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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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diesem Verrückten tun? Lassen wir ihn ziehen, so werden wir seinen Anhang gleich einem Hornissenschwarm auf dem Hals haben, und Junker Thomas wird böse sein. Halten wir ihn unter Arrest, wird er eine ständige Gefahr bilden, da ich nur einige zwanzig habgierige Söldner befehlige, die man leicht bestechen kann. Was sollen wir mit ihm tun?«
    »Das wüßte ich wirklich nicht zu sagen«, erwiderte ich freimütig. »Und ich wünsche nicht, mich in Euer Amt einzumengen, obwohl ich gestehe, daß meine Ankunft Euch in eine schwierige Lage versetzt hat.«
    Er seufzte.
    »Gelehrter Herr, Ihr habt des Königs Befehl. Ich muß Euch allen nötigen Beistand gewähren. Aber das Ausmaß der Euch übertragenen Gewalt ist nicht klar begrenzt, da natürlich viel Euch selbst überlassen bleiben muß. Ich bin verpflichtet, Euch in allem zu gehorchen, und wolltet Ihr, sagen wir, befehlen, Meister Nils um einen Kopf kürzer zu machen, so bliebe mir keine andere Wahl, als zu tun, was Ihr mich heißt. Die Sache würde ohne Verzug und, wie ich gestehen will, zu meiner großen Genugtuung besorgt werden, da sie eine ausgezeichnete Lösung dieser schwierigen Frage darstellen würde.«
    »Geehrter Herr«, rief ich entsetzt. »Gott verhüte, daß ich einen so verruchten Befehl erteile. Ich habe kein Recht dazu.«
    »Und doch habt Ihr den würdigen Herrn schwören hören, er wolle Euch den Bauch aufschlitzen, wenn er Euch wieder begegne, denn Ihr seid, wie er sagt, ein Verräter und ein Schakal des Tyrannen. Er rannte in sein Unglück, weil er nicht auf Doktor Hemmings Rat hörte. Tut Ihr nicht dasselbe, indem Ihr nicht auf mich hört, solange Ihr des Königs Ermächtigung habt zu handeln? Sollte man später irgendwelche Fragen stellen, so will ich mich verpflichten, Euch zu unterstützen und zu sagen, daß wir diesen Schritt nach reiflicher Überlegung und ausschließlich im Interesse Seiner Majestät unternahmen, da dieser eine Hals es uns ersparen wird, viele Hunderte abzuschneiden.«
    Ich mußte gestehen, daß er vernünftig sprach, doch war es schrecklich, die Verantwortung für eine Tat zu übernehmen, die gutzuheißen allein der König das Recht hatte. Ich will dieses düstere Gespräch nicht weiter ausführen; es endete damit, daß Hauptmann Gissel bei vorgerückter Stunde die Trommler bestellte und den gefangenen Meister Nils in seinem Gemach in Eisen legen ließ. Dies gelang erst nach heftigem Ringen. Im Hofe wurden zwei Fackeln entzündet, und derselbe deutsche Soldat verrichtete sein Geschäft so säuberlich, daß das Opfer kaum Zeit hatte zu erfassen, was geschehen sollte. Ich bedauere, sagen zu müssen, daß Meister Nils in allen seinen Sünden ohne Reue und verhärteten Herzens dahinfuhr und bis zuletzt Verwünschungen gegen mich, Hauptmann Gissel und den König ausstieß. Ich war nun so müde von meiner Reise und dem genossenen Wein, daß ich mich auf die für mich bereitete Kammer zurückzog und bis spät in den nächsten Morgen hinein wie ein Klotz schlief.
    Obwohl ich von meinem Ritt noch steif war, schickte ich mich sogleich zur Rückkehr nach Abo an, da ich in jener düsteren Festung keineswegs länger verweilen wollte. Ich ritt im Schritt über den halbgefrorenen Kot der Straßen, aber zuletzt brach die Sonne durch und mir wurde das Herz mit jedem Schritt von jenen finsteren Wällen hinweg leichter. Auf den Rastplätzen hatte ich Gelegenheit, mit vielen redlichen Bauern zu sprechen, die alle Junker Thomas verwünschten, weil er sie bei der Verpflegung der Armee so ausgepreßt hatte. Und während sie über die Enthauptung der schwedischen Adeligen nicht über Gebühr betrübt schienen, seufzten sie tief über ihr Vieh und Getreide und murmelten: »Es sieht schlimm aus – sehr schlimm!«
    Als ich in Abo ankam, fand ich es so verlassen und öde wie Stockholm bei meiner Abreise. Menschen mit rotgeränderten Augen schlichen hart an der Mauer entlang und fuhren beim leisesten Geräusch zusammen. Ich spürte keine Lust, hier zu verweilen und nach Neuigkeiten zu fragen, und ritt daher geradewegs zur Festung weiter. Junker Thomas bereitete mir einen herzlichen Empfang, und nachdem er alles Vorgefallene gehört hatte, lobte er meine Kaltblütigkeit und Geistesgegenwart und sagte viel Gutes über Hauptmann Gissel.
    »Auch ich habe mich bemüht, die Befehle des Königs weit auszulegen und kleinliche Maßnahmen zu meiden«, sagte er. »Schädliches Unkraut muß ausgejätet werden, bevor es zu üppig wird und heilsamere Gewächse

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