was Andy auch wirklich im Verlauf des köstlichen Mahles, das wir dort genossen, tun sollte.
Als aber Andys drei Pikeniere gegessen hatten, wischten sie sich mit dem Handrücken den Mund und meinten mißtrauisch, es sei nun an der Zeit, zur Sache zu kommen und das zu sichern, weswegen sie nach Rom weitergezogen seien.
Andy wandte sich an unseren Wirt und sprach: »Wenn Ihr ein wahrer und treuer Diener des Kaisers seid, wie Ihr vorgebt, so zahlt uns den rückständigen Sold aus und schickt Eure Rechnung an Seine Majestät.«
Der Weinhändler zog ein langes Gesicht, wischte sich den Schweiß von der Stirn und jammerte, er sei arm; endlich aber händigte er uns nach vielem Sträuben zwanzig Dukaten aus. Das hieß aber nur vier für jeden, und die Soldaten murmelten, er sei gewiß reicher, als er vorgebe. Dann fingen, während Andy gemächlich weiter trank, die Männer an, Laden, Schränke und Truhen zu erbrechen und deren Inhalt überall auf dem Boden zu verstreuen, obwohl der Weinhändler und sein Weib sie auf den Knien baten, davon abzulassen. Dann beäugten sie die plumpen Rundungen ihrer Wirtin und ließen den Wunsch verlauten, den großen Sieg in weiblicher Gesellschaft zu feiern. Und als sie anfingen, sie höchst unschicklich zu zwicken und zu streicheln, klammerte sie sich angsterfüllt an ihren Gemahl, der sie im Namen der Heiligen Jungfrau beschwor, seine Frau in Frieden zu lassen; er holte eilends zwei Mägde aus ihrem Versteck in der Dachkammer herbei. Diese armen dunkeläugigen Mägdlein weinten und wehrten sich, aber vergeblich; zwei unserer Männer schleppten sie in des Weinhändlers eigenes Bett, während der dritte wartete, bis er an die Reihe kam, und inzwischen in den Keller ging, um mehr Wein zu holen.
Die Behandlung dieser armen Mädchen durch unseren Wirt empörte mich, und ich herrschte ihn an: »Du verlogener Hund! Ich lese dir am Gesicht ab, daß du uns betrügen willst und dein Geld versteckt hast. Wir werden dich für deinen Verrat an den treuen Soldaten des Kaisers hängen müssen.«
Andy pflichtete mir bei, daß das Hängen der beste Lohn für einen solchen argen Schelm sei, packte ihn am Kragen und hieß mich einen Strick herbeischaffen. Ob er es nun ernst meinte oder nicht, der Weinhändler glaubte ihm und versprach, uns das Versteck zu zeigen, wenn wir nur sein Leben und seines Weibes Ehre schonten.
So stiegen wir in den Keller hinab, wo unser Wirt mit zitternden Händen ein
Weitere Kostenlose Bücher