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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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willen, gute Freunde, helft mir und verschafft mir eine Sänfte, daß ich meinen Weg fortsetzen kann.« Ich sagte ihr, sie käme zu Fuß schneller ans Ziel, als wenn wir nach Einbruch der Dunkelheit versuchten, eine Sänfte aufzutreiben, doch sie erklärte uns, daß der Mann beim Pferd bleiben solle, sie keinen anderen Begleiter habe und es für eine Dame nicht ratsam sei, nachts allein in den Straßen von Paris zu gehen – übrigens bei Tag ebensowenig.
    Darin mußte ich ihr beipflichten und sprach: »Ich bin ein armer Bakkalaureus, und mein Bruder hier ist ein Gelbgießer; doch wenn Ihr Euch uns anvertrauen wollt, so wollen wir Euch sicher heimgeleiten, und wenn Ihr fürchtet, Eure Schuhe und Eure Kleider zu beschmutzen, so können wir Euch über die schmutzigsten Stellen tragen.«
    Sie zögerte und maß uns prüfend durch ihren Schleier, doch ihre Eile siegte über ihre Bedenken, und sie erwiderte: »Mein Gatte wird sich sehr um mich sorgen, denn ich hätte um die Vesperzeit von dem Besuch, den ich meiner alten, kranken Amme abstattete, zurück sein sollen.«
    Der Diener gab uns eine Fackel, und wir brachen auf; ich trug die Fackel und Andy die Frau, bis wir in trockenere und besser beleuchtete Straßen kamen. Wir mußten bis zum St. -Bernards-Kloster gehen, bis die Frau mit einem Seufzer der Erleichterung vor einem festgefügten Steinhaus hielt und mit dem Klopfer an die eisenbeschlagene Tür pochte.
    Andy wischte sich den Schweiß von der Stirn und wandte sich zu mir: »Gott sei Dank, daß wir da sind! Den ganzen Weg hat mich der Satan mit Versuchungen gequält, denen ich nur widerstehen konnte, indem ich viele Ave Maria hersagte.«
    »Ist sie denn so schön?« fragte ich, obwohl mir die Jugend und Schönheit der Frau nicht entgangen waren.
    »Und wenn schon«, versetzte Andy. »Nein; als ich sie trug, hörte ich das Klirren und Klingeln von viel Schmuck, und ich glaube, daß sie hundert Dukaten in Gold und Edelsteinen auf dem Leibe trägt. Ich kann mir nicht denken, daß eine feine Dame Samt und Juwelen zum Besuch ihrer alten Amme anlegen sollte. Aber jedes Land hat seine Sitten, und fern sei es von mir, mich zum Richter aufzuwerfen. Jedenfalls versuchte mich Satan gar grausam und zeigte mir, wie wir im Handumdrehen die Fackel auslöschen, ihr die Juwelen entreißen und sie in den Fluß hätten werfen können. Das hätte im Nu vorüber sein können, und du und ich wären reich genug gewesen, um jahrelang ein ehrbares Leben zu führen.«
    Ich begann die Dame mit anderen Augen zu betrachten, aber im selben Augenblick öffnete sich die Tür unter dem Geräusch vieler Riegel, die zurückgezogen wurden, und sie begann nach Art der Frauen ihres Schlages den Pförtner für seine Säumigkeit zu schelten.
    Dann lud sie uns ein, einzutreten. »Mein Gatte wird Euch gewiß für Eure bereitwillige Hilfe danken wollen.«
    Allein ihr Gatte, ein kleiner, reizbarer Greis mit wirrem Bart und geschwollenen roten Augenlidern, wußte uns keinen besonderen Dank. Er schüttelte den Stock gegen sein Weib und bellte: »Wo bist du gewesen? Was bringst du mir Diebe und Schurken ins Haus? Schau nur deinen Aufzug an! Wahrlich, Gott hat mich in meinem Alter bestraft, daß er mir ein Kreuz wie dich zu tragen auferlegte.«
    »Edler Herr«, versetzte Andy, »ein solches Kreuz ist leicht und angenehm zu tragen. Viele Menschen haben ein schlimmeres als Ihr, wie Armut, Hunger und Durst, die meinen Bruder und mich quälen; denn wir haben einen weiten Umweg gemacht, um Eure schöne Frau sicher heimzugeleiten. Dennoch wollen wir, so Ihr es wünscht, Euch mit Freuden von diesem Kreuz befreien und es dahin zurücktragen, wo wir es fanden.«
    Der boshafte Alte stieß seinen Stock auf den Boden und schoß tückische Blicke auf seine weinende Gattin, auf uns und wieder auf sie. Schließlich griff er in seine Börse und bot Andy und mir einen Denier für unsere Mühe; doch darauf schluchzte seine Gattin noch bitterlicher und fragte ihn, ob ihm ihre Ehre nicht mehr wert sei. Der Auftritt endete damit, daß er uns ungeachtet seiner Entrüstung zum Abendbrot einlud, das schon seit geraumer Zeit bereitstand. Während des Essens beschrieb die Dame ihr Abenteuer sehr ausführlich und erzählte viel von der kranken Amme, wobei sie uns zu Zeugen für die Wahrheit ihrer Worte anrief. Bald strahlte und lachte sie, was mich gar lieblich dünkte, so daß ich rasch von ihr sehr eingenommen war. Auch ihren Gatten besänftigte sie; er lächelte zahnlos in seinen Bart

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