Michael, der Finne
vorstrecken.«
»Aber was kann ich tun?« fragte ich verwundert.
Madame Geneviève packte mich am Arm und bat: »Ihr sollt ihm in meinem Namen einen Brief schreiben und überbringen. Ihr müßt ihm sagen, daß ich durch viele Ränke meinem Gatten fünfzig Golddukaten ablisten konnte und demütig bitte, meinen edlen Geliebten noch einmal sehen und ihm den Betrag eigenhändig überreichen zu dürfen, obwohl ich mich dieser so kargen Summe schäme. Wenn er mir nur Zeit und Ort nennen will, so will ich zu ihm eilen, und sei es durch das Feuer der Hölle.«
Ihre Not erweichte mich. Ich wußte, wie ihr zumute war, war ich doch selbst ein Liebender.
»Madame«, sagte ich, an allen Gliedern zitternd, »welchen Lohn wollt Ihr mir gewähren, wenn ich ihn zwinge, Euch zu lieben?«
Sie lachte.
»Ihr sprecht von unmöglichen Dingen, Michael, aber wenn Ihr es wirklich vermöchtet, würde ich Euch alle Tage und Nächte meines Lebens in meine Gebete einschließen und Euch nichts versagen, was zu schenken in meiner Macht steht.«
»Madame, dies ist Zauberei, und es mag sein, daß ich mich dem Bösen ausliefere, wenn ich Euch helfe. Aber ich habe einen Liebestrank, der nach den Worten meiner Pflegemutter unwiderstehlich ist. Reicht ihn ihm verstohlen bei Eurer nächsten Zusammenkunft!«
Sie erbleichte, und ihre Augen wurden dunkel und glänzten. Dann legte sie mir die Arme um den Nacken und küßte mich auf den Mund.
»Michael, wenn das wahr ist, so dürft Ihr alles von mir erbitten, und ich will Euch nichts abschlagen.«
Ich küßte ihr zitternd das Gesicht und die bloßen Arme und sagte: »Ich schäme mich, Euch mein Verlangen zu gestehen. Aber ich habe seit dem ersten Augenblick, da ich Euch sah, keine Ruhe gefunden, und ich träume nachts von Euren Augen, die dunklen Veilchen gleichen. Ich sehne mich von ganzem Herzen nach Euch, obwohl das eine schwere Sünde ist – eine größere vielleicht als die, durch Zauberei eine Liebe zu entfachen.«
Sie löste erschreckt ihre Umarmung und wies mich zurecht.
»Michael, ich habe mich in Euch arg getäuscht und verstehe nicht, wie Ihr es wagen könnt, so zu einer ehrbaren Frau zu sprechen. Aus Eurem Benehmen muß ich schließen, daß Ihr ein sündhaftes Verlangen nach mir tragt, was ich nie vermutet hätte.«
Ich sah, wie tief sie mich verachtete, allein ihr Widerstand entflammte mich noch mehr und ließ sie in meinen Augen noch begehrenswerter erscheinen. Sie war in der Tat schön, als sie mich so maß, leichte Zornesröte auf den Wangen, die Hände wie zum Schutz auf dem Rücken verschränkt.
»Madame Geneviève«, versetzte ich ehrerbietig, »denkt daran, daß es in meiner Macht liegt, das edle Herz Eures Geliebten zu bezaubern, so daß er ohne Euch nicht mehr leben kann und Eure liebsten Wünsche erfüllen wird. Denkt daran, daß Euer Brunnen nicht versiegen wird, wenn Ihr einen armen Verschmachtenden daraus trinken laßt – und im übrigen braucht es keiner zu wissen.«
Die Versuchung war groß. Sie begann verzweifelt die Hände zu ringen und versuchte, mich mit zärtlichen Worten von meinem Vorhaben abzubringen. Sie liebkoste mir die Wangen und sah mir tief in die Augen, aber ich vergaß keinen Augenblick, daß ich mein Seelenheil gefährdete, wenn ich ihr mit Hilfe der Schwarzen Kunst beisprang, und bestand daher auf meinem Lohn, der ihr in meinen Augen nicht schwerfallen konnte.
»Ich will Euch den Liebestrank geben«, sprach ich. »Wir wissen beide nicht, wie er sich bewähren wird, aber meine gute Pflegemutter hat mich nie belogen, daher habe ich allen Grund, ihr auch in dieser Sache zu vertrauen. Sollte er sich wirksam erweisen, so wird Euer Glück so groß sein, daß Ihr mir einen Bruchteil davon nicht mißgönnen werdet. Wenn Ihr Euren Geliebten trefft, bittet ihn um einen Trunk. Dann schüttet heimlich ein paar Tropfen des Elixiers in das Glas und ersucht ihn, mit Euch daraus zu trinken.«
Unwirsch hieß sie mich schweigen; sie wisse recht wohl, was sie zu tun habe. Das machte mich froh, bewies es mir doch, daß sie sich anschickte, in den Handel zu willigen. Ich schrieb den verlangten Brief und machte mich damit selbst auf den Weg, nachdem sie mir sorgfältig eingeschärft hatte, wo er wohnte und wie er anzusprechen sei.
Der Liebhaber stand in seinem Garten und dressierte eben einen jungen Falken, dessen Lider zusammengenäht waren. Der Vogel saß hilflos auf des Falkners Handschuh und wagte nicht, seine Schwingen zum Fluge zu breiten. Ich gestehe, daß
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