Michael, der Finne
überlassen. Wir sind nicht seine Ratgeber.«
So wurden schließlich die Erkenntnisse zu Papier gebracht, und ich schrieb sie in meiner schönsten Handschrift ins reine. Die Unterzeichner jenes Dokuments wurden darin einzeln und namentlich angeklagt, und der Gerichtshof erkannte, daß sie alle, ausgenommen Bischof Hans Brask, notorische Ketzer waren. Daher übergab der Gerichtshof sie dem weltlichen Arm. Ich gestehe, daß diese schrecklichen Worte mir das Blut in den Adern stocken ließen, denn die kanonische Tradition ließ sowohl die Untersuchung als auch die Entscheidung in entsetzlichem Lichte erscheinen, und mir war, als nähme ich schon den Brandgeruch des Scheiterhaufens wahr.
Die Mitglieder des Gerichtshofes unterzeichneten verdrossen und schweigend ihre Erklärung; obenan der Erzbischof. Ich zündete die Kerzen auf dem Tisch an, damit die Würdenträger Wachs schmelzen und ihre Siegel anbringen konnten. Dann nötigte Seine Gnaden lächelnd die Versammlung zu dem Mahle, das sie so wohl verdient hatte. Er ließ sich sogar herab, mir auf die Schulter zu klopfen und mich mit einzuladen, da ich nach meiner erschöpfenden und wichtigen Arbeit sehr hungrig sein müsse. Seine Leutseligkeit ermutigte mich, ihn nochmals zu fragen, ob ich nun wirklich geweihter Priester sei, und er erwiderte, ich könnte nun mit gutem Gewissen die Tonsur nehmen und meine Bestallungsurkunde vom Domkapitel anfordern. Als ich zu erwähnen wagte, daß ich das kanonische Alter noch nicht erreicht und nicht einmal ehelicher Abkunft sei, lächelte er sauer und meinte, solche Dinge hätten angesichts des großen Dienstes, den ich der Kirche an diesem Tage erwiesen hätte, wenig zu bedeuten.
Fröstelnd und hungrig ließen wir uns an einem langen Tisch in einem behaglichen Speisesaal nieder, den ein helles, prasselndes Feuer erwärmte. Man setzte uns heiße Suppe, Blutwurst und die verschiedensten Leckerbissen vor, die von den Gastereien der drei Tage übriggeblieben waren. Allein das Gespräch schleppte sich trotz des starken Bieres nur mühsam fort, und wir aßen in gedrücktem und drückendem Schweigen. Draußen fielen spärliche Schneeflocken vom grauen Novemberhimmel, und ich war keineswegs glücklich, obwohl meine heimlichsten Wünsche so rasch in Erfüllung gegangen waren. Alles war so plötzlich gekommen, daß ich immer noch die Bedeutung dessen, was ich getan hatte, kaum erkannte, und ich glaube, auch die Bischöfe hatten – bis die Wärme und das Bier die Geister auftauten – die weitreichenden Folgen ihres Vorgehens nicht klar erkannt. Denn nach dem alten Kirchenrecht ist der Tod die einzige Strafe für unverbesserliche Ketzerei, und es würde dem König außerordentlich schwerfallen, selbst beim besten Willen und trotz aller seiner Versprechungen dieses Gesetz zu umgehen.
Während der Mahlzeit drangen ferne Hornstöße an unser Ohr, allein wir beachteten sie nicht. Schließlich erhoben wir uns von der Tafel. Bischof Jens hatte gerade ein kurzes Tischgebet zum Dank für die guten Dinge, die wir genossen hatten, gesprochen, als ein Diener erregt ins Zimmer stürzte und rief, die Bischöfe Matthias und Vincentius würden soeben aus dem Palast zur Hinrichtung auf den Großen Platz geführt.
Wir standen starr vor Schreck; aber der Erzbischof beruhigte uns: »Der Kerl ist verrückt.«
Der gute Bischof Jens setzte hinzu: »Gott verhüte, daß wir Seine Majestät für fähig halten sollten, daß er einen Finger gegen solche Männer rührt.« Und als er sich von seinem Schrecken ein wenig erholt hatte, fuhr er lachend fort: »Wir wissen, daß niemand in Schweden seit der Kapitulation so viel für den König getan hat wie Bischof Matthias von Strängnäs. Seine Majestät hätte ohne seine Hilfe kaum gesiegt.«
Aber die geistlichen Fürsten waren nun ernstlich verstört; sie gingen hin und her und versuchten, durch die Fenster zu spähen. Der gute Bischof Jens hieß mich nachsehen, was vorgehe, und ich schlüpfte hinaus und eilte hinunter in den Hof, wo ein Haufe deutscher Söldner mich brüllend wieder ins Haus jagte. Der König hatte eben verkünden lassen, daß jedermann im Palast und in der Stadt innerhalb seiner vier Wände bleiben solle. Aber in diesem Augenblick öffnete sich eine Tür, und die Bischöfe Matthias und Vincentius schritten zwischen Wächtern auf den Hof. Beide Männer waren vor Schmerz und Übernächtigung bleich, aber als der Generalprofos vortrat, um sie zu geleiten, versuchte Vincentius zu lächeln und fragte
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