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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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armen, dürren Hals können.«
    »Jungfer Pirjo«, entgegnete ich mit verletztem Stolz, »ich bin kein Schwein, sondern ein Bakkalaureus Artium der gelehrten Universität Paris und genieße die Gunst seiner Majestät und Doktor Hemmings. Außerdem komme ich geradewegs von dem guten Bischof, der mir dies neue Wams und zwei Goldstücke geschenkt hat; Ihr braucht also keine Tränen um mich zu vergießen.«
    Sie fragte: »Was sagtest du doch gleich, daß du bist?«
    »Ein Bakkalaureus Artium.«
    »Meinetwegen magst du ein Eimer voll Spülicht sein, aber du bist dürr wie eine Stange und fährst bei jedem Geräusch zusammen. Iß und schlaf lieber, bis ich dir ein paar spitzenbesetzte Hemden genäht habe, die sich für deinen Rang schicken.«
    Aber als ich nun wohlbehalten heimgekehrt war, fand ich keine Ruhe, bis ich die Aufgabe zu Ende geführt hatte, die mir Doktor Hemming gestellt hatte. Zuerst wollte ich Pater Petrus aufsuchen, der mich über die Lage in der Stadt am ausführlichsten unterrichten konnte; sonst lief ich Gefahr, trotz des Geleitbriefes des Bischofs eine wohlbemessene Tracht Prügel zu beziehen, wenn ich mich an den Falschen wandte. Ich sandte eine Nachricht ins St. -Olafs-Kloster, und Pater Petrus kam herbeigeeilt, die Schöße seines Habits hochgerafft, und seine haarigen Beine flogen gleich Trommelschlegeln. Er langte schwitzend, atemlos und sehr durstig an, aber Jungfer Pirjo hatte kein Bier im Haus. Wir ließen sie allein, damit sie uns ein Mahl bereite, und schlugen eilends den Weg nach den Drei Kronen ein. Die Wirtin war dicker und schwermütiger als früher, denn ihr teurer Gatte war auf der steilen Kellerstiege ausgeglitten und hatte sich den Hals gebrochen. Sie weinte, als sie mich sah, tätschelte mir die Wangen und brachte ihr bestes Lübecker Bier herbei. Während ich Pater Petrus von den Fortschritten der Belagerung Stockholms erzählte, sammelte sich eine Menge Leute um uns, lauschte, seufzte und begleitete die Erzählung mit Zwischenrufen. Um meine Zeche brauchte mir nicht bange zu sein, denn sie nötigten mich, mir auf ihre Kosten die Kehle zu netzen und noch mehr zu erzählen. Bald rückte auch der Stadtschreiber an. Er wandte sich mit Anstand an mich und sagte, der Bürgermeister würde sich freuen, mich zu empfangen.
    Ich blieb einige Tage in Abo und wartete auf den Brief des Bischofs. Reichlicher Trunk und fettes Essen jagten mir das Blut schneller durch die Adern, und es schmeichelte mir, daß die Leute – zwar nicht ohne Gemurmel – meinen Worten aufmerksam folgten und sich bemühten, umdenken zu lernen. Sie hatten so viele Brandreden gegen Grausamkeit und Verrat der Jüten gehört, daß ihnen das in Fleisch und Blut übergegangen war. Daher waren sie jetzt nicht wenig verblüfft, daß sie nun von den Jüten nur Gutes halten sollten. In ihrer Verlegenheit begnügten sie sich damit, von König Christian das Beste zu hoffen. Der Glorienschein, der seine Gestalt umfloß, erhellte auch die mehr düsteren Gestalten der Jüten und breitete den Schleier des Vergessens über das Sengen und Brennen der Soldaten. Was konnte man denn von gottlosen Söldnern anderes erwarten? Viele Gläser erhoben sich damals in Abo auf den Frieden und auf König Christian, und mein Kopf schwebte beständig im Weindunst – ein Umstand, der meiner Gesundheit gar nicht förderlich war.
3
    Zu Ende des Monats Juli war ich wieder im Lager des Königs. Bischof Arvids Brief übergab ich Doktor Hemming, der ihn selbst Frau Christina überbrachte, ohne einen Geleitbrief oder eine Geisel zum Schutz seines Lebens zu brauchen. Der Brief des Bischofs und der anderen finnischen Führer tat ohne Zweifel seine Wirkung. Wenige Tage später wurde ein Dokument unterzeich net und besiegelt, das Frau Christina und allen jenen Bischöfen, die sich mit ihr verbündet hatten, für ihren Widerstand und ihre früheren Vergehen volle Straflosigkeit zusicherte.
    Die Kirchenglocken läuteten, Bürger in Festkleidung drängten sich in den Straßen, als der König in seine Stadt einritt, und es war eine Freude, zu sehen, mit welch nichtsahnender Heiterkeit er empfangen wurde. Am Tor nahm er die Schlüssel entgegen, die ihm Mitglieder des Stadtrats auf einem Samtkissen überreichten. Die schönsten Jungfrauen Stockholms streuten, festlich gekleidet, unter Flöten und Fanfaren Blumen auf seinen Weg. Doch konnte ich inmitten all dieser Freude das unbehagliche Gefühl nicht loswerden, daß ich geprellt worden war, denn Doktor Hemming hielt

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