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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Mann von hinreichender Bildung finden, der nicht gerade anderswo dringend beschäftigt ist. Aber Ihr seid ein studierter Mann, ein tüchtiger Lateiner, von vortrefflichem Charakter, unparteiisch und ein Finne. Packt das Glück beim Schopf und eilt in den Palast.«
    Er zog mich, schlaftrunken wie ich war, aus dem Bett und stellte mich, bevor ich noch erfaßte, worum es ging, im Palast dem alten, scheeläugigen Meister Slagheck vor, der mich in meinen Pflichten unterwies. So fand ich mich ganz unerwartet in der erlauchten Gesellschaft der geistlichen Fürsten, dreier Bischöfe, acht Kanoniker, eines Dominikanerpriors, die sich alle kummervoll hinter verschlossenen Türen gleich einer eingeschüchterten Herde zusammengefunden hatten, und des Erzbischofs selbst. Seine Gnaden der Erzbischof erkundigte sich nach meinen geistigen Fähigkeiten und war erstaunt, zu hören, daß ich nicht dem Priesterstand angehörte. Ja, er war der Meinung, dies müsse unverzüglich behoben werden und weihte mich an Ort und Stelle mit einer hastigen Handauflegung zum Priester. Ich wußte nicht, ob ich auf den Beinen oder auf dem Kopf stand, und konnte nicht glauben, daß infolge einer so einfachen Handlung von nun an Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt würden, wenn ich die Wandlungsworte sprach. Als ich aber wagte, dies dem Erzbischof anzudeuten, der im vollen bischöflichen Ornat erschienen war, entgegnete er scharf, davon verstehe er mehr als ich. Ich schwieg wohlweislich.
    Die Versammlung schien den Prälaten, die lieber ungestört die Nachwirkungen der vergangenen Feiern ausgeschlafen hätten, nicht zu behagen. Die meisten von ihnen konnten immer noch ihre Gedanken nur schwer sammeln, um eine so ernste Angelegenheit zu erörtern. Der Erzbischof riß sogleich die Führung an sich, entfaltete die Anklageschrift, die er am Vortage gegen die schwedischen Adeligen entworfen hatte, und auch das geheime Dokument, dessen Versteck Frau Christina mit weiblicher Gedankenlosigkeit preisgegeben hatte, um die Ehre Sten Stures, ihres dahingeschiedenen Gemahls, zu verteidigen. Dieses Dokument, so bemerkte der Erzbischof kummervoll, erschwere die Schande und Erniedrigung, deren Opfer er geworden war, noch weiter, da es enthülle, daß überraschend viele Herren in hoher Stellung, darunter der Bürgermeister und der Stadtrat von Stockholm, in diese abscheuliche und ketzerische Verschwörung gegen die heilige Kirche verwickelt seien. Es ginge nun nicht länger darum, die Verstöße gegen ihn, den Erzbischof, wiedergutzumachen. Als König Christian den Eid abgelegt habe, habe er geschworen, die Rechte der Kirche zu schützen, und es sei daher seine Pflicht, aufzudecken, wie weit sich das Übel der Ketzerei in seinem Reiche verbreitet habe. Dieser Gerichtshof nun sei eingesetzt worden, die Angelegenheit zu untersuchen und seine Erkenntnisse niederzulegen.
    Der erste Punkt, den Seine Gnaden zur Debatte stellte, war die Frage, ob irgendeiner der Unterzeichner von der Anklage freizusprechen sei, und die Versammlung erklärte einstimmig, daß Bischof Hans Brask von Linköping unverzüglich von jeder Mitschuld freizusprechen sei, da er unter Zwang unterschrieben habe.
    Über den Wortlaut des Berichtes folgte eine allgemeine Debatte, über die Erkenntnisse selbst hingegen war man einer Meinung. Die Verschwörer hatten sich in Gegensatz zur Kirche und zur Autorität des Papstes gestellt und waren dadurch in Ketzerei verfallen.
    Bischof Jens, ein guter, aufrechter Mann, erläuterte dies und fügte hinzu: »Unsere Aufgabe ist schmerzlich. Wir wollen uns jedoch mit dem Gedanken trösten, daß wir kein Urteil fällen und uns daher nicht verantwortlich zu fühlen brauchen für die Maßnahmen, zu denen sich der König bewogen fühlen mag. Mit der Ketzerei muß man freilich streng verfahren; aber die große Zahl der Angeklagten, ihre hohen Stellungen und Seiner Majestät beschworener Eid, frühere Vergehen zu vergessen, bieten eine ausreichende Gewähr seiner Milde.«
    Der Erzbischof entgegnete scharf: »Es ist nicht unsere Sache, von Bestrafung zu reden. Wir müssen uns darauf beschränken, die uns auferlegte Aufgabe zu erfüllen. Die Milde, von der Ihr sprecht, hat hier nichts zu besagen, da der König nicht die Macht hat, Verstöße gegen die Kirche zu vergeben. Wir haben schon viel Zeit mit unnötigem Reden vergeudet. Wir wollen nun unseren Bericht diktieren und unterzeichnen und Seiner Majestät die Entscheidung über die nötigen Schritte

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